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Serafinas später Sieg

Serafinas später Sieg

Titel: Serafinas später Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Kingfisher von ihrer Reise zurückkehren. Jedesmal, wenn Maria die Straße entlangblickte, erwartete sie, Thomas Marlowe und William Williams die Via S. Domenico herunterkommen zu sehen.
    »Wenn du noch lange dort stehst, wirst du festwachsen«, lächelte Serafina, als sie mit einem Armvoll Kontobüchern hereinkam. Als sie eine Stunde zuvor den Salon verlassen hatte, stand das Mädchen bereits seit einer geraumen Weile an demselben Platz.
    »Es könnte doch sein, daß die Kingfisher heute noch ankommt«, sagte Maria. »Sie haben selbst gesagt, daß wir jetzt jeden Tag damit rechnen dürfen.«
    Serafina setzte sich an den Tisch und schlug das oberste Kontobuch auf. Maria stützte die Ellbogen auf das Fensterbrett und legte das Kinn in die Hände. Stille senkte sich über den Raum, nur unterbrochen von dem gelegentlichen Rascheln, mit dem die Seiten des Kontobuchs umgeblättert wurden. Eine Atmosphäre des Friedens hüllte die Stadt ein und ließ alle Geräusche gedämpft erscheinen. Sogar der pastellfarbene Sonnenuntergang paßte zu der sanften Stimmung.
    Vor ein paar Tagen hatte Maria Serafina gesagt, wie gerne sie bei ihr sei, worauf diese sie überrascht ansah und sie, ganz gegen ihre sonstige Gewohnheit, in die Arme nahm und an sich drückte. Wenn William zurückkäme, wäre ihr Glück vollkommen. Sie sehnte sich so sehr nach ihm, daß es schmerzte.
    Als habe sie ihre Gedanken gelesen, sagte Serafina plötzlich: »Ich fürchte, du hast mich zu wörtlich genommen – ein wenig mußt du dich schon noch gedulden. Die Kingfisher ist ein schnelles Schiff und Thomas Marlowe ein ausgezeichneter Steuermann, aber es kann durchaus noch ein paar Wochen dauern, bis du deinen William wiedersiehst. Wie ich dir sagte, sind sie nach Alexandria gesegelt, wogegen viele der Schiffe, die jetzt ankommen, nur in Scanderoon waren.«
    Maria seufzte. Sie versuchte die Gedanken an Piraten, Unwetter und neidische Konkurrenten zu verscheuchen. »Ich weiß«, sagte sie. »Aber …«
    Aber es war schon endlose sechs Monate her, daß sie sich von ihrem heimlichen Bräutigam hatte verabschieden müssen. Doch das war nicht ihr einziger Kummer. Mama wirkte kraftlos und niedergeschlagen und ließ sich durch nichts aufheitern. Der schreckliche Galeazzo Merli hatte sie schon zweimal bis zum Hafen verfolgt, sie angesprochen und anzufassen versucht. Seitdem war sie froh, daß ein Diener sie begleitete, wenn sie ausging. Anfangs war es ihr lästig gewesen, doch Serafina hatte darauf bestanden. Maria hätte gerne einen großen Hund angeschafft, doch ihre Freundin hatte erwidert, ein solches Ungetüm sei zu gefährlich für Francesco.
    Maria seufzte erneut und ließ den Blick die Straße hinunterwandern. Es dämmerte bereits. Eine Gestalt steuerte auf das Haus zu. Ein Mann! Das Herz des Mädchens begann wild zu klopfen – doch als er näher kam, überflutete sie eine Welle der Enttäuschung. Sie drehte sich zu Serafina um und sagte: »Es kommt ein Besucher zu uns. Ich dachte, es sei William oder Signor Marlowe, aber dann sah ich, daß ich mich geirrt hatte. Der Mann hat blonde Haare.«
    Serafina stand auf und trat neben sie. Die Haare des Mannes waren nicht wirklich blond, sondern dunkelgolden. Er war in schwarzen Samt gekleidet. Maria schaute ihre Freundin neugierig an. »Kennen Sie ihn?«
    Ein Schatten hatte sich über Serafinas Gesicht gelegt. »Ja«, nickte sie. »Ich kenne ihn. Ich stand ihm einmal sehr nahe, aber das ist lange her.«
    Angelo! Angelo kam uneingeladen zu ihr? Warum?
    Serafina schickte Maria auf ihr Zimmer und eilte die Treppe hinunter, um dem Dienstmädchen zuvorzukommen und selbst zu öffnen, ohne sich vorher noch Zeit zu nehmen, einen Blick in den Spiegel zu werfen. Sie wußte nicht, was sie erwartete, aber sie wußte, daß sie bei diesem Zusammentreffen keine Zeugen haben wollte. In der Halle angekommen, schloß sie für einen Moment die Augen und atmete tief durch. Dann straffte sie sich und ging zur Tür. Die widerstreitendsten Gefühle tobten in ihrem Inneren, doch als sie Angelo gegenüberstand, begrüßte sie ihn kühl und förmlich. Er verstärkte seine Entschuldigung für den unangemeldeten Besuch mit seinem oft erprobten Lächeln. Serafina bat ihn herein und führte ihn in den ersten Stock. Eines der Dienstmädchen erschien, wurde jedoch mit einer ungeduldigen Handbewegung weggeschickt.
    Als Serafina den Blick durch den Salon schweifen ließ, wurde ihr wieder einmal bewußt, wie sehr sich ihr Leben verändert hatte. Ihr

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