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So fern wie ein Traum

So fern wie ein Traum

Titel: So fern wie ein Traum
Autoren: Nora Roberts
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hob prüfend sein Glas, um zu sehen, wie viel Whiskey ihm noch blieb. »Außerdem bin ich mit allem, was ich brauche, versorgt.«
    Er wurde von Ann in der ihr eigenen rüden Art auf einen Stuhl gedrückt. »Setzen Sie sich hin.«
    »Verdammt.« Er rieb sich die Schulter. Dort, wo Annie ihn so unsanft angefasst hatte, brannte sie wie Feuer, merkte er.
    »Und hüten Sie Ihre Zunge.« Sie gab heißes Wasser in die Schüssel und warf ihm einen strengen Blick zu. »Ich bin sicher, dass die Wunden bereits entzündet sind. Sie haben wirklich so viel Verstand wie eine Bohne, wenn ich das so sagen darf.« Sie packte eine seiner Hände und machte sich ans Werk.
    »Wenn Sie schon unbedingt Krankenschwester spielen müssen, dann – verdammt, das tut weh.«
    »Das kann ich mir vorstellen. Trotzdem fluchen Sie nicht in meiner Gegenwart, Michael Fury.« Ihre Augen brannten, als sie seine wunden Hände sah, aber sie verrichtete ihre Arbeit brüsk und ohne großes Mitgefühl. »Jetzt brennt es gleich.«
    Als sie großzügig Jod auf seine offenen Wunden gab, schielte er vor Schmerz und stieß eine ganze Reihe wilder Flüche aus.
    »Sie haben ein richtiges irisches Schandmaul, wenn ich das so sagen darf. Erinnert mich an meinen Onkel Shamus. Aus welchem Teil von Irland stammt Ihre Familie?«
    »Galway. Verdammt, warum nehmen Sie nicht gleich Batteriesäure und bringen es auf diese Weise schneller hinter sich?«
    »Ein großer, starker Kerl wie Sie und jammert wegen einem kleinen bisschen Jod. Am besten genehmigen Sie sich noch einen Drink, denn an eine Kugel zum Draufbeißen habe ich leider nicht gedacht.«
    Wie von ihr beabsichtigt hatte sie ihn bei seiner Ehre gepackt. Michael leerte das Glas in einem Zug und runzelte erbost die Stirn. Am besten schmollte er, während sie seine Hände mit Mullwickeln verband.
    »Fertig?«, fragte er.
    »Fürs Erste ja. Sehen Sie zu, dass das Zeug möglichst trocken bleibt, und da Sie sicher genauso starrsinnig wie Miss Laura sind, was den Besuch beim Arzt betrifft, kommen Sie zum Wechseln des Verbands täglich zu mir.«
    »Ich brauche keinen Arzt.« Er riss sich von ihr los, was er angesichts seiner erneut heftig pochenden Schulter umgehend bedauerte. »Und Laura ist bestimmt bald wieder auf dem Damm, schließlich hat sie genug Leute, von denen sie verhätschelt wird.«
    »Sie wird von den Menschen geachtet und geliebt, weil sie selbst Achtung und Liebe großzügig verteilt.« Ann stand auf, leerte die Schüssel aus und füllte sie ein zweites Mal. »Und jetzt ziehen Sie die Reste Ihres Hemdes aus.«
    Er zog eine Braue hoch. »Tja, Annie, ich bin zwar ein wenig behindert, aber wenn ich gewusst hätte, dass Sie – Au!« Er rang nach Luft und riss die Augen auf, als sie brutal an einem seiner Ohren zog.
    »Ich werde dir mehr als nur das Ohr lang ziehen, wenn du dich weiter so rüpelhaft benimmst. Zieh das Hemd aus, Junge.«
    »Himmel!« Er rieb sich das schmerzende Ohr. »Was ist bloß mit Ihnen los?«
    »Deine Hände sind nicht das Einzige, was du in Fetzen geschnitten hast. Jetzt zieh also endlich das Hemd aus, damit ich gucken kann, was du dir sonst noch verletzt hast.«
    »Ich frage mich, weshalb Sie das interessiert. Bis vor kurzem noch hätte ich verbluten können und Sie hätten nicht mal mit den Wimpern gezuckt. Sie haben mich gehasst, seit ich ein Junge war.«
    »Nein. Ich hatte immer Angst vor dir, was wirklich närrisch von mir war. Du bist nichts weiter als ein bedauernswerter Mensch, der keine Ahnung davon hat, was er ihn Wahrheit wert ist. Und ich habe Fehler gemacht, die ich ehrlich bedaure, und ich hoffe, ich bin Frau genug, sie dir und allen anderen gegenüber einzugestehen.« Da er sich immer noch nicht rührte, zog sie ihm persönlich das zerfetzte Hemd vom Leib. »Ich dachte, du hättest deine Mutter verprügelt«, gab sie endlich zu.
    »Was? Meine Mutter? – Nie im Leben hätte ich…«
    »Ich weiß. Halt still. Himmel, Junge, du bist wirklich ganz schön zugerichtet. Armer Kerl.« Sanft tupfte sie an den Schnittwunden auf seinem Rücken herum. »Du wärst für sie gestorben, stimmt's?«
    Plötzlich unerträglich müde legte er den Kopf auf die Tischplatte und machte die Augen zu. »Gehen Sie. Lassen Sie mich allein.«
    »Oh nein. Ich lasse dich ebenso wenig allein wie einer von den anderen. Wenn du nichts mit uns zu tun haben willst, musst du derjenige sein, der geht. Und jetzt halt still. Jetzt brennt es gleich.«
    Er atmete zischend aus, als sie ihm abermals Jod über die
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