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Silbertod

Silbertod

Titel: Silbertod
Autoren: F E Higgins
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Kleidung. »Tut mir leid, dass ich nicht weiterhelfen kann.«
    »Ihr seht schrecklich aus«, sagte Pin, der jetzt erst merkte, wie zerzaust sein Meister war. Und apropos Aussehen, was hatte Aluph da eigentlich für einen glänzenden Schmierer an der Stirn?
    »Na, das ist vielleicht ein Abend gewesen! Und die halbe Nacht dazu!«, sagte Mrs Hoadswood. »Der arme Mr Buncombe hat ja auch Schlimmes erlebt.«
    »O ja!«, bestätigte Aluph, gern bereit, von dem Punkt an weiterzuerzählen, wo er zuvor stehen geblieben war. »Ich habe nämlich deinen Freund Deodonatus Snoad besucht.«
    »Der ist gewiss nicht mein Freund!«, schnaubte Pin, der noch immer Aluphs Stirn betrachtete.
    »Ich sollte seinen Schädel abtasten«, fuhr Aluph fort. »Aberwas für eine unangenehme Erfahrung das war! Er hatte seitlich am Kopf eine ganz und gar ungewöhnliche Erhöhung, enorm groß – in diesem Fall tatsächlich eher ›Beule‹ zu nennen!«
    Beag sah Pin an, dann Aluph, dann wieder Pin. Es sah aus, als wäre ihm gerade ein Licht aufgegangen. »Bei allen Heiligen im Himmel!«, rief er.
    »Teufel auch!«, rief gleichzeitig Pin.
    »Wo genau war diese Beule, Aluph?«, wollte Beag wissen.
    »Seitlich am Kopf, das habe ich doch gesagt.« Aluph ärgerte sich ein wenig über all diese Unterbrechungen.
    »Rechts oder links?«, drängte Pin.
    Mrs Hoadswood sah von ihrem Topf auf und Benedict legte den Funkenstock nieder.
    Einen Augenblick musste Aluph überlegen. »Rechts.«
    »An deiner oder an seiner Rechten?«
    »Sowohl als auch«, sagte Aluph. »Ich stand ja hinter ihm. Warum?«
    »Meine Kartoffel«, sagte Beag triumphierend.
    Pin streckte die Hand aus und fuhr mit dem Finger über Aluphs Stirn. »Und seht mal …«
    »Beim Jupiter«, flüsterte Aluph, und die Farbe wich aus seinem Gesicht. »Und beim Zeus!«
    Pins Finger schimmerte silbrig.

Kapitel 36

    Die Natur bringt nichts ohne Absicht hervor
    Aristoteles
    D
eodonatus Snoad zog seinen Umhang dicht um den Hals und wickelte sich den Schal ums Gesicht. Seinen Hut stülpte er bis über die Ohren herunter. Der Wind hatte eine fast bösartige Kälte angenommen, die durch die bloße Haut schnitt und durch die Knochen bis ins Mark drang. Der Schnee auf den Gehwegen bildete eine feste Eisschicht, und die morastige Brühe, die sich normalerweise träge durch die Straßenmitte wälzte, war wie der Foedus starr geworden.
    »Oh Gott«, murmelte Deodonatus, wobei augenblicklich sein Atem im Schal gefror. Trotz eines derartigen Ausrufs wäre es aber ein Irrtum anzunehmen, dass Deodonatus an ein höheres Wesen glaubte. Er war schon lange zu dem Schluss gekommen, dass das Leben, so wie er es kennengelernt hatte, zweifelsfrei bewies, dass Gott nicht existierte. Das menschliche Leben war nichts weiter als ein Topf voller Zufälle, aus dem mit absoluter Gleichgültigkeit ausgeteilt wurde; mal ein Löffel Glück, mal ein Löffel Pech und mal von beidem ein bisschen.
    Es war Aluph Buncombe, der ihm schließlich zu einemEntschluss verholfen hatte. Er wusste nicht recht, was in ihn gefahren war, dass er sich einem Dummkopf wie Buncombe offenbart hatte. Dass er sich jemandem so deutlich gezeigt hatte, war lange nicht vorgekommen. Wahrscheinlich wollte ich es einfach wissen, dachte er unglücklich, wahrscheinlich wollte ich nur sehen, ob sich etwas geändert hat.
    Er huschte weiter, rattenhaft fast, hielt sich dabei immer dicht an der Mauer und überquerte schließlich die Brücke bis zum Flinken Finger . Rasch ging er in den hinteren Teil des Wirtshauses, wo er kurz stehen blieb, um seinen Schal zu lockern, dann wandte er sich an Rudy Idolice, der wie immer auf seinem Stuhl neben dem Vorhang saß.
    »Ich komme, weil ich das Gefräßige Biest sehen will.«
    Rudy, noch im Halbschlaf, sah gar nicht auf. »Macht sechs Pence.«
    »Ich muss nicht bezahlen«, sagte Deodonatus ruhig.
    »Waas?« Nun war Rudy hellwach. Er richtete sich in seinem Stuhl auf. »Ach, Ihr seid’s! Kostet trotzdem dasselbe. Jeder muss zahlen, egal, wie oft er schon hier war.«
    »Aber ich bin dein bester Kunde«, sagte Deodonatus heiser. »Du hast mächtig von mir profitiert – jetzt bin ich dran, findest du nicht, alter Freund?« Damit zog er seinen Schal vollends beiseite, packte Rudy an der Kehle und riss ihn hoch, bis er dicht vor seinem Gesicht stand. Rudy verschlug es für einen Moment die Sprache, dann weiteten sich seine Augen und sein benebeltes Hirn wurde klar.
    »Verdammt!«, rief er. »Mr Scheusal!«
    Deodonatus grinste
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