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0341 - Keiner kennt die Todesstunde

0341 - Keiner kennt die Todesstunde

Titel: 0341 - Keiner kennt die Todesstunde
Autoren: Keiner kennt die Todesstunde
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»Er müßte bald kommen«, brummte Phil und gähnte.
    Wir standen hinter einem Stapel übelriechender, leerer Fischfässer neben der Auktionshalle und blickten hinüber zu dem Frachter, der mit voller Ladung tief im Wasser lag und auf das Ende des Hafenarbeiterstreiks wartete, um seine Fracht löschen zu können.
    Es war Sonntag, und die Uhr zeigte auf 4 Uhr früh. Über dem Wasser schwebte ein milchiggrauer Nebel.
    Ein kleiner Spitzel aus der Bowery hatte uns die Nachricht zugetragen, daß heute früh ein gewisser Joe Edwards Kokain an Land schmuggeln würde. Das FBI hat etwas gegen Leute, die Kokain schmuggeln. Und deshalb standen mein Freund Phil Decker und ich seit halb vier hinter den Fässern.
    »Da ist er!« sagte Phil plötzlich.
    Ein Mann ging über das Achterdeck. Er hatte eine Tasche oder ein Päckchen unter den linken Arm geklemmt. Wir konnten aus der Entfernung nur sehen, daß seine Kleidung dunkel war. Erst als er über das Fallreep zum Vorleger herabstieg, sah ich, daß er unter dem dunkelblauen, zweireihigen Jackett einen schwarzen Rollkragenpullover trug.
    Gespannt warteten wir, bis er die Treppe vom Anlegeponton heraufkam und sein Kopf über der Kaimauer erschien. Der Mann mochte an die vierzig Jahre alt sein, und für einen Seemann war er verhältnismäßig blaß. Das Päckchen unter seinem Arm sah aus wie ein dunkler, zusammengerollter Mantel.
    Als er die letzte Stufe zum Höft heraufgekommen war, blieb er stehen und sah sich suchend um. Wir stutzten. Gab es außer uns noch andere Leute, die ihn abholen wollten? Oder worauf sonst wartete er?
    Dann kam er langsam auf unser Versteck zu.
    Aber noch war nicht abzusehen, ob er links oder rechts an der Fischauktionshalle Vorbeigehen würde. Ich gab Phil einen Stoß mit dem Ellenbogen. Dabei zeigte ich nach links. Phil nickte, und ich setzte mich auf leisen Sohlen in Bewegung.
    Bis ich an den Fässern vorbei war, mußte ich den Kopf einziehen. Hinter der Holzwand der Auktionshalle konnte ich mich aufrichten. Schnell lief ich an der Wand entlang bis zur Ecke der einen Schmalseite. Dort verhielt ich und lauschte einen Augenblick. Da ich nichts hörte, lehnte ich mich mit dem Rücken gegen die Wand und wartete. Wenn er in einer halben Minute nicht zu hören war, ging er an der anderen Schmalseite entlang, und ich würde mich beeilen müssen, um ihn einzuholen.
    Aber schon nach ein paar Sekunden hörte ich deutlich seine Schritte. Er hatte es offenbar nicht eilig.
    Ich schob mich leise einen Meter von der Ecke zurück.
    Breit und mächtig kam er dahergeschlurft und sah mich sofort, nachdem er um die Ecke gebogen war.
    »Hallo«, sagte ich und schob mit dem Zeigefinger den Hut ins Genick. »Bißchen kühl heute morgen, was?«
    Er hatte ungefähr meine Größe, aber Pranken wie Vorschlaghämmer. Sein Gesicht wirkte viereckig. Die blassen Augen waren von einem Netzwerk feiner Fältchen umgeben. Das Kinn war gespalten.
    Natürlich war er stehengeblieben. Langsam hakte er die Pfeife, aus der er dicke Wolken gepafft hatte, zwischen seine gelben Zähne, ließ die Rechte sinken und erwiderte in rauhem Ton:
    »Ja, ziemlich kühl.«
    Ausdruckslos sah er mich an. Da wir reichlich zwei Yard auseinander waren, machte ich einen Schritt auf ihn zu. Er zuckte nicht mit einer Wimper.
    »Ich dachte, wir hätten heute Sonntag«, sagte ich, um Phil Zeit zu lassen, ihm den Rückweg abzuschneiden.
    »So steht es im Kalender«, stellte er ruhig fest.
    Ich zeigte auf den zusammengerollten Mantel.
    »Die Reinigungen haben sonntags geschlossen.«
    »Na und?«
    Er war nicht aus der Ruhe zu bringen. Ich ließ meine Hände in den Manteltaschen. Zwischen den Fingern der rechten Hand fühlte ich den gefalteten Haftbefehl.
    Ich sagte:
    »Der Streik dürfte noch eine Weile dauern, Joe.«
    Er blieb wieder stehen. Seine Augen zogen sich zusammen.
    »Wüßte nicht, daß wir uns schon einmal gesehen hätten«, murmelte er in drohendem Tonfall.
    »Zeigen Sie mir doch mal den Mantel, Joe!«
    Er nahm sich Zeit und reagierte bedächtig. Zuerst hing sein Blick eine Sekunde an mir, dann glitt er ab und huschte zu dem geforderten Bündel unter seinem Arm. Er holte es langsam hervdr und hielt es mir mit beiden Händen hin. In seinem Gesicht stand nichts weiter als ein bißchen Verwunderung.
    Und ich fiel darauf herein.
    Unwillkürlich griff ich mit beiden Händen zu, damit das große Bündel nicht auseinanderrollen konnte. Als ich, es zu mir heranzog und vor der Brust hatte, sprang er plötzlich vor
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