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Licht (Gone) (German Edition)

Licht (Gone) (German Edition)

Titel: Licht (Gone) (German Edition)
Autoren: Michael Grant
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Eins
    88 Stunden, 39 Minuten
    Das dichte schwarze Haar des kleinen Mädchens ging in bläulichen Flammen auf.
    Sam feuerte noch einmal und endlich brannte auch ihr Körper.
    Doch das Mädchen, das mit dem Rücken zur Wand stand und lichterloh brannte, starrte Sam bloß an. Mit glühendem Hass. Die blauen Augen ließen ihn kein einziges Mal los, der kleine Engelsmund verhöhnte ihn mit einem wissenden Grinsen.
    Gaia hatte mit den Zweigen, die Diana gesammelt hatte, ein Lagerfeuer entfacht. Es würde bald erlöschen und dann müsste Diana wieder auf der kalten Erde schlafen.
    Vor zwei Tagen hätte sie noch mit Caine mitgehen können. Mit ihm oder mit Sam – sie waren beide da gewesen. Sie hätte sich nur von Gaia losreißen müssen.
    Vielleicht hätte Drake sie daran gehindert, vielleicht auch Gaia. Aber Gaia hatte Drake verboten, Caine zu töten. Und als Sam Gaia mit seinem tödlichen Licht angriff …
    … hätte Diana zu Caine laufen können. Sie wollte es ja auch.
    War es ihr Mutterinstinkt, der sie daran hinderte, Gaia im Stich zu lassen? Weil Gaia vor Schmerz geweint und geschrien hatte? Gaias Verbrennungen waren echt, sie konnte verletzt werden. Sie war verletzt worden.
    Anders konnte Diana es sich nicht erklären. Warum sollte sie sonst noch hier sein, den Hunger, die Kälte und die ständige Angst ertragen? Auch wenn es ihr völlig absurd vorkam, war Gaia immer noch ihre Tochter. Gaia war in ihrem Körper gezeugt worden. Und als sie Gaia zur Welt gebracht hatte, hatte Diana eindeutig eine Verbindung zu ihr gespürt.
    Gaia war wunderschön gewesen. Und sie würde es wieder sein, sobald sie ihre schweren Verbrennungen selbst geheilt hätte, die sich in ihre Haut gefressen und ihr Gesicht verunstaltet hatten. Aber normal würde ihre und Caines Tochter nie sein, denn es gab noch eine dritte Kraft, die stärker war als alles andere. Sogar stärker als die Liebe einer Mutter.
    Gaia gehörte dem Gaiaphage. Er hatte sie Diana weggenommen, war wie ein Geist in das Neugeborene gefahren und hatte jede noch so zarte Regung einer eigenen Persönlichkeit brutal unterdrückt.
    Diana hatte es schreiend mit ansehen müssen. Doch was sie empfand, war ihm egal. Schon damals, als er bloß eine brodelnde grüne Masse am Höhlenboden war. Und auch jetzt, im Körper des kleinen Mädchens, das ins Feuer starrte.
    »Nemesis«, flüsterte Gaia, als unterhielte sie sich mit einem unsichtbaren Freund.
    Nein, ihre Tochter würde sie niemals lieben. Welch ein idiotischer Wunsch!
    Aber vielleicht …
    Vielleicht was? Diana ging mit sich selbst genauso hart ins Gericht wie mit den anderen.
    Du klammerst dich an eine lächerliche Hoffnung, sagte sie sich. Du weißt, was sie ist. Und dass sie nicht dein Kind ist.
    Wie süß Gaia im Licht der Flammen aussah. Angenommen, sie wäre wirklich ein ganz normales Mädchen, quälte sich Diana weiter, deine Tochter. Normal und doch ein kleines Wunder. Was du erst empfinden würdest, wenn dieses Kind tatsächlich deins wäre …
    Deins und seins.
    Ein hübsches, perfektes Mädchen …
    Ein dunkles, schreckliches Wesen.
    »Es tut nicht weh, mein kleiner Nemesis«, sagte Gaia gerade.
    Ließ Diana sich jetzt wieder von einem bösen Menschen ins Verderben ziehen – wie schon einmal von Caine?
    Während der kurzen Schwangerschaft hatte sie sich vorgestellt, wie sie wohl als Mutter wäre. Hoffentlich besser als ihre eigene. Sie war fest dazu entschlossen gewesen, ein guter Mensch zu werden. Sie hatte sich eingeredet, dass sie das auch könnte. Nicht die Person bleiben müsste, zu der sie geworden war.
    Sie hätte gerettet werden können.
    »Der beste Teil einer Geschichte ist immer ihr Ende«, flüsterte Gaia vor sich hin.
    Diana hatte geglaubt, als junge Mutter noch einmal von vorne beginnen zu können, um Wiedergutmachung zu leisten und Vergebung zu erlangen.
    Stattdessen war sie die Mutter eines Monsters geworden, einer Kreatur, der sie nichts bedeutete.
    Pete wurde kleiner, so fühlte es sich zumindest an. Als würde er allmählich verschwinden. Und er war sich nicht einmal sicher, ob ihm das etwas ausmachte. Oder ob es für ihn sogar eine Erleichterung wäre.
    Für Pete Ellison war das Leben schon immer seltsam und anstrengend gewesen. Von Geburt an hatte er sein Umfeld als quälend empfunden, als zu laut, zu grell und bei jeder Berührung schmerzhaft.
    Sämtliche Sinneseindrücke, die für jeden anderen ganz normal waren, überforderten ihn. Er fühlte sich ihnen wehrlos ausgeliefert und sie
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