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Simon Schweitzer - immer horche, immer gugge (German Edition)

Simon Schweitzer - immer horche, immer gugge (German Edition)

Titel: Simon Schweitzer - immer horche, immer gugge (German Edition)
Autoren: Frank Demant
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zu vergessen, Offenbach zugeparkt, auf deren Heckscheiben stolz prangte, daß der Fahrer trotz der verchromten Eintausend-Euro-Felgen Abitur hatte, aber das hatte ja heutzutage jeder. Simon Schweitzer stellte fest, daß sich seit seinem letzten Besuch eine Menge getan hatte. Spaßkneipe reihte sich an Spaßkneipe.
    Froh wieder sicheren Boden unter den Füßen zu haben, betrat er eine Stunde später das Weinfaß, in dem es nur unmerklich kühler war als draußen. Eine Gruppe von etwa fünfzehn Personen in Simon Schweitzers Alter sorgte auch hier für ausgelassene Samstagabendstimmung. Sie gehörten augenscheinlich zusammen, denn man hatte eines der drei Fässer, die sonst ein Dreieck bildeten, zwischen die beiden anderen gestellt, so daß sie eine Reihe bildeten. Ergo ging Herr Schweitzer zum Tresen. Bertha kam gerade mit einem Tablett leerer Gläser zurück. Irgendwie sah sie heute jünger aus als dreiundfünfzig, ihr wahres Alter, befand Simon Schweitzer.
    „Na so was. Der Herr Schweitzer wird Stammgast.“
    „Sieht ganz so aus“, pflichtete er ihr unverbindlich bei.
    „Was darf’s denn sein? Wie gestern?“
    „Ach nein, mal was anderes. Was meinst du?“
    „Warst du mal in Kalifornien?“
    „Ich war noch nie aus Deutschland raus“, erwiderte Simon Schweitzer bestimmt, dem es suspekt war, in Länder zu reisen, deren Sprache man nicht wenigstens perfekt beherrschte. Außer ein paar Brocken Schulenglisch konnte er nichts. Dennoch wußte er viel über andere Länder.
    Bertha stutzte, wußte nicht, ob ihr Gast sie an der Nase herumführte. „Ich hätte da einen fruchtigen Chardonnay aus Sonoma, Kalifornien. Westhang“, fügte sie verschwörerisch hinzu.
    „Westhang, wenn das nichts ist. Den probier ich mal.“ Er zog seine leichte, weiße Leinenjacke aus, die er für den Fall eines nächtlichen Temperatursturzes mitgenommen hatte und hängte sie an die Garderobe im Toilettendurchgang. Dann kam der Wein und Simon Schweitzer stellte sich so, daß er durch die große Scheibe in die Abenddämmerung hinausschauen und gleichzeitig die Kneipe überblicken konnte. Bertha Eisen, weswegen sie früher auch mal die Eiserne Bertha genannt wurde, war hinter dem Tresen beschäftigt, der einmal doppelt so lang gewesen war. Da stand er aber noch in einem historischen Weinlokal im linksrheinischen Bacharach, dessen Besitzer durch Brandstiftung versucht hatte, das unter Denkmalschutz stehende Haus der Versicherungssumme wegen niederzubrennen, was aber ob des schnellen Eingreifens der Feuerwehr nur halbwegs gelungen war. Vollends mißlungen war das Abkassieren der Versicherung, statt dessen saß er drei Jahre ohne Bewährung ab. Bertha hatte über Gäste davon Wind bekommen und den restlichen, nicht verkohlten Tresen für einen Apfel und ein Ei erworben. Herr Schweitzer besah sich die fröhliche Gesellschaft jetzt genauer. Er kannte niemanden, nur bei einem Herrn mit Allerweltsgesicht war er sich nicht sicher. Eigentlich wartete er darauf, daß Bertha ihn fragte, ob er schon wüßte, daß Schwarzbach verschwunden sei und somit ein Gespräch eröffnete, in dessen Verlauf er soviel an Interessantem erfahren würde, daß er morgen seinem Schwager stolz davon berichten konnte. Aber es tat sich nichts dergleichen. Ein bißchen hoffte er auch auf Maria, Karins Begleiterin der letzten zwei Tage, von der er nicht wußte, in welchem Verhältnis sie zur Familie Schwarzbach stand. Letztendlich blieb ihm nichts anderes übrig, als selbst die Initiative zu ergreifen.
    Er legte alle Gleichgültigkeit, über die er verfügte, in seine Stimme: „Sag mal Bertha, ist eigentlich Klaus-Dieter wieder aufgetaucht?“, der beim Zigarettenholen mal eben für einen Tag verschwunden war, so wie es angehende Oberbürgermeister nun mal von Zeit zu Zeit und der Tradition entsprechend zu tun pflegen, fügte Herr Schweitzer im Geist hinzu.
    „Was? Ist der immer noch nicht da?“ Bertha hatte beim Weinausschank innegehalten. Ihr Blick hatte etwas Lauerndes.
    „Weiß ich nicht. Deswegen frag ich ja. Nach der Szene von Karin gestern, mußte man ja vom Schlimmsten ausgehen.“
    „Unsinn. Karin trinkt zuviel und vergißt das meiste. Wahrscheinlich ist Klaus-Dieter auf irgendeinem Parteitag, und Karin ist es mal wieder entfallen. Die nimmt er ja schon lange nicht mehr auf solche Veranstaltungen mit, nachdem sie ein paarmal unangenehm aufgefallen war.“ Bertha nahm ihre Arbeit wieder auf und fuhr fort, das Glas vollzuschenken. „Magst du auch noch
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