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Sherlock Holmes und die Shakespeare-Verschwörung (German Edition)

Sherlock Holmes und die Shakespeare-Verschwörung (German Edition)

Titel: Sherlock Holmes und die Shakespeare-Verschwörung (German Edition)
Autoren: J. J. Preyer
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dunkel. Denn hinter einem Vorhang im vorderen Teil des Gebäudes, in dem die Bibliothek und das Archiv des Theaters untergebracht waren, schimmerte beinahe unmerklich Licht. Das Licht einer Kerze. Wie Holmes es beschrieben hatte. Nur konnte er das unmöglich vom Hausboot aus gesehen haben.
    Das Tor zum Archiv war, wie nicht anders zu erwarten, versperrt. Also entnahm Watson seinem Mantel ein Sortiment von Lockpicks, sogenannten Dietrichen, und entriegelte das Schloß.
    Um seine Mission nicht zu gefährden, war Watson auf Geräuschlosigkeit bedacht, was in der totalen Finsternis, die ihn umgab – er wagte es nicht, seine Taschenlampe einzuschalten – nicht leicht war. Allmählich gewöhnten sich seine Augen an das karge Licht, das von der beleuchteten Stadt durch die Fenster in das Gebäude drang.
    Über eine schmale Treppe, die von großflächigen Porträts von Schauspielern gesäumt war, schlich Watson in den ersten Stock, wo er den Lichtschimmer gesehen hatte.
    Die Mauer entlang waren Figuren aus Shakespeare-Dramen aufgestellt, die Kostüme vergangener Aufführungen trugen, darunter Othello, der eifersüchtige Mohr mit einem spitzen Dolch in der Rechten und Lady Macbeth mit vom Blut dunklen Händen.
    Watson zögerte unsicher, denn er sah nicht nur Licht aus einem der Räume dringen, er hörte auch etwas. Eine heisere Stimme sprach unheimliche Worte: »Blut wurde schon in jener Zeit vergossen, als man noch nicht den Staat durch Recht geordnet. Die fromme Ordnung hat nicht viel geholfen, sie hielt den Menschen nicht vom Morden ab. Doch galt in jener Zeit ein Mann für tot, wenn man das Haupt vom Leib ihm hat geschlagen. Das war's dann auch, der stand nie wieder auf. Doch nun erheben sie sich aus den Gräbern, mit zwanzig Todeswunden auf dem Haupt. Und stoßen uns Lebend'gen von den Stühlen. Da fragt man sich: Wer hat denn das erlaubt?« Grauenvoll, dachte Watson. Dieses Wesen der Nacht spricht von Toten, die keine Ruhe finden und die Lebenden bedrohen. Und doch ging er unaufhaltsam auf jene Tür zu, die einen Spaltbreit offenstand. Als er sie, um hineinblicken zu können, weiter öffnete, gab sie ein knarrendes Geräusch von sich, das den Mann im Inneren des Raumes verstummen ließ.
    Bevor Watson überlegen konnte, was zu tun war, wurde er beiseite gestoßen und stürzte. Ein dunkles Wesen lief den Gang entlang, die Stiegen hinunter, aus dem Gebäude. Ächzend rappelte sich der Doktor vom Boden hoch und konnte durch das Fenster eine schwarze, nackte Gestalt auf den Fluß zulaufen sehen. Mit einem gewaltigen Sprung verschwand das Wesen der Nacht in den Fluten.
    Der Teufel. Es mußte der Teufel gewesen sein.
    Die Kerze auf dem Tisch brannte noch und beleuchtete die Bücherschränke an den Wänden des Saales.
    Auf dem Tisch lag eine geöffnete Ausgabe von Shakespeares Werken. Macbeth. Das Wesen hatte laut die schrecklichen Worte gelesen, die Macbeth an seine Frau richtete, als der von ihm ermordete König als Geist beim Festbankett erschien.
    Worauf hatte er sich nur eingelassen! Er war zu alt für solche Abenteuer.
    Zittrig und wankend setzte sich Watson auf den Stuhl, der noch die Körperwärme des dunklen Wesens abstrahlte, das kurz vorher hier gelesen hatte.
    Körperwärme. Es konnte sich um keinen Geist handeln, schloß Watson und atmete tief durch.
     
    Am nächsten Morgen frühstückte Sherlock Holmes allein. Dr. Watson war von dem nächtlichen Abenteuer so erschöpft, daß ihn der Detektiv schlafen ließ, bis ein schwarzer Talbot am Uferweg hielt, dem Sir Alexander Sisley, der Geheimdienstchef der Lords, entstieg.
    »Sie machen es spannend, Holmes. Was wird uns der heutige Tag bieten?«, erkundigte sich Sir Alexander.
    »Der heutige Tag bringt das Ende unserer Ermittlungen im Falle der Shakespeare-Verschwörung.«
    »Wie können Sie sich dessen so sicher sein?«, fragte Sir Alexander.«
    »Es ist alles vorbereitet, die Steine fallen. Die Katastrophe bahnt sich an.«
    »Katastrophe. Wie das?«, fragte Dr. Watson, der soeben die Kajüte betrat, in der Holmes und der Geheimdienstmann saßen.
    »Der Fall hat solche Dimensionen, daß der Sturz des Haupttäters nicht ohne Erschütterung ablaufen wird, fürchte ich. Und ein zweiter Grund, warum die Sache heute zu Ende kommen muß: Ich habe übermorgen einen wichtigen Termin in den South Downs. Das Dominoprojekt kommt an diesem Tag zum Abschluß. Aber jetzt müssen wir uns in das Haus Wolseley begeben. Wir werden Charles Wolseley einen Besuch abstatten. Sie begleiten
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