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Horror-Horoskop

Horror-Horoskop

Titel: Horror-Horoskop
Autoren: Jason Dark
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Das Gesicht des Mannes verzerrte sich, als das Schreien an seine Ohren drang. Er waren Urlaute, geboren aus einer wahnsinnigen Todesangst, und der Lauscher blieb in seinem Lehnsessel sitzen, ohne sich zu rühren. Er starrte mit leerem Blick in die Flammen des Kaminfeuers, das auf seiner grauen Haut einen roten Schein hinterließ. Von der Halle aus führte eine Treppe nach oben. Sie kam aus dem Hellen und verschwand im Dunkel der ersten Etage, wo kein Licht brannte und der Tod Einzug gehalten hatte.
    Das wusste der Mann am Feuer, aber er tat nichts, um dem Schreienden zu helfen. Es war sinnlos, völlig sinnlos…
    Das Schreien blieb. Nur veränderte es seine Lautstärke. Nicht mehr so schrill. Jetzt mehr schluchzend, als würde der von Todesangst gepeinigte zwischen den einzelnen Lauten noch einmal tief Luft holen, um dann erkennen zu müssen, wie machtlos er war, denn seine letzten Laute glitten über in ein schweres, unheilvolles Stöhnen, das wie ein schauriger Grabgesang die Treppe hinunterfloss und im Kaminzimmer verwehte.
    Es wurde still.
    Der Mann am Feuer rührte sich ebenfalls nicht. Seine Hände umklammerten die beiden Sessellehnen so hart, als wollten sie diese zerdrücken.
    Er passte zu der Einrichtung dieser Kaminhalle und wirkte, so wie er in seinem Sessel saß, ebenfalls wie ein antikes Stück. Grau war der Bart, der wie ein vergessener schmutziger Schneeklumpen unter seinem Kinn hing. Grau war auch das Haar geworden, aber es besaß noch seine Fülle und Dichte. So erinnerte es fast an eine Perücke, deren lange Strähnen nach hinten gekämmt worden waren.
    Wie eisgraue Balken schimmerten die Augenbrauen, die die tief in den Höhlen liegenden Pupillen irgendwie beschützen wollten. Es war ein wacher Blick, keine Leere, alterslos. Der Blick eines Mannes, der viel in seinem Leben gesehen und auch geleistet hatte.
    Jetzt aber füllte ihn der Schmerz aus. Nicht einmal Angst oder Furcht, obwohl dieser schreckliche Schrei durch das Haus geklungen war. Nein, nur der Schmerz hielt ihn umfangen und gleichzeitig ein Wissen um Dinge, die anderen verborgen geblieben waren.
    Welche Menschen forschten schon nach Geheimnissen, die unter der Oberfläche verborgen lagen? Wer beschäftigte sich schon mit Historie, Magie und Mystik?
    Da gab es nur wenige. Der Mann mit dem grauen Haar war einer von ihnen. Er hatte sein Leben diesen Aufgaben geweiht und begann jetzt, als er in das letzte Drittel eingestiegen war, allmählich daran zu zerbrechen. Er wusste immer, dass derjenige, der den Wind säte, irgendwann den Sturm ernten würde.
    Und so kam es auch über ihn.
    Der Mann hob den Kopf. Er blickte dorthin, wo die Treppe begann und sich die Stufen in der Finsternis verloren, weil oben im Haus selten Licht brannte.
    Nichts tat sich dort. Kein Schimmern, keine Bewegung. Über den mit einem Teppich belegten Stufen blieb es ruhig. Eine trügerische Ruhe, wie der Mann wusste, und sein Blick glitt weiter zu dem großen Ölgemälde hin, das ein Portrait zeigte.
    Er war es! In der Blüte seiner Jahre hatte es ein Freund gemalt, der inzwischen auch schon verstorben war, und der Mann im Sessel konnte seinen eigenen Namen noch lesen, so gut waren seine Augen. Zudem leuchtete eine kleine venezianische Lampe aus buntem Glas das Bild an.
    Fernando Crion!
    Ein Name, der Gewicht hatte, der provozierte und gleichzeitig Anlass zum Nachdenken gab. An der Sorbonne von Paris hatte er gelehrt, die Studenten durch seine Theorien über die Macht der alten Magier fasziniert und mitgerissen, war auch auf Ablehnung gestoßen, denn seine Forschungen und Ergebnisse reizten zur Provokation, und Fernando Crion, auch nur ein Mensch, hatte seinen Titel an der Uni schließlich abgegeben, um sich ausschließlich seinen privaten Forschungen zu widmen.
    Und da hatte er Erfolg gehabt. Einen furchtbaren Erfolg, wie er im nachhinein zugeben musste, wobei er noch allein auf der Welt gestanden hatte, denn seine Frau hatte ihn verlassen, weil sie nicht mehr bereit war, das Wissen mit ihm zu teilen.
    So war er ein Einsamer geworden, der trotzdem Kontakt zu Gleichgesinnten gesucht und auch gefunden hatte.
    Seine große Zeit war gekommen. Er hatte nicht aufgegeben, sondern das Geheimnis weiter verfolgt und auch gelüftet. Aber der Fluch verfolgte ihn, und er würde ihn erreichen, so wie er alle Menschen erreicht hatte, die in seiner Nähe gewesen waren und mit ihm zusammengearbeitet hatten.
    Der Todesschrei dort oben hatte seinen Grund gehabt. Es fiel ihm schwer, sich
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