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«Sire, ich eile …»: Voltaire bei Friedrich II. Eine Novelle (German Edition)

«Sire, ich eile …»: Voltaire bei Friedrich II. Eine Novelle (German Edition)

Titel: «Sire, ich eile …»: Voltaire bei Friedrich II. Eine Novelle (German Edition)
Autoren: Hans Joachim Schädlich
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Politesse, abschlagen.»
     
    Zu den guten Bekannten Voltaires zählte bald der Frankfurter Buchhändler Franz Varrentrapp, Herausgeber der Zeitungen Frankfurthische Berichte von denen Staats-, Kriegs- und Friedensangelegenheiten und Avant-Coureur ; Voltaire nutzte die journalistischen Verbindungen Varrentrapps zur Veröffentlichung von Korrespondenzen.
    Voltaire hatte gehofft, die Behörden der Freien Reichsstadt Frankfurt würden ihm beistehen. Aber dem Rat lag nichts daran, die Gunst des preußischen Königs aufs Spiel zu setzen.
    Das Verhältnis Voltaires zu Freytag war schlecht genug, nachdem dieser ihm ein besseres Quartier verweigert und einen Besuch beim Herzog von Meiningen verwehrt hatte.
    Der zweite preußische Beauftragte, Schmidt, der von einer Reise nach Emden zurückgekehrt war, suchte Voltaire auf.
    Voltaire sagte:
    «Wer hat denn Sie empfohlen!»
    Schmidt, verlegen, trat auf der Stelle den Rückzug an.
    Zwei Handlanger des preußischen Königs, die ihn, den Bürger Frankreichs, in einer Freien Reichsstadt widerrechtlich festhielten und ihm mit der Festnahme drohten – Voltaires Erbitterung nahm von Tag zu Tag zu.
    Trost fand er nur in seiner Bearbeitung der Annales de l’empire , die er in Gotha begonnen hatte und trotz seiner mißlichen Lage in Frankfurt fortsetzte.

10.
    Am 9. Juni 1753 traf Voltaires Nichte, Louise Denis, in Frankfurt ein.
    Endlich, am Sonntag, 17. Juni, abends, kam die Leipziger Kiste in Frankfurt an.
    Der Sekretär Voltaires, Cosimo Alessandro Collini, ging am Montagmorgen zu Freytag, um bei der Öffnung der Kiste zugegen zu sein und Freytag davon zu unterrichten, daß Voltaire nach der Übergabe des Gedichtbandes sofort abreisen werde.
    Freytag hatte am 5. Juni in Potsdam angefragt, ob auch die Gepäckstücke, die Voltaire nach Paris vorausgeschickt hatte, zurückbeordert und in Frankfurt durchsucht werden müßten. Aber bis zu diesem Montag, 18. Juni, war noch keine Antwort eingetroffen.
    Statt dessen erreichte Freytag am selben Tag ein Brief Fredersdorfs vom 11. Juni.
    Fredersdorf befahl ihm,
     
«… sich an alles das, was die Ungeduld des Hrn. Voltaire Ihnen sagen kann, nichts zu kehren, sondern den erhaltenen höchsten Ordres gemäß so zu kontinuiren, wie Sie angefangen haben.»
     
    Eine aktuelle Antwort aus Potsdam konnte Freytag frühestens am nächsten Berliner Posttag, dem 21. Juni, Donnerstag, erwarten. Er erlaubte es nicht, die Kiste vorher zu öffnen.
     
    Am Dienstag, 19. Juni, ging Voltaire zu Freytag. Er meinte zu Recht, der Hausarrest gelte nicht mehr, nachdem die Kiste aus Leipzig angekommen war.
    Freytag wollte es anders. Er verbot Voltaire, das Gasthaus Zum Goldenen Löwen zu verlassen, und drohte ihm die sofortige Festnahme an.
    Voltaire berief sich auf Freytags schriftliche Zusicherung, er könne nach dem Eingang des Gedichtbandes abreisen.
    Aber Freytag preßte Voltaire die Erklärung ab, seine Zusicherung sei lediglich «pro forma» erfolgt, damit Louise Denis sich beruhige.
    Außerdem mußte Voltaire sich verpflichten, bis Donnerstag, 21. Juni, unter Hausarrest im Gasthaus Zum Goldenen Löwen zu bleiben.
    Voltaire zweifelte nicht daran, daß Freytag persönliche Interessen verfolgte. Er beriet sich mit Collini, wie sie aus Frankfurt fliehen könnten.
    Noch am Dienstag, 19. Juni, ging Voltaire, trotz des Hausarrestes, zum Frankfurter Quartier des Herzogs von Meiningen, um dort eine Schatulle zu deponieren.
     
    Am nächsten Tag mietete Voltaire eine Kutsche und brach mit Collini auf. Louise Denis blieb im Gasthaus Zum Goldenen Löwen zurück.
     
    Voltaires Kutsche wurde auf dem Weg zur Stadtgrenze durch eine Kolonne von Heuwagen behindert.
    Am Bockenheimer Tor hielt die Kutsche an. Der Stallknecht des Gasthauses, ein Spitzel Freytags, der der Kutsche gefolgt war, hielt die Pferde fest, bis Freytag nach einer Stunde hinzukam.
    Freytag hatte seinen Sekretär vorausgeschickt. Der sollte, falls Voltaire die Stadtgrenze doch schon überschritten hätte und nicht freiwillig zurückkäme, Voltaire eine Kugel in den Kopf schießen.
    Als Freytag am Bockenheimer Tor eintraf, brach es vor Collini, vor dem Droschkenkutscher, dem Stallknecht und Freytags Sekretär aus Voltaire heraus:
    «Sie und Ihr Spießgeselle Schmidt, Wegelagerer und Strauchdiebe in preußischen Diensten …»
    Voltaire und Collini wurden in Schmidts Haus gebracht. Es gelang Voltaire noch, Collini ein Manuskript der Pucelle zuzustecken. Collini verbarg das Manuskript unter seiner
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