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Silbertod

Silbertod

Titel: Silbertod
Autoren: F E Higgins
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eine ganze Weile nicht, und so waren vor der Pension noch die Spuren der Rauferei zu sehen, die vor Kurzem stattgefunden hatte. Wie auch die sich vom Haus entfernenden Schuhabdrücke. Pin wusste unwillkürlich, dass es Junos Spuren waren.
    Mit finsterem Blick folgte er ihnen in Richtung Brücke. Es hätte ihn nicht gewundert, wenn sie aus der Stadt hinausgeführt hätten, doch kurz vorher bog die Spur in eine andere Richtung ab. Es begann leicht zu schneien und Pin fluchte leise vor sich hin. Er musste sich beeilen. Nicht lange, und er würde die Fußspuren nicht mehr sehen können. Er folgte ihnen bis zur Hollow Lane, von wo aus sie ihn geradewegs zum Friedhofstor führten.

    Pin beobachtete, wie Juno vergeblich auf der gefrorenen Erde am Grab seiner Mutter herumkratzte. Neben ihr auf dem Boden lagen ihr Koffer und ein brauner Sack. Sein Herz fühlte sich an wie ein Stein und er presste seine Zähne fest aufeinander. Jeder Muskel war gespannt.
    »Juno!«
    Sie fuhr zusammen, ließ den Spaten fallen und drehte sich hastig um. Panik lag in ihrem Blick, als sie ihn erkannte. Sie rappelte sich auf.
    »Was machst du hier?«, rief sie erschrocken.
    »Das Gleiche könnte ich dich fragen«, sagte Pin. »Ich jedenfalls bin hier, um dir zu sagen, dass ich euer Geheimnis herausgefunden habe. Es ist das Mittel in dem Fläschchen, oder? Es bewirkt, dass man sieht, was man sehen will. Und die Wacholdersalbe in dem Medaillon macht, dass ihr dabei einen klaren Kopf behaltet, Benedict und du. Deshalb schmiert ihr euch vorher die Salbe unter die Nase, stimmt’s?«
    »Ja.«
    »Warum bist du einfach so weggelaufen? Und was machst du hier?«
    »Es ist nicht, was du denkst«, sagte Juno, verwirrt von der Schroffheit in seinem Ton. »Ich kann alles erklären.« Ihr Gesicht war geisterblass, ihre Hände zitterten.
    »Ich dachte, du wärst meine Freundin.«
    »Ich bin deine Freundin. Deshalb bin ich ja hier. Begreifst du nicht? Ich will es wieder in Ordnung bringen.«
    »Wie denn?«
    »Indem ich etwas dahin zurücklege, wo es war.«
    »Und wie willst du das anstellen, wenn ich dieses Etwas habe?«
    Völlig irritiert sah Juno ihn an. »Pin, wovon redest du eigentlich?«
    »Von dem Medaillon, du Dummkopf! Das Medaillon, das du aus dem Grab meiner Mutter gestohlen hast .« Und damit zog er es aus der Tasche und ließ es vor ihren Augen baumeln. »Was ist mit dem Silberkettchen passiert? Hast du das schon verkauft?«
    Junos Hand fuhr automatisch an ihren Hals, obwohl sie spätestens jetzt wissen müsste, dass die Schnur nicht dort sein konnte. »Mein Medaillon! Wo hast du das gefunden?«
    » Dein Medaillon?« Pin schäumte fast vor Wut. »Es ist das Medaillon meiner Mutter! Du hast es ihr im Tod vom Hals gestohlen! Ich kann kaum glauben, dass du nichts weiter als eine elende Grabräuberin bist.«
    »Aber es ist meins!«, behauptete Juno. »Schau doch auf die Rückseite.«
    Pin hielt das Medaillon hoch und im Mondlicht waren deutlich die Initialen J C zu erkennen.
    »Die Initialen meiner Mutter«, sagte er. »Jocelyn Carpue.«
    Juno sah ihm offen ins Gesicht. »Oder Juno Catchpole.« Ihre Stimme war kalt und leise.
    Pin lachte spöttisch. »Du heißt Juno Pantagus. Benedict ist dein Onkel.« Aber schon während er das sagte, stockte seine Stimme. Plötzlich war er nicht mehr so sicher.
    »Benedict ist nicht mein Onkel«, sagte sie ruhig. »Das sagen wir nur so. Es hört sich besser an, wenn wir verwandt sind. Unsere ›Magie‹ ist ja immerhin ererbt.«
    Pin wankte und ließ sich zu Boden sinken, den Kopf in denHänden vergraben. »Oh Juno, es tut mir so leid. Ich hätte dir trauen müssen. Aber was sollte ich denn auch von alldem halten? Meine Mutter ist mit einem silbernen Medaillon begraben worden, ihrem letzten Schmuckstück.« Verzweifelt sah er zu ihr auf. »Warum bist du dann hier? Wonach gräbst du?«
    »Pin«, sagte Juno langsam. »Ich muss dir die Wahrheit sagen.«
    »Die Wahrheit? Was meinst du? Ich weiß doch jetzt alles. Aber gib mir noch eine Chance. Wir können trotzdem miteinander weggehen. Du kannst dann die Rolle des Leichenmagiers übernehmen und ich bin dein Assistent …«
    »Halt«, befahl Juno und Pin verstummte. »Ich nehme dich gern mit, klar, aber vorher musst du etwas wissen. Ich bin hierhergekommen, weil ich etwas an seinen Platz zurücklegen wollte. Ich weiß, das war dumm, idiotisch, aber ich musste es einfach versuchen. Sonst könnte ich keine Sekunde mehr ruhig schlafen.« Sie hob den braunen Sack auf und reichte
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