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Sieh dich um: Thriller (German Edition)

Sieh dich um: Thriller (German Edition)

Titel: Sieh dich um: Thriller (German Edition)
Autoren: Jon Osborne
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nur einen, nämlich Jack? Nichts schien mehr irgendeinen Sinn zu ergeben.
    Der Junge schwenkte eine Hand durch die Luft. »Es war nicht besonders schwierig«, sagte er. Sein Grinsen wurde breiter – offensichtlich freute er sich über die Gelegenheit, mit seinem Genie zu prahlen. »Diese beiden Clowns da haben rein zufällig eine Partie nachgestellt, die mein Lieblings-Großmeister gespielt hat. Das berühmteste Spiel in der Schachgeschichte. Nur haben die beiden Idioten nicht alle möglichen Variablen studiert. Bevor ich auftauchte, haben sie nicht mal in Erwägung gezogen, dass vielleicht ein dritter Spieler an ihrer Partie teilnehmen möchte. Nachdem ich die Eröffnungszüge durchschaut hatte, war es ziemlich leicht zu erkennen, welches Spiel sie spielten. Offen gestanden haben sie sich richtig laienhaft angestellt.«
    Dana biss sich heftig auf die Unterlippe. Tränen rannen über ihre Wangen. »Was für ein Spiel?«, fragte sie. »Welches Spiel haben sie nachgestellt?« Sie musste den Jungen irgendwie am Reden halten. Er war der einzige Mensch, der ihr wenigstens teilweise erzählen konnte, was passiert war, und sobald er im System festsäße, würde er womöglich verstummen und sich in Schweigen hüllen. Das hieß, falls er die Wahrheit sagte, doch davon ging Dana aus. Er war stolz auf das, was er getan hatte, und auf eine grauenhafte, perverse Art ergab es einen grauenhaften, perversen Sinn.
    So unmöglich es zu sein schien, Jack Yuntz grinste noch breiter. »Welches Spiel? Na, Garry Kasparov gegen Deep Blue , den Supercomputer von IBM natürlich«, erwiderte er. »Vor fünfzehn Jahren in Philadelphia. Garry Kasparov gewann die Partie damals – genau, wie ich das Spiel gewinnen werde, das wir spielen, sobald wir uns in etwa zehn Jahren wiedersehen, Agent Whitestone.«
    Er streckte Dana die dürren Handgelenke hin und lächelte spitzbübisch. »Also, Agent Whitestone«, sagte er. »Legen Sie mir nun Handschellen an oder nicht? Je früher ich meine Strafe für diese Verbrechen antreten kann, desto früher können wir beide unser eigenes kleines Spiel fortsetzen. Klingt doch nach einem Plan, oder?«

Epilog
    Eine Woche später kniete Dana auf dem Boden und fuhr mit zitternden Fingern über die gemeißelten Buchstaben auf Jeremy Browns Marmorgrabstein auf dem Calvary Memorial-Friedhof in Los Angeles. Das weiche Gras gab unter ihren Knien nach, während sie den Verlobungsring an sich presste, den Jeremy an dem Tag, an dem er so brutal ermordet worden war, in der Hosentasche bei sich getragen hatte.
    Dana schloss die Augen und spürte, wie ihr Herz erneut in tausend winzige Stücke zerbarst. Wie sich herausgestellt hatte, war ihr Partner doch nicht verheiratet gewesen, sondern ein Witwer, dessen Frau in jungen Jahren an Krebs gestorben war – drei Monate, nachdem beide ihren Abschluss in Kriminalistik an der San Diego State University gemacht hatten. Dana hätte es wissen können, hätte sie sich die Mühe gemacht, Jeremy direkt zu fragen – aber das hatte sie nicht. Stattdessen hatte sie das Schlimmste angenommen und sich vollkommen verrannt. Und nun konnte sie Jeremy nie wieder etwas fragen.
    Dana kämpfte gegen ein heftiges Schluchzen an. Sie konnte immer noch nicht fassen, dass sie die ganze Zeit im gleichen Hotel gewohnt hatten wie einer der beiden Schachbrett-Mörder. Dana und Brown hatten die gesamte Stadt abgesucht, nur in der sprichwörtlichen eigenen Hütte hatten sie nicht nachgesehen.
    Erschwerend kam hinzu, dass Jack Yuntz völlig recht gehabt hatte, als er damit geprahlt hatte, für seine erschreckenden Verbrechen vermutlich nur einen Klaps auf die Finger zu bekommen. Ein Bundesrichter hatte weniger als zwei Stunden gebraucht, um den Jungen als vermindert schuldfähig einzustufen und ihn der Obhut des Squires Knabenheims in Albany, New York zu überstellen. Die erwartete Dauer von Jack Yuntz’ »Strafe«? Zehn Jahre. Genau, wie er es vorhergesagt hatte. Dana glaubte nicht mehr daran, dass Jack je zurück in den unschuldigen Jungen verwandelt werden könnte, der er einst gewesen war.
    Jeremys Grabstein wies das Wappen und das Motto des FBI auf. Die Worte darunter schienen viel zu spärlich und unbedeutend zu sein, um einen Mann zu beschreiben, der sich sein Leben lang jeder Beschreibung entzogen hatte:
    JEREMY ALLEN BROWN
3. MÄRZ 1976 – 19. APRIL 2011
TREUE, MUT, RECHTSCHAFFENHEIT
    Neue Tränen füllten Danas Augen. Weniger als sechs Monate, nachdem sie ihren Mentor Crawford Bell und ihren
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