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Silbertod

Silbertod

Titel: Silbertod
Autoren: F E Higgins
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säuerlich, griff mit der freien Hand inRudys Westentasche und zog einen langen Schlüssel heraus. Dann warf er Rudy unsanft zu Boden und stieg die Kellertreppe hinunter. Rudy Idolice blieb reglos liegen.

    Deodonatus überkam eine Art Zufriedenheit, als hätte er das Ende einer langen Reise erreicht. Er wusste, was er im Keller sehen würde, war weit abstoßender, als er selbst je sein konnte (zumindest stellte er sich das gern vor und deshalb hatte Aluphs unbeabsichtigter Vergleich ihn tief erschüttert). Im Dunkeln konnte er das Schnüffeln des Tieres hören. Er ging zum Käfig und blickte hinein. Die Bestie hielt sich an der Käfigrückseite auf. Deodonatus begann mit sanfter Stimme zu sprechen und die Kreatur schob sich langsam näher. Sie hielt einen Knochen in der einen Hand, ein Stück Fleisch in der anderen, und im Maul hatte sie auch noch etwas. Sie kam heran, blieb ungefähr einen halben Meter vor den Stäben stehen und blickte Deodonatus geradewegs ins Gesicht, schnüffelnd wie ein Hund.
    »Hallo, alter Freund«, sagte Deodonatus leise. »Ich bringe gute Nachrichten. Nach all den Wochen, die ich hier runtergekommen bin, um dich zu besuchen und zu trösten, weiß ich endlich, was ich zu tun habe. Es tut mir nur leid, dass es so lange gedauert hat. Ich kann mir nämlich genau vorstellen, wie dir zumute ist. Schließlich habe ich selbst auch mal in einem Käfig gesessen! Schuldlos hinter Gittern. Ich wollte dir helfen, auf meine Art wollte ich helfen, aber ich habe michgeirrt. Ich hätte ewig so weitermachen können und die Leute hätten trotzdem nie begriffen. Auch wenn sie allesamt in den Foedus fallen, werden sie nicht verstehen, warum. Aber das spielt jetzt keine Rolle mehr. Heute Nacht ist deine Qual zu Ende. Ich werde dich befreien. Dann kannst du dich an deinen Peinigern rächen.«
    Er steckte den Schlüssel ins Schloss. Bei dem Geräusch spitzte das Biest die Ohren, sein Herz klopfte schneller. Es schob sich bis ganz an die Gitterstäbe heran, um den Mann, der es mit seinem lästigen Geflüster so lange gepiesackt hatte, genauer in Augenschein zu nehmen. Und dann nutzte es die Gelegenheit. Blitzschnell fuhr es mit dem Arm durch die Stäbe, packte Deodonatus’ gedrungenen Hals und drückte, als wollte es Fleisch von einem Knochen pressen. Als es endlich losließ, rutschte Deodonatus Snoad an der Käfigaußenseite zu Boden und blieb tot liegen.
    Das Gefräßige Biest verlor keine Zeit. Wie oft hatte es von diesem Moment geträumt! Mit gekrümmter Hand drehte es den Schlüssel herum und öffnete die Käfigtür. Es kniete sich neben den reglosen Quälgeist auf den Boden, nahm ihm den Schal ab und wickelte ihn um den eigenen Hals. Als Nächstes zerrte es ihm den Hut vom Kopf und stülpte ihn sich selbst auf, zog ihn weit herunter, bis er fest saß, und steckte seine Ohren unter die Krempe. Unter etwas größeren Schwierigkeiten befreite es Deodonatus von dessen Umhang und fummelte ihn ungeschickt über die eigenen unförmigen Schultern. Es blickte auf Deodonatus hinab, streckte den Arm aus und berührte dessen silbrig schimmerndes Haar. Dannschaute es die Treppe hinauf und verzog die Lippen zu einer Grimasse, die sich nur als schlaues Grinsen bezeichnen ließ.

    Kurz darauf schlurfte das Gefräßige Biest unauffällig durch das Wirtshaus. Es beachtete die Menschen in der Schankstube nicht, und sie beachteten es auch nicht. Draußen auf dem Gehweg blieb es stehen und schnupperte. Wie belebend! All dieses Gerede von dem stinkenden Fluss, es war ja kaum etwas zu riechen! Das Biest bog in die Seitengasse neben dem Flinken Finger ein und sprang – recht anmutig, wie sich nicht anders sagen lässt – in Richtung Fluss davon. Dann setzte es, erstaunlich gewandt für ein Geschöpf seiner Größe und seines Körperumfangs, über die Ufermauer, stützte sich dabei auf einer Hand ab und ließ sich auf die Eisfläche fallen. Ohne einen Blick zurück glitt es auf seinen flachen ledrigen Fußsohlen in Richtung Küste davon und benutzte dabei Deodonatus’ Stock als eine Art Skistock.

Kapitel 37

    Pins Tagebuch
    Etwas ganz Unglaubliches ist geschehen, ein Verrat der schlimmsten Sorte. Ich kann es noch kaum glauben. Juno hat sich aus dem Staub gemacht und im Augenblick bin ich so voller Hass gegen sie, dass ich nicht weiß, was ich tun würde, wenn sie zurückkäme. Aber auch wenn sie die Stadt schon verlassen hat, ich werde sie finden, das schwöre ich! Ich muss einfach wissen, ob sie es wirklich getan hat.

    Zum
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