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So fern wie ein Traum

So fern wie ein Traum

Titel: So fern wie ein Traum
Autoren: Nora Roberts
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plötzlich war der Raum vom Duft von Lavendel und Zedernholz erfüllt. Im Inneren der Kiste waren die Schätze und Träume eines jungen Mädchens aufbewahrt. Ein aus Lapislazuli gefertigter Rosenkranz mit einem schweren, silbernen Kruzifix, eine Granatbrosche, der Staub getrockneter Rosenblätter. Gold, ja, es gab auch Gold, das glitzernd aus einem kleinen Lederbeutel glitt.
    Außerdem fanden sie Leintücher, sorgsam bestickt und ordentlich gefaltet, Taschentücher, deren spitzengesäumte Ränder leicht vergilbt waren, eine Bernsteinkette und einen kleinen, mit winzigen, blutroten Rubinen besetzten Ring – hübsche Schmuckstücke, passend für eine unverheiratete junge Frau –, ein Medaillon, das eine von Goldfäden zusammengehaltene dunkle Locke in sich barg, sowie ein kleines, in rotes Leder gebundenes Buch.
    In der ordentlichen Schrift einer jungen Frau aus gutem Haus war dort zu lesen: »Wir haben uns heute auf den Klippen getroffen, früh. Das Gras war mit schimmerndem Tau benetzt, und die Sonne erhob sich langsam aus dem Meer. Felipe hat gesagt, dass er mich liebt, und mein Herz hat heller gestrahlt als der Sonnenschein.«
    Laura lehnte ihren Kopf an Margos Schulter und flüsterte gerührt: »Das ist ihr Tagebuch. Sie hat ihr Tagebuch zusammen mit ihren Schätzen auf den Klippen versteckt. Armes Mädchen.«
    »Ich dachte immer, dass ich außer mir sein würde vor Begeisterung, wenn wir den Schatz finden.« Kate strich mit einem Finger über die Bernsteinkette, die in dem Kasten lag. »Stattdessen empfinde ich nur eine abgrundtiefe Traurigkeit. Sie hat alles, was ihr wichtig war, in dieser kleinen Kiste versteckt und zurückgelassen, als sie gesprungen ist.«
    »Du solltest deshalb nicht traurig sein.« Laura legte das offene Tagebuch in ihren Schoß. »Sie wollte, dass wir die Kiste finden und öffnen. Ich habe das Gefühl, als hätte dieser Schatz darauf gewartet, dass jede von uns etwas bewältigt, von dem sie gedacht hatte, dass es nicht bewältigt werden könne. Aber wir haben es geschafft.«
    Laura ergriff die Hände ihrer beiden Freundinnen. »Wir sollten diese Dinge in einer besonderen Vitrine in unserem Laden ausstellen.«
    »Wir können unmöglich etwas davon verkaufen. Wir können doch wohl unmöglich Seraphinas Schatz verkaufen.« Margo starrte sie entgeistert an.
    »Nein, wir können ihn unmöglich verkaufen.« Laura lächelte. »Aber vielleicht regt er ja auch andere Menschen zum Träumen an.«
    Michael ließ das Durcheinander in seinem Wohnzimmer so, wie es war. Er würde sich unter die Dusche stellen und die seelischen und körperlichen Schmerzen fortwaschen, die ihn plagten. Nachdem er etwas getrunken hätte. In der Tat, nun, da er darüber nachdachte, erschien ihm ein ordentliches Besäufnis als der wahrscheinlich wesentlich angenehmere Weg, seine Schmerzen eine Zeit lang zu vergessen.
    Statt nach Bier griff er nach einer Flasche Jameson's, schenkte sich großzügig ein und ignorierte das beharrliche Klopfen, das an seine Ohren drang.
    »Verdammt noch mal, hau endlich ab«, murmelte er und nahm einen großen Schluck. Es hellte seine Stimmung nicht gerade auf, als Ann Sullivan resolut über die Schwelle trat.
    »Tja, wie ich sehe, sind Sie bereits dabei, Ihr Unglück zu ertränken.« Sie stellte einen Korb auf die Anrichte und sah sich stirnrunzelnd in dem allgemeinen Chaos um. »Ich hätte nicht gedacht, dass so viel kaputt gegangen ist. Im Haupthaus ist außer ein paar Porzellantellern nichts zu Bruch gegangen«, sagte sie.
    »Das meiste davon geht auf Lauras Konto«, antwortete er, ehe er einen weiteren Schluck aus seinem Schwenker nahm.
    »Ach ja? Sie verliert nur selten die Beherrschung, aber wenn, dann ist sie nicht zu bremsen. Tja, setzen Sie sich hin, damit ich Sie ordnungsgemäß verbinden kann, bevor wir das Zeug hier aufräumen.«
    »Ich will nicht aufräumen, und ich will auch nicht verbunden werden. Verschwinden Sie.«
    Statt darauf zu antworten, griff sie in den Korb und nahm einen zugedeckten Teller in die Hand. »Mrs. Williamson hat Ihnen etwas zu essen gemacht. Ich habe sie gebeten, dass ich es Ihnen bringen darf. Sie ist wirklich in Sorge um Sie.«
    »Sagen Sie ihr, dass das nicht nötig ist.« Er sah seine Hände an. »Ich habe schon Schlimmeres erlebt.«
    »Das bezweifle ich nicht, aber trotzdem setzen Sie sich erst mal hin und lassen mich die Wunden reinigen.« Sie platzierte eine Schüssel, Flaschen und Verbandszeug auf dem Tisch.
    »Ich komme gut alleine zurecht.« Er
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