Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Seitensprung ins Glück

Titel: Seitensprung ins Glück
Autoren: Mary E Mitchell
Vom Netzwerk:
den Rest seines Lebens mit Inga, dem Almost-Girl, verbringen will, dann ist das auch in Ordnung. Wirklich.
    Mickey wacht noch immer in seinem teuren Anzug neben Helen, und er scheint sich darin viel wohler zu fühlen, als ich es mir je vorgestellt hätte. Es kommt mir so falsch vor, dass ich Helen nie sagen konnte, wie sehr ich ihn liebe. Aber was riet die Cosmopolitan bereits vor längerer Zeit: Es sind die schwierigen Bälle, die uns weiterbringen.
    Ich kann ein leises Lachen nicht unterdrücken, und Teddy sieht besorgt aus. Seine Stirn legt sich in die Furchen, die mir seit fünf Jahren vertraut sind. Er wird nie ein abgebrühter Anwalt sein. Er ist die reinste Verkörperung des Wortes »verletzlich«. Aber er war schließlich auch einmal mein Teddy. In vielerlei Hinsicht sind wir zusammen erwachsen geworden. Und dann hat eben einer von uns das traute Heim verlassen, genau wie in Mickeys Ehe. Vielleicht hat Mickey doch recht. Vielleicht geht es nicht immer um Schuld. Obwohl ein Ehemann sein Heim auf sehr viel nettere Art verlassen kann als Teddy.
    »Danke für dein Kommen«, sage ich noch einmal und begleite ihn über den Mittelgang zur Tür.
    »Na ja«, sagt er, »sie war schließlich ein Teil meines Lebens.«
    »Das war sie auf jeden Fall«, stimme ich zu, bin mir aber sicher, dass wir uns ganz unterschiedliche Teile vorstellen. Als wir an der Tür angekommen sind, sage ich: »Es war sehr lieb von dir, ihr deine Aufwartung zu machen.« Ich beuge mich vor und küsse ihn auf die Wange. »Dir und Inga alles Gute.«
    Teddys Kinnlade klappt herunter.
    »Habt ihr vor, Kinder zu bekommen?«, frage ich.
    »Was?« Jetzt ist sein Ausdruck der echten Schocks.
    »Du und Inga. Wollt ihr Kinder haben? Dieses rosa Haus ist ganz schön groß.«
    Jetzt sieht er verängstigt aus. Vielleicht dreht seine Exfrau bei der Totenwache seiner Schwiegermutter durch. Dabei ist Helen ja gar nicht wirklich seine Schwiegermutter. Aber das geht ihn nichts an.
    Ich genieße es, Teddy bei seinem Ringen zuzusehen. »Rosie«, sagt er schließlich. »Ich weiß, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt dafür ist, aber ich möchte dir sagen, wie leid es mir tut, wie sich die ganze Geschichte abgespielt hat.«
    »Diese ganze Ehe geschichte, meinst du?« Ich kann der Versuchung nicht widerstehen, ihn noch ein kleines bisschen mehr zu quälen.
    »Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, sagt er, und sein Gesicht läuft knallrot an. »Ich hoffe nur, du weißt, dass ich dich mal geliebt habe …«
    Kann ein Gesicht noch röter werden? »… ich meine, ich habe dich natürlich immer geliebt, aber …«
    Selbst ich kann es nicht länger mit ansehen, wie er sich quält. Ich öffne die schwere Eichentür, und ein Schwall kalter Luft dringt herein.
    »Ich wünsche dir alles Gute«, sage ich zu ihm. »Eine Zeit lang hatten wir es doch ganz gut zusammen. Schick mir die Papiere, sobald du sie fertig hast.«
    Ein anderer Mann hätte meine Umarmung vielleicht erwidert oder sich bedankt, doch so smart ist Teddy einfach nicht.
    »Alles in Ordnung?«, fragt Mickey, als ich in den Raum zurückkehre. Ich fahre mit den Fingern über eine seiner Koteletten, zupfe an seiner Krawatte und klopfe ihm auf die Brust.
    »Alles in Ordnung, mein hübscher, großer SaveWay-Knabe«, sage ich.
    »Möchtest du ein bisschen rausgehen, Daddy?«, frage ich Pulkowski, nachdem Teddy gegangen ist. Der alte Mann nickt und erhebt sich langsam. Wir schieben uns an Nachbarn und Trauergästen vorbei in den dunklen Korridor, der zu McClains Vordereingang führt. Wir stehen unter dem schwarzen Vordach und lassen uns von der Winterluft beleben. Die Sonne steht schon tief am nachmittäglichen Himmel, und ein paar der vorbeifahrenden Autos haben bereits die Scheinwerfer eingeschaltet. Es war ein langer Tag – anstrengende Stunden, in denen wir gleichzeitig Hallo, Hallo, Hallo und zu Helen Lebwohl, Lebwohl, Lebwohl sagen mussten. Menschen aus der Gegend, in der Alexa groß geworden ist, und die ich noch nie getroffen habe, haben den Nachmittag interessant gemacht. Sie haben mich staunend und mit unverhüllter Neugier angesehen. Ja, hätte ich gern gesagt, das ist Johnny Bellusas Gesicht, in das ihr blickt . Fast meinte ich, mich bei ihnen dafür entschuldigen zu müssen, dass ich die Ursache dafür war, dass Helen ihre Gegend verlassen hat. Aber war es nicht eigentlich Alexas Schuld? Ich drehe mich zu Pulkowski um, der die Hände in den Taschen vergraben hat und anscheinend in seine eigenen Gedanken
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher