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Seitensprung ins Glück

Titel: Seitensprung ins Glück
Autoren: Mary E Mitchell
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gesprochen, wie Mrs P. dich damals ins Acropolis geschleppt hat, um Ham zu treffen.« Pulkowski sitzt gebeugt in seinem Küchenstuhl und schüttelt sich vor Lachen.
    »Wusstest du, dass sie das vorhatte?«, frage ich Marcie.
    »Ich wusste alles,« entgegnet Marcie, lässt das Sandwich auf einen Teller gleiten und stellt es vor Pulkowski hin. »Helen und ich hatten so manches Gespräch. Ich erinnere mich noch an die Unterhaltung, in der sie mir sagte, sie sei der Meinung, du solltest dich von deinem Mann trennen, weil er ein Potz ist …«
    Jetzt schüttelt auch Marcie sich vor Lachen. Sie steht hinter Pulkowski, klopft ihm auf den Rücken, und beide winden sich hysterisch. »Einen Potz hat sie ihn genannt! Einen kleinen jiddischen Schlappschwanz!«
    Ich beneide sie fast darum, wie es ihr gelingt, Pulkowski zum Lachen zu bringen. Als sie schließlich aufhört und sich neben seinem Stuhl aufrichtet, betrachtet sie Mickey und mich kritisch prüfend.
    »Was ist das für ein Briefbeschwerer?«, fragt sie, als ich ihn auf die Arbeitsplatte lege. Ich antworte nicht. Es fühlt sich gut an, ein Geheimnis zu haben, das Marcie nicht kennt.
    »Es ist noch mehr Essen unterwegs«, sagt sie. »Seanie holt gerade Chop Suey.«
    Ich ringe mir ein »Danke« ab, doch Marcie betrachtet uns noch immer fragend.
    »Sieh dich nur mal an«, sagt sie. »Helen würde kaum glauben, wie dünn du bist.«
    »Zu dünn«, sagt Mickey, umschlingt meine Taille und grinst.
    »Helen«, sagt Pulkowski voller Gefühl. »Helen.«
    So viel Liebe. In meinem ganzen bisherigen Leben habe ich nicht annähernd so viel Liebe erleben dürfen.

29
Was uns trennt
    Pulkowski und ich sitzen Seite an Seite in der ersten Reihe und starren auf Helens offenen Sarg. Wir danken den Freunden und Bekannten, die nach und nach eintreffen. Ich habe mich bei ihm untergehakt, als wolle ich ihn auf dieser Erde verankern. Mickey und Marcie übernehmen die Gastgeber-rolle, begrüßen die Trauergäste an der Tür, geleiten sie zu uns und befreien uns auch wieder von ihrer Gegenwart, wenn wir genug haben. Helen lächelt gelassen in ihrem Nest aus Samtkissen, als wisse sie von meinem Ausflug nach Connecticut und als wisse sie, wie gut sie aussieht in ihrem Tanzkleid und auch, dass all die Blumen für sie sind. Ich kann ihre Gegenwart noch immer spüren, als wolle sie die Ereignisse des Tages überwachen. Mein Herz tropft wie ein vollgesogener Schwamm, so sehr vermisse ich sie. Ich bin ganz in diese Gefühle vertieft, als ich Mickeys zögernde Schritte und die einer weiteren Person hinter mir höre. Als ich mich umdrehe, blickt Teddy besorgt zu uns hinunter. Mickey bewacht ihn wie ein Sicherheitsbediensteter und sucht in meinem Gesicht nach Hinweisen darauf, was er tun soll. Teddy lächelt zaghaft, aber herzlich, und entblößt dabei seine Mäusezähnchen. Er trägt einen von seinen schicken Anzügen, Anzüge, die ihm eigentlich den großen Erfolg als Jurist bringen sollten, uns aber stattdessen nur hohe monatliche Rechnungen bescherten. Er sieht unsicher und nervös aus, doch gleichzeitig ernst und traurig. Er ist zur Totenwache einer Frau gekommen, die nie ein gutes Wort über ihn verloren hat. Das ist anständig von ihm.
    Ich lächle Mickey zu und drücke seine Hand. Erst da verlässt mein Metzger uns. Er geht zum Sarg, neben dem er Position bezieht, um über Helen zu wachen wie die königliche Leibgarde über den Buckingham Palace. Teddy ergreift die Hand meines Großvaters. »Mein aufrichtiges Beileid, Mr P.«, sagt er. Pulkowski nickt dankend.
    »Rosie«, sagt Teddy.
    »Danke, dass du gekommen bist«, sage ich. Dann stehe ich auf und umarme ihn. Ich rieche sein Aftershave, seine Haut, sein gestärktes weißes Hemd, alles Gerüche, die einmal Teil meines Lebens, meiner Gedanken, meines Bettes und meiner Zukunft waren. Sie bringen eine nostalgische Saite in mir zum Schwingen, als würde ich einen Blick auf einen Film werfen, den ich einst sehr gern angesehen habe, doch ich möchte nicht länger mit ihm nach Hause zurückkehren.
    Potz!, zischt Helen unhörbar in ihrem gepolsterten Sarg, der beige ausgeschlagen ist, mit beigefarbenen Kissen ausgepolstert und überhaupt ganz beige ist und teurer war als die weiße Variante, doch was sonst hätten wir für Helen nehmen können? Potz!, sagt sie erneut, aber ich sage: Nein, Ma, ich entscheide hier, wer ein Potz ist. Ich .
    Teddy ist schon in Ordnung, sage ich ihr. Er ist heute extra gekommen, um dir die letzte Ehre zu erweisen. Und wenn er
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