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Das Gold von Caxamalca

Titel: Das Gold von Caxamalca
Autoren: Jakob Wassermann
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Kapitel 3
    Der General erachtete es für notwendig, eine Gesandtschaft an den Inka zu schicken. Er wählte dazu den jungen Ritter Hernando de Soto, mit dem mich eine aufrichtige Freundschaft verband, und fünfzehn Reiter. Im letzten Augenblick erwirkte de Soto vom General die Erlaubnis für mich, daß ich ihn begleiten durfte, und ich war dessen froh.
    Wir brachen in der Morgenfrühe auf; das Gebirge bis in den Äther gegipfelt zur Rechten, die blühende Ebene vor uns und zur Linken, alles war so neu, daß ich nur schaute und staunte.
    Nach einer Stunde gelangten wir an einen breiten Fluß, über den eine schöne hölzerne Brücke gebaut war. Dort wurden wir erwartet und in das Lager des Inka geführt. Alsbald standen wir in einem geräumigen Hof, um den eine Säulenhalle lief. Die Säulen hatten kunstreiche Goldverzierungen, die Mauern waren mit gelbem und kobaltblauem Mörtel bekleidet, in der Mitte befand sich ein kreisrundes Steinbecken, das aus kupfernen Leitungen mit warmem und kaltem Wasser gespeist wurde. Prunkvoll geschmückte Edelleute und Frauen umgaben den Fürsten, der ein scharlachrotes Gewand trug und um die Stirn, als Zeichen seiner Herrschaft, die rote Borla, deren Fransen ihm bis auf die Augen niederhingen.
    Es hatte ein hübsches Gesicht mit seltsam kristallenem Ausdruck und mochte gegen dreißig Jahre alt sein. Die Gestalt war kräftig und ebenmäßig, sein Wesen gebieterisch, dabei von einer Feinheit, die uns überraschte. De Soto hatte den Dolmetscher Felipillo mitgenommen, einen unlängst getauften Eingeborenen, einen Menschen von tiefer Verschlagenheit, der in der Folge großes Unheil angerichtet hat, wie ich zu gegebener Zeit berichten werde. Ihn erfüllte ein Haß gegen seine Landsleute, dessen Art und Ursprung wir nie ganz ergründen konnten, und er war der einzige Rebell und Abtrünnige, den wir in Peru fanden.
    Mit seiner Hilfe also wendete sich de Soto redend an den Inka. Er richtete die Grüße des Generals aus und lud Atahuallpa mit ehrfurchtsvollen Worten ein, er möge geruhen, unsern Führer zu besuchen.
    Atahuallpa erwiderte nichts. Keine Miene und kein Blick ließ merken, daß er die Rede verstanden habe. Seine Lider waren gesenkt, und er schien angestrengt zu überlegen, was der Sinn der gehörten Worte sei. Nach einer Weile sagte einer der ihm zur Seite stehenden Edlen: "Es ist gut, Fremdling."
    Dies setzte de Soto in Verlegenheit. Es war so unmöglich, den Gedanken des Fürsten und was er empfinden mochte, zu erraten, als hätten Berge zwischen ihm und uns gestanden. Welch eine fremde Welt! Welch ein fremder Schein und Geist! De Soto bat also den Inka auf eine höfliche, fast demütige Weise, ihm selbst mitzuteilen, was er beschlossen. Darauf glitt ein Lächeln über Atahuallpas Züge; ich habe dieses Lächeln späterhin noch oft wahrgenommen, und es hat mich jedesmal wunderlich ergriffen. Er erwiderte durch den Mund Felipillos: "Meldet eurem Führer, daß ich Fasttage halte, die heute zu Ende gehen. Morgen will ich ihn besuchen. Er möge bis zu meiner Ankunft die Gebäude am Platz bewohnen, aber keine anderen. Was nachher geschehen soll, werde ich befehlen."
    Wieder entstand ein Stillschweigen. Wir waren nicht von den Pferden abgesessen, weil wir uns im Sattel sicherer fühlten und den Peruanern, wie wir aus Erfahrung wußten, mehr Furcht einflößten. Da gewahrte de Soto, daß der Inka das feurige Tier, auf dem er vor ihm saß und das unruhig an seinem Gebiß kaute und den Boden stampfte, mit großer Aufmerksamkeit betrachtete. De Soto war immer ein wenig eitel auf seine Reitkunst gewesen; es lockte ihn, sie zu zeigen, er dachte auch, dies werde einschüchternd auf den Fürsten wirken. Er ließ dem Tier die Zügel schießen, gab ihm die Sporen und sprengte über den gepflasterten Platz hin. Dann riß er es herum und hielt in vollem Lauf jäh an, indem er es fast auf die Hinterbeine warf, so nahe bei dem Inka, daß etwas von dem Schaum, der die Nüstern des Pferdes bedeckte, auf das königliche Kleid spritzte.
    Die Trabanten und Höflinge waren von dem nie gesehenen Schauspiel so betroffen, daß sie unwillkürlich die Arme ausstreckten und bei der stürmischen Annäherung des Tieres entsetzt zurückwichen. Atahuallpa selbst blieb so ruhig und kalt wie vorher. Es hat sich später die Sage gebildet, daß er diejenigen seiner Edlen, die bei dieser Gelegenheit eine so schimpfliche Feigheit bewiesen hatten, noch am selben Tage habe hinrichten lassen. Aber das, wie so vieles sonst,
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