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Serafinas später Sieg

Serafinas später Sieg

Titel: Serafinas später Sieg
Autoren: Judith Lennox
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er ihr gestohlen und den Ruf auf dem Tod ihres Vaters aufgebaut! Aus dem Zorn wurde Haß. Sie mußte alle Beherrschung aufbieten, um ihn nicht zu schlagen, ihm nicht die Augen auszukratzen und nicht seine kostbaren Kleider zu zerfetzen. Er zog sie so eng an sich, daß sie die Wärme seines Körpers durch ihr Kleid spürte. Ein leichter Sandelholzduft entströmte seiner Haut. Serafina bog den Oberkörper zurück und schaute Angelo in die Augen. »Sie bieten mir Ihren Namen und Ihren Ruf«, sagte sie scheinbar nachdenklich, »und wie steht es mit Ihnen selbst?«
    Seine dunklen Augen flackerten und weiteten sich ein wenig. »Wenn Sie es wünschen«, antwortete er.
    Wie ähnlich sie einander waren: Auch sie hatte sich verkauft, um ihrem Ziel näher zu kommen. Es erstaunte sie, daß er sie nicht erkannte, daß er nicht begriff, daß er in einen Spiegel blickte, der nicht nur sein Gesicht, sondern auch seine Seele zeigte. Sie waren vom gleichen Blut, hatten den gleichen Ehrgeiz und die gleiche Leidenschaft: Seide, Seide, Seide – scharlachrot, türkisfarben, smaragdgrün oder in allen Farben des Feuers changierend –, eine Leidenschaft, die bereits in der Kindheit in ihnen entfacht worden war. Sie würden beide alles tun für ein paar leuchtende Bahnen des kostbaren Gewebes, dessen Rohstoff eine unscheinbare Raupe lieferte.
    Er beugte den Kopf, seine Lippen streiften ihre Stirn und ihre Wangen – und dann fanden sie die ihren. Sie erwiderte den Kuß und flüsterte danach: »Dies ist nicht der geeignete Ort, unseren Handel zu besiegeln.« Mit einem vielsagenden Blick nahm sie eine Kerze vom Tisch und führte Angelo hinauf in ihr Schlafzimmer.
    Als sie in ihrem Ehebett in den Armen ihres Kusins lag, hörte sie auf einmal Thomas' Stimme: »Sie waren verliebt in ihn … und Sie sind es noch!« Die Erkenntnis traf sie wie ein Blitz, und während sie sich dem einen Mann als heißblütige Geliebte präsentierte, dachte sie an den anderen. Sie konnte es kaum erwarten, ihm zu sagen, daß es vorbei und sie nicht länger Angelos Marionette war. Am liebsten wäre sie aus dem Bett gesprungen, doch sie beherrschte sich: Sie durfte den Weg, an dessen Beginn Angelo sie vor vielen Jahren unwissentlich gestellt hatte, so kurz vor dem Ziel nicht verlassen. Seine Haut war samtweich, sein Körper muskulös – sie wünschte, sie hätte ihn genießen können. Sie schloß die Augen und konzentrierte ihre Gedanken auf Thomas Marlowe, und plötzlich erwachte eine Leidenschaft in ihr, deren sie sich selbst niemals für fähig gehalten hätte.
    Als Angelo schließlich ermattet in die Kissen sank, hatte er keine Ahnung, daß er eine der heißesten Nächte seines bewegten Lebens einem anderen Mann verdankte – dem Mann, der ihn in Zakynthos um ein lohnendes Geschäft gebracht hatte.
    Serafina hatte nicht geglaubt, schlafen zu können, aber als sie die Augen öffnete, drang das Licht des neuen Tages durch die Ritzen der Fensterläden. Sie zog sich leise an, um den Mann in ihrem Bett nicht zu wecken. Es fiel ihr schwer zu glauben, daß sein Zauber verflogen, daß sie nicht mehr seine Gefangene, sondern endlich Herrin über ihr Leben war. Die letzte Nacht hatte es ihr gezeigt – und nicht nur das. Sie hatte ihr auch gezeigt, wem ihr Herz in Wahrheit gehörte. Ein bittersüßer Schmerz erfüllte sie, doch gleich darauf kehrten ihre Gedanken in die Gegenwart zurück.
    Es war an der Zeit, das Versteckspiel zu beenden. Serafina stieß die Fensterläden auf. Goldenes Sonnenlicht strömte herein. Sie ging zum Bett zurück. Angelo räkelte sich und schlug die Augen auf. Verwirrung stand darin – doch nur für einen Moment.
    »Guten Morgen, Signora Capriani«, lächelte er.
    »Findest du diese Anrede in Anbetracht der Umstände nicht ein wenig förmlich, Angelo?« fragte sie.
    Er schwang sich aus dem Bett und schlüpfte in Hose und Hemd. »Wenn Sie auf eine vertrauliche Anrede Wert legen, müssen Sie mir Ihren Vornamen verraten.«
    »Serafina. Ich heiße Serafina.«
    Die Pause dauerte nur eine Sekunde. »Serafina? Ein hübscher Name.«
    Er begriff immer noch nicht. Die Pause hatte er gemacht, weil der Name ihn an sie erinnerte, nicht weil er sie erkannte.
    »Was ich meine, ist: Ich bin Serafina«, erklärte sie ruhig. »Schau mich an, Angelo! Erkennst du mich nicht? Ich bin Serafina!«
    Plötzlich wich alle Farbe aus seinem Gesicht. Er sah aus wie ein Ertrunkener.
    »Ich bin Serafina«, wiederholte sie. »Franco Guardis Tochter.«
    Er starrte sie
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