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Serafinas später Sieg

Serafinas später Sieg

Titel: Serafinas später Sieg
Autoren: Judith Lennox
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so schlimmer für ihn. Sie lächelte. »Und haben Sie jetzt ein gebrochenes Herz?«
    Er hatte sich in seinem Sessel zurückgelehnt. Ganz offensichtlich glaubte er, bereits gewonnen zu haben. Das Geständnis, sich in einer mehr als mißlichen Lage zu befinden, war die schwierigste Hürde gewesen, alles andere wäre ein Kinderspiel – glaubte er. Serafina frohlockte.
    »Aber nicht im mindesten, Signora«, erwiderte er fröhlich. »Ich hätte Signorina Nadi ausschließlich aus geschäftlichen Erwägungen geheiratet, mein Herz hatte damit nichts zu tun. Um mein Herz zu brechen, bedürfte es einer anderen Frau als eines in jeder Hinsicht farblosen toskanischen Mädchens.«
    Serafina setzte sich wieder hin. Jetzt hatte sie auch innerlich ihre Fassung wiedergewonnen. Das Triumphgefühl, das sie erfüllte, war so belebend wie Quellwasser nach einem langen Ritt an einem heißen Tag. Fiametta Nadi, die sie in ihrer Phantasie mit allen erdenklichen Vorzügen ausgestattet hatte, verblaßte zu einer durchschnittlichen Neunzehnjährigen, der ihr Bräutigam keine Träne nachweinte. »Und wie müßte diese Frau sein, Signor?«
    »Dunkelhaarig – Signorina Nadi ist blond. Und klein und zierlich – nicht groß und ungeschlacht. Und sie sollte ein Gefühl – nein, eine Leidenschaft – für Seide haben und einen ausgeprägten Geschäftssinn.«
    Natürlich erkannte sie sich in dieser Beschreibung. In seiner grenzenlosen Eitelkeit meinte er, sie mit Schmeicheleien umgarnen und seinen Wünschen gefügig machen zu können. Doch er vergaß, daß sie all die aufgezählten Eigenschaften bereits besessen hatte, als sie ihm in Marseille ihre »Hilfe« anbot, und seinerzeit hatte er sie abgewiesen! »Ihre Einstellung ist ein wenig … ungewöhnlich, Signor. Die meisten Männer betrachten es als äußerst unpassend, wenn eine Frau glaubt, sich in ihrer Welt behaupten zu können.«
    »Ich bin eben ein ungewöhnlicher Mensch, Signora, und ich betrachte nichts an Ihnen als unpassend.« Er stand auf, trat zu ihr und schaute sie an. Die Kerzenflammen warfen Schatten an die Wände, ließen Angelos Haar wie flüssiges Gold glänzen und verliehen seinen Augen einen zusätzlichen Zauber. Er nahm Serafinas Hände und zog sie hoch.
    Er will mich verführen, dachte sie. So viele Jahre hatte sie sich das gewünscht, und jetzt erfüllte es sie nur mit geringschätziger Belustigung. Doch eigentlich hatte sie kein Recht zu diesem Gefühl: Schließlich hatte sie sich desselben Mittels bedient, um bei Jacopo ihr Ziel zu erreichen. Angelo führte ihre Hände an die Lippen und küßte nacheinander ihre Fingerspitzen. Sein Mund war warm und weich, aber Serafina wartete vergeblich darauf, daß sie ein wohliger Schauer durchliefe. »Ich habe mich erkundigt«, sagte er. »Zu meiner Erleichterung erfuhr ich, daß Sie sich nicht neu verheiratet haben.«
    Sie lächelte. »Unter den Herren, die mir einen Antrag machen, war keiner, der meinen Ansprüchen genügt hätte. Zudem waren sie alle alt, und ich werde niemals wieder einen alten Mann heiraten.« Und niemals mehr einen Mann über mich bestimmen lassen, fügte sie in Gedanken hinzu. Mit Schaudern dachte sie daran, in welchem Maße sie sich den Wünschen ihres greisen Ehemannes hatte fügen müssen, um ihre Ziele nicht zu gefährden, und daran, welche Macht der Mann über sie gehabt hatte, der jetzt mit schmelzendem Blick vor ihr stand. Sie zog ihre Hand nicht weg – sie würde ihn noch ein bißchen länger hoffen, ihn glauben lassen, daß sie seinem Charme und seinem guten Aussehen erläge.
    Er hob die freie Hand und fuhr suchend an der Strähne entlang, die sie um ihre Haarkrone gewickelt hatte. Sie spürte, wie er die Nadeln herauszog, und gleich darauf ergoß sich eine schimmernde Flut über ihre Schultern und ihren Rücken. Serafina hob den Kopf und schaute Angelo ins Gesicht. Die goldenen Locken und das gutgeschnittene Gesicht mit den hohen Backenknochen raubten ihr nicht mehr den Atem. Mit einem kleinen, spöttischen Lächeln in den Mundwinkeln fragte sie: »Was möchten Sie kaufen, Signor Guardi – und was haben Sie zu bieten?«
    Er hielt ihren Blick fest. »Ich möchte eine Zukunft kaufen und sie mit Ihnen teilen. Stellen Sie sich das vor. Unsere Schiffe, unsere Bevollmächtigten in jedem Hafen der Levante …« Für einen Moment erlag sie dem Reiz dieser Vision, doch dann fügte er hinzu: »Und als Gegenleistung biete ich Ihnen meinen Namen – und meinen Ruf.«
    Zorn loderte in ihr auf: Den Namen hatte
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