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Selbs Betrug

Selbs Betrug

Titel: Selbs Betrug
Autoren: Schlink
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sondern neben die Tür gestellt, als wolle er schnell weglaufen oder auch einen von uns am Weglaufen hindern können.
    »Sie wollten mich sprechen?«
    »Ich habe Ihnen einen Sachverhalt zu berichten und ein Angebot zu machen.«
    »O Gott!« Rawitz schaute genervt. »Jetzt sollen wir mit ihm handeln.«
    »Ich fange mit dem Sachverhalt an, ja?«
    Franz nickte, und ich erzählte von Lemkes postmodernem Terrorismus, von Wendts und Peschkaleks erster Begegnung vor vielen Jahren und ihrer letzten Begegnung unter der Autobahn bei Wieblingen. Ich erzählte von meinem Besuch bei Peschkalek, von Peschkaleks Material und von der Karte. Alles in allem blieb ich bei der Wahrheit. Ich ließ mich nur den Ordner und die Videokassette vor den Flammen gerettet haben.
    »Sie meinen, der Mörder von Wendt liegt im Krankenhaus fest und wartet gewissermaßen auf seine Festnahme?«
    »Gewissermaßen. Allerdings habe ich nicht gesagt, daß er Wendt ermordet hat. Ich halte seine Version für glaubhaft.«
    »Pah«, blaffte Rawitz.
    »Und welches Angebot haben Sie zu machen?« Franz trug wieder sein freundliches Lächeln.
    Ich lächelte zurück, ließ sie ein bißchen warten und die Spannung steigen. »Ich behalte Peschkaleks Material, schließe es weg und gebe Ihnen die Garantie, daß es weder an die Medien noch an den Verteidiger geht. Sie können Peschkalek und Lemke sagen, es sei verbrannt.«
    »Und was will er wohl dafür?« Rawitz griente.
    »Erst gibt es noch was. Ich gebe Ihnen auch die Karte.«
    »Wir machen doch keine Erdkunde.«
    »Lassen Sie mal, Kollege Rawitz. Wenn sie was taugt, taugt sie was.«
    Ich gab Franz die Telephonnummern meines Gewährsmanns im Verteidigungsministerium, und er schickte Bleckmeier zum Telephonieren.
    »Und?«
    »Sie lassen Frau Salger frei und aus dem Prozeß draußen.«
    »Na bitte!« Rawitz lachte.
    »Das hätten Sie also gerne«, nickte Franz. »Und was sagt Ihr Auftraggeber dazu?«
    »Zu den letzten Sachen, die sein Sohn gemacht hat, gehört, daß er sich um Frau Salger gekümmert hat. Er hat sie in Amorbach untergebracht und davor im Psychiatrischen Landeskrankenhaus versteckt. Meinem Auftraggeber liegt, was sein Sohn war und getan hat, sehr am Herzen.«
    Rawitz hatte wieder zu lachen begonnen. Franz schaute ihn ärgerlich an. »Wir bekommen Kopien von Peschkaleks Material?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Ich möchte nicht, daß Sie das Material kennen und sich etwas zurechtlegen, was es entschärft.«
    »Aber wir dürfen es einmal anschauen.«
    »Das Risiko bleibt.«
    »Wir sollen also die Katze im Sack kaufen?«
    »Sie können sich das Material zeigen lassen, das Peschkalek an die Medien gegeben hat. Das ist ohnehin in der Welt. Und ein paar Kostproben habe ich immerhin mitgebracht.« Ich legte ihnen Kopien von Photos vor, die ich bei meinem ersten Besuch bei Peschkalek eingesteckt hatte.
    »Kann man ihm trauen?« Franz drehte sich zu Nägelsbach um. »Können wir uns darauf verlassen, daß er das Zeug für sich behält, komme, was wolle?«
    »Für sich behält – wer garantiert uns, daß er es überhaupt hat? Womöglich ist’s verbrannt, und er blufft nur. Oder auch Peschkalek und Lemke haben noch Kopien.« Rawitz grummelte, aber dazwischen gluckste er, als schlucke er ein Lachen.
    Nägelsbach sah zuerst mich an und dann Franz. »Ich würde ihm trauen. Und ob es noch Kopien gibt, merken wir daran, wie Peschkalek und Lemke auf die Nachricht vom Brand reagieren.«
    Franz schickte Nägelsbach los, die Festnahme von Peschkalek zu veranlassen. Bleckmeier kam zurück, und Franz bat mich, draußen zu warten. Als Nägelsbach wiederkam, standen wir uns im Flur verlegen gegenüber.
    »Danke.«
    »Sie haben mir nicht zu danken.« Er ging ins Zimmer.
    Ich hörte sie reden. Ab und zu lachte Rawitz. Nach zwanzig Minuten trat Franz auf den Flur. »Sie hören von uns. Und besten Dank für Ihre Mitarbeit.« Er entließ mich mit Handschlag.
    Ich fuhr ins Büro, schloß den Bericht und schrieb die Rechnung. Ich lehnte Leos Bild an den steinernen Löwen, saß, sah und rauchte. Zu Hause schmollte Turbo. Ich setzte mich auf den Balkon in die Hitze, und er kam, wandte sich von mir ab und putzte sich.
    Kurz vor acht klingelte das Telephon. Nägelsbach hatte mir mitzuteilen, ich könne Leo am nächsten Morgen am Faulen Pelz abholen. Ich solle die Karte mitbringen. Er klang amtlich, und ich nahm an, er werde sich nach der Mitteilung verabschieden und auflegen. Aber er zögerte, ich wartete, und so entstand ein
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