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Simon Schweitzer - immer horche, immer gugge (German Edition)

Simon Schweitzer - immer horche, immer gugge (German Edition)

Titel: Simon Schweitzer - immer horche, immer gugge (German Edition)
Autoren: Frank Demant
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einmal ins Bett. Auf Grund des Termins mit seinem Schwager bestand nämlich die Fährnis, auf seinen Mittagsschlaf gänzlich verzichten zu müssen. Kurz vor dem Hinwegdösen fragte er sich noch, warum Hans überhaupt wissen wollte, ob er etwas über diesen Schwarzbach wußte.
    Gleichwohl Laura die Tür ganz leise ins Schloß hatte gleiten lassen, war Herr Schweitzer davon wach geworden. Schlaftrunken stand er auf und ging in die Küche. Es durstete ihn nach einer Limonade. Auf einem Zettel stand geschrieben, daß Laura in etwa zwei Stunden zurück sei. Der Geruch nach Himalaja-Zeder hatte sich vollständig verflüchtigt.
    Simon Schweitzer packte den Rest eines alten Brotlaibes in eine ökologisch korrekte Jute- statt Plastiktasche. Er klingelte beim Nachbarn Güney und bat, doch in zwei Stunden mal bei Laura vorbeizuschauen, sie brauche eine fachkundige Hand bezüglich zweier Bohrlöcher. Vor einem Kaufhaus auf der Schweizer Straße warf er einem verwahrlosten Bettler eine Euromünze in den dafür vorgesehenen Pappkarton. Dieser bedankte sich artig und Simon Schweitzer dachte, daß es doch noch Anstand auf der Welt gibt.
    Dann ging er noch kurz über den Flohmarkt und feilschte wie ein arabischer Teppichhändler um eine kleine bronzene Ganesha-Figur. Zu guter Letzt hatte er den Preis von zwanzig auf zehn Euro heruntergehandelt und damit nur knapp mehr als das Doppelte bezahlt, was er dafür in jedem x-beliebigen, einigermaßen gut sortierten Asia-Shop hätte hinblättern müssen. Darüber war er sehr ins Schwitzen geraten. Mit einem Taschentuch wischte er sich die Stirn. Dann nahm er die nächste Treppe zum Main hinunter. Es ist aber auch wieder heiß heute, sinnierte er, obzwar das Thermometer gerade mal dreiundzwanzig Grad anzeigte.
    Er setzte sich in den Schatten auf die ins Wasser abfallenden Stufen neben der Alten Brücke und entnahm seiner Jutetasche den Laib Brot. Sofort kamen Enten und Gänse angeschwommen. Ein paar Schwäne mit ihren graugefiederten Jungen hielten sich im Hintergrund, beobachteten die Szene skeptisch von der nur wenige Meter entfernten Maininsel aus, auf der einstmals Fischer ihre Netze flickten und ihre Nachen über Nacht vertäuten.
    Herr Schweitzer bröselte das Brot in mundgerechte Stücke und verteilte es an seine temporären Freunde, wobei er gewissenhaft darauf achtete, auch das genante, das weniger forsche Federvieh in den hinteren Reihen zu versorgen. Mit lautem Geschnatter wurde ihm gedankt.
    Ein sonnengebräunter, dynamischer junger Mann hielt an und stellte den Kinderwagen, Modell Sport Super SL, so, daß sein Sprößling der Fütterung zuschauen konnte. Dann beugte er sich herab, zeigte auf das Treiben und sagte: „Schau mal, Sebastian, gagagagaga.“ Filius, der trotz der Wärme eine wollene Mütze mit hellblauer Bommel trug, bewegte den Unterkiefer, brachte aber kein Wort heraus. Dafür setzte Papa die Unterhaltung fort: „Gagagagaga. Da Sebastian, das sind lauter Gagas.“
    Herr Schweitzer drehte sich um und blickte dem Herrn direkt ins Gesicht. Es war reine Neugier. Der Mann erwiderte seinen Blick mit einem herzerfrischenden Lächeln, das Simon Schweitzer dazu einlud, an seinem Vaterglück teilzuhaben. Da aber gerade jetzt Sebastian aufgeregt mit beiden Ärmchen fuchtelte, mußte die stumme Kommunikation zwischen den beiden nicht wesensverwandten Männern abgebrochen werden. Simon Schweitzer widmete sich wieder seiner Fangemeinde. „Gagagagaga.“
    Als auch die letzte Brotkrume verteilt war, stand er auf und ging zurück zum Eisernen Steg. Die Flohmarkthändler hatten begonnen, ihre Stände abzubauen, und eine Reinigungskolonne rückte mit blauen Müllsäcken aus. Die Wohnung seiner Schwester und seines Schwagers befand sich direkt gegenüber des Aufgangs zum Eisernen Steg. Früher waren im Erdgeschoß die Büroräume der Detektei Hagedorn untergebracht, die zwei Generationen lang Hagedorn & Sohn hieß, nun aber auf das Sohn verzichten mußte. Außer einer Fehlgeburt vor nunmehr zwanzig Jahren war nichts gewesen. Nach dem Unfall und der Amputation von Hans’ rechtem Bein knapp unterhalb der Gesäßbacke mußten die Büroräume aufgegeben werden – ein Mann, der sich auf Krücken fortbewegt, ist halt wenig für unauffällige Beschattung prädestiniert. Ein Italiener hatte die Gelegenheit beim Schopf gepackt und ein Restaurant an dieser strategisch günstigen Stelle eröffnet. Die Detektei, oder das was davon übrig geblieben war, wurde jetzt vom Wohnzimmer aus geführt.
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