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Seitensprung ins Glück

Titel: Seitensprung ins Glück
Autoren: Mary E Mitchell
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nicht das beste war, aber es hat sich trotzdem richtig angefühlt.«
    Ich erwidere nichts. Meine behandschuhte Hand liegt noch immer um das polierte Glas des SaveWay-Briefbeschwerers. Mickeys Vater hat darauf bestanden, dass ich ihn mitnehme, fast, als handele es sich um Mickeys Mitgift. Behalten Sie ihn, hat er gesagt, als er ihn mir reichte. Ich weiß, bei Ihnen wird er in guten Händen sein .
    »Denk doch nur mal, wie gut Helen das gefallen hätte«, sagt Mickey.
    »Wusste sie, dass du der SaveWay-Erbe bist?«
    Mickey lacht und fährt auf den Zubringer zur Brücke. »Ich nehme dich ein anderes Mal mit in meine Wohnung«, sagt er. »Bringen wir dich lieber heim zu Pulkowski. Und nein, Mrs P. wusste es nicht. Aber sie hatte einen guten Instinkt, das muss man ihr lassen. Schließlich hat sie dir immer gesagt, ich sei ein Prinz.«
    »Sie hat mir gesagt, du seist Metzger, genau wie Barney Kroener.«
    »Barney Kroener?«
    »Der Nachbar, der keinen hochkriegen konnte.«
    Mickey johlt vor Lachen, und seine Koteletten zittern. »Nein, er war dein Onkel.«
    »Er war wie ein Onkel.«
    Jetzt müssen wir beide lachen. Ich lasse die Skijacke von den Schultern gleiten. Allmählich wird mir wieder warm. »Warum hast du mir denn nie etwas von all dem gesagt?«
    Mickeys Gesichtsausdruck verändert sich. Er starrt geradeaus und umklammert das Steuer. »Ja«, setzt er sehr vorsichtig an. »Erinnerst du dich noch an den Tag in meinem Büro, als wir über die Hams und Fishers und Plows diskutiert haben?«
    Ich starre auf meinen Schoß und meine seit Neuestem stromlinienförmigen Knie. Das war keiner meiner großen Momente, dieser Nachmittag in Hams Büro. Ich habe den Verlust eines Mannes mit einem Jurastudium beklagt, indem ich den Beruf eines ausgesprochen netten Burschen herabgesetzt habe – oder zumindest das, was ich für seinen Beruf hielt . Es schmerzt, sich vorzustellen, wie ich geklungen haben muss. Für eine Sozialarbeiterin, die mit geistig Zurückgebliebenen arbeitet, hat Roseanna Plow an jenem Tag wenig Verständnis für das »Anderssein« gezeigt. »Du hast mich für einen Snob gehalten«, sage ich zu Mickey und streiche unglücklich über den Briefbeschwerer seines Vaters.
    »Na ja«, sagt Mickey. »Ich dachte, ich kenne dich besser, aber nur für den Fall, dass ich falsch lag …, du weißt schon, geblendet von deiner Schönheit oder so, dachte ich mir, es wäre besser, mich bedeckt zu halten.«
    »Dein gutes Recht«, gestehe ich. »Aber war das eine Beleidigung, dieser Spruch, ›geblendet von deiner Schönheit‹?«
    Mickey sieht mich an, und seine Augen sind feucht und voller Liebe. Nein, es war keine Beleidigung. Ich nehme seine freie Hand in meine und drücke sie an meine Wange. Das ist meine Art, ihm zu sagen, dass ich ihn liebe. »Es tut mir leid«, sage ich, »dass ich so ein Arsch war.«
    »Du bist meine Allerwerteste«, entgegnet er, was uns natürlich beide zum Lachen bringt.
    »Und warum leitest du dann einen SaveWay in Ronkonkoma«, frage ich, »statt in einer Villa in Venedig zu wohnen?«
    »Stellst du dir so das Leben von uns SaveWay-Jungs vor?«
    »Na ja …«
    »Ich habe in jedem Supermarkt gearbeitet, den meine Familie besitzt. Drei Bundesstaaten. Siebzehn Märkte. Jede Abteilung.« Der Wagen wird langsamer, als wir an der Maut-stelle für die Brücke vorbeikommen. Es entsteht eine vorübergehende Stille zwischen uns. »Ich habe jeden Job übernommen, den auch Milton macht«, sagt Mickey. »Jeden einzelnen. Und ich habe Obst und Gemüse bestellt, am Informationsschalter gestanden und, wenn es nötig war, die Kühlregale geputzt. Ich habe jede Aufgabe erledigt, die schon mein Großvater machen musste, als er vor fünfundsiebzig Jahren seinen kleinen Lebensmittelladen an einer Straßenecke in Newark betrieben hat.«
    »Die Geburt der SaveWay-Kette«, stelle ich fest.
    »Genau«, stimmt Mickey zu.
    Ich lehne meinen Kopf gegen seine Schulter. »Rette mich«, sage ich.
    »Es wäre mir ein Vergnügen, Miss Plow.«
    Wir sehen beiden total fertig aus, als wir nach Hause kommen. Wir schleppen unsere ausgelaugten Körper ins Haus, wo Marcies Stimme laut aus der Küche dringt. Wir treffen sie in einem zerrissenen T-Shirt von VH1 vor dem Herd an, die Hornbrille baumelt an ihrem Halsausschnitt. Ihr Gesicht ist feucht, und ihre Augen sind so rot wie die eines Kaninchens. Sie begrüßt uns mit der freien Hand, während sie mit der anderen ein geröstetes Käse-Sandwich umdreht.
    »Mr P. und ich haben gerade darüber
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