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Sieg des Herzens

Sieg des Herzens

Titel: Sieg des Herzens
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und sagte, restlos nüchtern geworden, zu ihnen: »Wenn ihr Menschen wäret, würde ich Gott bitten, euch zu verzeihen. Aber ihr seid Tiere.«
    Aus einem Traum schreckte der Dichter auf und blickte in den flackernden Schein der Kerzen. Viel Gold funkelte um ihn herum. Schnitzwerk, Wände und Möbel prunkten. Der ganze Glanz gehörte dem Fürsten dieses Schlosses, dessen Laune es seit einiger Zeit war, sich einen eigenen Dichter zu halten, einen Hausdichter gewissermaßen.
    Der Auftrag lautete, ›Französisches‹ herzustellen mit dem Federkiel.
    Des Fürsten Wunsch war dies, und er traf sich darin mit dem Begehren seiner Mätresse, die er natürlich auch besaß. Die beiden bedurften solchen Sinnenkitzels, er aufgrund des Alters, in dem er sich schon befand, sie, um einem Mangel an Erfahrungen abzuhelfen, unter dem sie trotz ihrer siebzehn Jahre immer noch zu leiden glaubte.
    Die Erwartungen, die an den Hausdichter gestellt wurden, waren hochgesteckt. Er jedoch tat sich schwer. Dies war aber nun weniger eine Frage des Könnens, sondern mehr des ganz persönlichen Geschmacks.
    »Pfui Teufel«, seufzte er, und der Bogen, welcher vor ihm auf dem Tisch lag, wollte und wollte sich nicht füllen. Als es damit dann doch klappte, hatte der Dichter wieder einmal in seinem Inneren eine Weiche gestellt und das Wort buchstäblich seinem Geschmack erteilt.
    Die Träume, aus denen er schöpfte, wechselten. Allen war aber gemeinsam, daß sie sich mit dem Leben befaßten, über das er nachsann.
    Langsam war ein Wachstropfen dabei, sich von einer der Kerzen zu lösen. Lächelnd verfolgte der Dichter den allegorischen Vorgang. Der Tropfen machte sich selbständig, löste sich von seinem Stamm los und stellte sich gewissermaßen auf eigene Beine. Dies war aber eine Illusion, denn schon im Fallen erkaltete er ein bißchen, und auf der Tischplatte, die ihn auffing, erstarrte er rasch gänzlich in der Kälte der Welt. Seine Existenz war absolut sinnlos geworden. Tropfen seiner Art bezogen Funktionalität nur aus der Gemeinschaft. Galt für viele Menschen nicht dasselbe?
    »Das Leben ist eine Schmiede«, murmelte der Dichter und schaute einem zweiten Tropfen zu, der in die Fußstapfen seines Vorgängers trat. »Eine Schmiede, in der die Seelen geglüht und unter Hammerschlägen gehärtet werden. Weiches zerschmilzt in der Glut, allzu Hartes zerspringt auf dem Amboß, nur die Dehnbarkeit hat Bestand.«
    Ich bin wohl zu weich für das Leben, dachte er melancholisch. Ich gleiche dem Wachstropfen, der sich vom Stamm gelöst hat und längst erstarrte, erfror und dadurch überflüssig wurde. Es ist mir keinerlei Wert mehr beizumessen.
    Leise klappte eine Tür ins Schloß. Jemand stand im Zimmer und sah auf die regungslose, ins Kerzenlicht starrende Gestalt an dem kleinen Tisch.
    Schlief denn der Bursche mit offenen Augen, anstatt zu arbeiten für das Geld, das ihm bezahlt wurde? Zum Teufel, der Fürst rechnete spätestens bis morgen mit entsprechender Belieferung. Und auch seine Mätresse tat dies, sie war ja kaum weniger als er auch schon ständig hinter ›Anregungen‹ her. Wenn die beiden enttäuscht wurden, suchten sie in ihrem Unmut sicher wieder nach dem nächsten ›Blitzableiter‹, der sich ihnen bot. Und wer war der? Der Sekretarius des Fürsten, der auch – und gerade – im Intimbereich Seiner Durchlaucht die Verantwortung trug dafür, daß alles im fürstlichen Sinne ›lief‹.
    Helle Wut packte den Mann an der Tür, und er stampfte mit dem Fuß auf den Boden.
    »Heda!« rief er. »Was macht Ihr? Wollt Ihr wohl aufwachen?«
    Der Dichter fuhr hoch, verwirrt, wußte im Moment nicht, was los war, mußte sich erst wieder in die Lage, die herrschte, finden. Dann erkannte er, wer mit roher Hand – besser gesagt: rohem Fuß – in seine Traumwelt eingedrungen war.
    »Oh, der Herr Sekretarius, so spät noch auf?« Krampfhaft suchte der Dichter einen freundlichen Ton zu treffen. »Habt Ihr in der Bibliothek noch gewaltet oder …«
    Mit einer schroffen Handbewegung schnitt der Hofschranze, gekleidet in einen schwarzen Seidenrock, dem Dichter das Wort ab. Der Blick aus seinem kalten, vom flackernden Kerzenschein überhuschten Gesicht verhieß nichts Gutes.
    »Ich will das Werk sehen!«
    »Welches Werk?«
    »Fragt nicht so dumm! Das Werk für Seine Durchlaucht. Ihr Dichter hört doch diesen Ausdruck für das, was Ihr schreibt, so gern. Oder seid Ihr am Ende gar kein Dichter?«
    »Doch.«
    »Also her mit Eurem …« Er zögerte und
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