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Wind Die Chroniken von Hara 1

Wind Die Chroniken von Hara 1

Titel: Wind Die Chroniken von Hara 1
Autoren: Alexey Pehov
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Prolog
    Luk hatte eine Stinklaune: Diese Nacht hatte er unvermutet Wache schieben müssen. Jetzt war er hundemüde, zitterte in der morgendlichen Kälte, stampfte mit den Füßen auf und zog die Jackenärmel über die klammen Finger. Morgen – genauer gesagt heute – würde der Geburtstag des Imperators gefeiert. Bei ihnen in der Burg dürfte das Spektakel wahrscheinlich schon in aller Frühe losgehen – wenn er noch immer seinen Dienst versah!
    »Da platzt doch die Kröte!«, brummte er und zog die Nase hoch.
    Hier gab es weit und breit keine Feinde. Trotzdem bestand ihr Hauptmann auf Wachtposten! Unsinn! Warum befahl er dann nicht einfach, das Tor zu schließen? Aber nein, das stand seit ein paar Jahren ja sogar nachts sperrangelweit offen. Allerdings hatte es dennoch nie auch nur eine Ratte gewagt, durch den vierzig Yard hohen Eingang zu huschen!
    Verflucht seien sie alle, der kreuzdämliche Hauptmann, der Sergeant und das Schicksal!
    Verdrossen stiefelte Luk auf dem Wehrgang zwischen dem Eisturm und dem Feuerturm entlang. Ab und an nickte er seinen Gefährten unten im Hof zu, die dem heißen Shaf zusprachen, diesem mit Kräutern gewürzten Hopfentrank. Die ihrerseits konnten es sich natürlich nicht verkneifen, ihn auch noch aufzuziehen. Deshalb ging Luk rasch weiter, bevor einer von ihnen womöglich noch darauf kam, ihn an seine Spielschulden zu erinnern.
    Die Burg der Sechs Türme war die größte Festung, die es in Hara gab, geschaffen vom Skulptor selbst. Wer den einzigen Pass über die Westflanke der Buchsbaumberge nahm, musste durch sie hindurch. In ihrer tausendjährigen Geschichte war sie oft angegriffen, aber nie genommen worden. Selbst die Armee Nabators hatte sich an den grauen Mauern die Zähne ausgebissen. Denn um diese Festung zu stürmen, bedurfte es einer Waffe, die härter war als Stahl. Und einer unglaublichen Verwegenheit.
    O nein, solange die Burg existierte, brauchte niemand um den weichen Bauch des Imperiums zu fürchten.
    Gerade traten aus dem Regenturm zwei Frauen auf den Wehrgang hinaus, eine Schreitende und eine Glimmende. Da die beiden Magierinnen eifrig über etwas sprachen, wandte sich Luk von ihnen ab, um sie nicht zu stören. Er trat an eine Schießscharte heran und ließ den Blick durch die Gegend schweifen.
    Er stammte aus einem kleinen Dorf in der Steppe, und selbst heute, sechs Jahre nachdem er die ersten schneebedeckten Gipfel gesehen hatte, konnte er die Schönheit der Berge nicht genug bestaunen.
    Einst waren zahllose Karawanen durch die Burg und über den Pass gezogen, um aus fernen Landen Waffen, Seide, Teppiche, Gewürze, Pferde und hunderterlei andere Waren nach Süden zu bringen. Doch diese goldenen Zeiten gehörten der Vergangenheit an. Heute lag die Straße verödet da. Nur die Hirten der Umgegend sowie Kundschafter, die trotz allem von ihren Kommandanten ausgeschickt wurden, trauten sich noch, über die alte Straße in die unwirtlichen Berge vorzudringen.
    Allerdings mussten die jede Disziplin vergessen haben: Bereits die zweite Einheit war wie vom Erdboden verschluckt. Mittlerweile tobte der Kommandant und herrschte die Hauptleute an, die ihrerseits die Standpauken an die Sergeanten und einfachen Soldaten weitergaben.
    Luk wiederum war ganz froh, dass die rothaarigen Nordländer, darunter auch Ga-nor, nach wie vor durch die Gegend streiften, denn er schuldete dem Kundschafter noch Geld – das er nicht besaß. Neulich hatte er beim Würfelspiel sogar fast seinen ganzen Monatssold verloren! Nur ein lausiger Sol, eine dieser winzigen Silbermünzen, fristete noch sein Dasein in seinem Lederbeutel. Mit dem würde sich Ga-nor aber nie zufriedengeben. Doch begleichen musste er, Luk, seine Schuld, denn mit den Nordländern war nicht zu spaßen. Dafür saß denen allen die Faust zu locker.
    Luk schob den Kopf durch die Schießscharte und spuckte aus. In der Hoffnung, der Speichel möge jemanden treffen, verfolgte er den Flug. Es trieb sich jedoch leider gerade niemand da unten herum. Zum zigsten Mal in dieser frühen Morgenstunde stieß er sein »Da platzt doch die Kröte!« aus, ehe er sich wieder daranmachte, die Gegend auszuspähen.
    Nicht weit von der Burg entfernt lag eine kleine Stadt. Die niedrigen Häuser waren aus runden Steinen und Lehm errichtet, der von den Ufern des nahen Bergflusses stammte. Dort wohnten die Familien von Hirten, Fellhändlern und Silbersuchern. Angst, unmittelbar an der Grenze zu leben, zeigten diese Menschen keine. Warum auch? Die
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