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Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel

Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel

Titel: Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel
Autoren: Jacques Berndorf
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was da passiert ist.«
    Alter Mann, sei so nett und hilf mir mal. Du kannst nicht einfach zusehen und den Mund halten, als ginge dich das alles nichts an. Und lass mich hier nicht allein herumwursteln, verdammt noch mal!
    »Weißt du, Menschen können mit dem Tod einfach nicht umgehen. Und wenn ich ehrlich sein soll, dann weiß ich nicht mal, was ich dir sagen soll. Wenn du so willst, bin ich hier hinter dir richtig hilflos. Und wahrscheinlich guckt dein Vater uns aus dem Wohnzimmer zu und ist noch hilfloser.«
    Er reagierte nicht, er bewegte sich nicht mal.
    Die Pfeife war ausgegangen, und ich zündete sie erneut an. »Als meine Mutter starb, ging mir das genauso. Mein Vater rief an und sagte: >Mama ist tot.< Das war eigentlich alles. Und damals ging es mir dreckig, weil ich alkoholabhängig war. Ich lebte in München, meine Eltern im Ruhrgebiet. Es war am späten Abend und ich hatte keine Ahnung, wie ich nach Hause kommen sollte. Also kaufte ich zwei Flaschen Schnaps und füllte sie in die Waschanlage meines Autos. Dann führte ich die beiden Plastikschläuche innen am Lenkrad hoch. Wenn ich jetzt auf den Knopf der Scheibenwaschanlage drückte, spülte ich mir den Schnaps direkt in den Mund. So furchtbar abhängig war ich. Die ganzen fünfhundert Kilometer ging das so. Ich war so kaputt, dass ich nicht einmal weinen konnte. Und sie hatten meine Mutter noch nicht in den Sarg gelegt, als ich ankam. Sie lag neben ihrem Bett auf dem Rücken. Und sie hatte sich wohl Ravioli warm gemacht. Jedenfalls war das ganze Zeug auf ihr Nachthemd geklatscht, und es sah aus wie Blut. Und ich stand da und schrie sie an, sie könne doch nicht einfach so gehen. Das war alles ganz furchtbar.«
    Sein Vater kam mit einem Becher zu mir. »Hier ist der Kaffee«, sagte er. Ich nahm den Becher und stellte ihn ins Gras. Der Vater ging wieder.
    »Woran ist sie denn gestorben?«, fragte Mark.
    »Herztod, plötzlicher Herztod«, antwortete ich.
    »War dein Vater dabei? Ich meine, hat er es gesehen?«
    »Nein. Er hatte eine Vorlesung an der Dortmunder Uni. Als er nach Hause kam, so gegen Mitternacht, lag sie da.« Ich spürte, wie sich sehr schnell Schweiß in meinem Gesicht und auf dem Kopf sammelte. Es war in der Sonne einfach zu heiß.
    »Ich habe sie nicht gesehen«, sagte er. »Aber Frau Tremba hat gesagt, sie hätte ganz friedlich ausgesehen.«
    »Wer ist denn Frau Tremba?«
    »Das ist eine Nachbarin, die dahin gerannt ist. Mich haben sie nicht gelassen. Es wäre viel besser gewesen, sie hätten mich hingelassen.«
    »Das wäre es sicher«, sagte ich. »Aber sie denken immer, dass Jugendliche den Tod nicht verstehen und dass er sie verschreckt. Das ist Blödsinn. Waren denn die Polizisten schon bei dir?«
    »Ja, klar. So um elf Uhr schon. Aber ich wusste ja nichts.«
    »Sie war seit gestern Nachmittag verschwunden«, sagte ich. »Kannst du dir vorstellen, wo sie war?«
    »Nein, kann ich nicht. Frau Tremba hat gesagt, sie hätte sich geschminkt. Das hat sie noch nie getan.«
    »Sie war es nicht. Das war der Mensch, der sie zuletzt gesehen hat. Warum seid ihr nicht in der Schule?«
    »Wir haben zwei Tage frei, weil da was eingebaut wird. Heizkessel oder so was.«
    »Wann hast du sie zuletzt gesehen?«
    »Das war gestern Morgen. Wir wollten heute ein Eis essen gehen.«
    »Ich setz mich mal zu dir«, sagte ich. Ich stand auf und umrundete ihn. Dann setzte ich mich wieder.
    Er hatte ein längliches, weiches Gesicht, das jetzt eindeutig harte Linien um den Mund zeigte. Seine Wangenknochen hatten sich herausgedrückt, weil seine Seele zu viel schlucken musste. Es war ein sehr erwachsenes Gesicht, das zu den Augen nicht passen wollte. Die Augen wirkten tief, grundlos, verwirrt und waren strahlend blau - ganz wie die Augen des Vaters.
    »Du musst jetzt einfach tapfer sein, und ich weiß, dass das alle blödes Geschwätz ist, aber hast du eine Ahnung, wo sie gewesen sein kann? Von gestern Nachmittag bis heute Morgen um neun. Hat sie irgendetwas gesagt?«
    »Nein, hat sie nicht. Schreibst du, oder machst du Filme und so was?«
    »Ich schreibe.«
    »Weil, ich wollte auch mal Journalist werden. Aber jetzt will ich was mit Naturschutz machen. Vielleicht Biologe.«
    »Ist der Ort, an dem sie gefunden wurde, weit weg? Ich war dort noch nicht.«
    »Nicht weit. Jedenfalls geht man dauernd da vorbei, wenn man runter in den Ort will, einkaufen und so was.«
    »Was haben die Kriminalisten dich gefragt?«
    »Na ja, wann ich sie gesehen habe, und wer das gemacht
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