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Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel

Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel

Titel: Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel
Autoren: Jacques Berndorf
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ein jetzt, sonst geht nichts weiter.« Also stiegen wir ein.
    Einen Mark Meier aufzutreiben, war in dieser Gegend der hübschen Anwesen einfach, denn der Vater hatte ein Messingschild mit der Aufschrift Arnold Meier, Rechtsanwalt an die schönen, weißen Klinker des Bungalows dübeln lassen. Das Schild wirkte dezent, zurückhaltend, also war der Mann wahrscheinlich erfolgreich in seinem Beruf.
    »Wer macht es?«, fragte Rodenstock.
    »Lasst mich mal«, sagte ich. »Da vorne ist eine Kneipe, und da kriegt Emma endlich ihren Schnaps.«
    Ich stieg also aus und ging auf das Haus zu. Der Vorgarten war nicht ganz so eindrucksvoll wie der der Hexe, aber auch dieser hier war ordentlich und blühte tapfer vor sich hin. Es gab viel Akelei. Ich schellte.
    Die Tür öffnete sich so schnell, als habe man sehnlichst auf mich gewartet. Ein großer, massiger Mann kam im offenen Oberhemd die Stufen herunter und fragte höflich: »Was kann ich für Sie tun?«
    »So genau weiß ich das nicht. Ich bin Siggi Baumeister, Journalist. Und ich will meine Eindrücke von dem hässlichen Tod der Jamie-Lee ausweiten. Frau Griseldis hat mir gesagt, dass Ihr Sohn mit Jamie-Lee befreundet war. Ich kann verstehen, wenn der Junge leidet. Ich kann auch verstehen, wenn Sie ihn abschirmen …«
    »Kein Gedanke«, sagte er schnell. »Für welche Zeitung arbeiten Sie denn?«
    »Für keine. Noch. Aber ich will auch gleich sagen, dass ich morgen oder übermorgen nicht erscheine. Ich bin lieber etwas gründlich.«
    Er sah mich einfach an und erwiderte nichts. Er war noch nicht dazu gekommen, sich zu rasieren, sein Kinn schimmerte blau, und in seinen Augen stand ein tiefer Kummer. Er verschränkte die Arme vor der Brust. »Sie wissen, dass er nach Ihren beruflichen Vorgaben nicht auskunftsfähig ist?«
    »Das weiß ich sehr wohl. Ich werde ihn nicht zitieren, Sie übrigens auch nicht. Ich will einfach so etwas wie ein komplettes Bild kriegen.«
    »Kann ich Sie missbrauchen?«, fragte er.
    »Wie das?«
    »Er spricht kein Wort. Seit er von dem Mädchen und dem Tod gehört hat, spricht er kein Wort und sitzt einfach auf dem Rasen hinter dem Haus. Manchmal weint er. Das ist unheimlich. Ich komme nicht an ihn heran, meine Frau auch nicht. Er spricht einfach nicht mit uns. Vielleicht spricht er mit Ihnen?«
    »Das gefällt mir zwar nicht so gut«, erwiderte ich offen. »Aber wir können es versuchen. Wie alt ist er denn eigentlich?«
    »Dreizehn«, sagte er sachlich. »Dann kommen Sie bitte mit. Wollen Sie einen Kaffee?«
    »Das wäre schön.«
    Es ging durch die Haustür in einen großen Vorraum, und dann durch drei hintereinander liegende Büros, in denen drei Frauen arbeiteten, die mir zunickten und etwas gequält lächelten.
    In einem stattlichen Wohnraum mit wandgroßen Fenstern zum Garten, wies Arnold Meier auf einen Sessel und sagte: »Da draußen sitzt er.«
    »Ich möchte gleich zu ihm«, sagte ich.
    Der Junge hatte aschblondes Haar, sein Gesicht konnte ich nicht sehen. Er saß auf einer großen Rasenfläche im Gras, kehrte dem Haus den Rücken, hatte den Kopf tief gebeugt und bewegte sich nicht.
    Der Vater öffnete eine Fenstertür. »Ich liebe ihn«, erklärte er einfach.
    Ich ging also hinaus auf die Rasenfläche und blieb hinter dem Jungen stehen. Ich setzte mich auf den Rasen und nahm die geschwungene Rhodesian von Stanwell aus der Tasche. Ich stopfte sie langsam. »Was du hörst, ist das Geräusch, das entsteht, wenn man eine Pfeife stopft«, sagte ich. »Mein Name ist Siggi. Ich bin ein Journalist. Dein Vater glaubt, dass du möglicherweise mit mir redest. Dass du mit deinen Eltern nicht reden willst, kann ich zwar nicht verstehen, aber dass du so verdammt traurig bist, kann ich gut verstehen.«
    Er bewegte sich nicht, und er antwortete nicht.
    Ich zündete die Pfeife an und paffte vor mich hin. Ich hatte keinen Plan, ich hatte nicht die geringste Vorstellung, wie man einem Jungen begegnet, dessen Seele vollkommen von Trauer überschwemmt ist. Ich musste es einfach versuchen, wieder und wieder. »Ich habe gehört, dass sie den Trecker bei Jakob Stern fahren durfte. Durftest du das auch? - Und dann habe ich gehört, dass Jakob Stern ein Schamane ist. Und dass er manchmal unter seinen heiligen Eichen den Tieren zuhört. - Ich habe wirklich keine Ahnung, was ein Schamane ist, was er kann, und was er nicht kann. Ist das so etwas wie ein Hexer, oder wie ein Zauberer? - Hast du auch manchmal unter den Eichen gesessen?«
    Keine Reaktion.
    »Ich frage mich,
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