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Seitensprung ins Glück

Titel: Seitensprung ins Glück
Autoren: Mary E Mitchell
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vereint zu sein. Welches Kind würde sich das nicht wünschen?
    »Soll ich dir etwas Lustiges sagen?«, frage ich Johnny Bellusa. »Meine Mutter ist Vegetarierin, und ich liebe einen Metzger.«
    Johnny lacht, und ich meine fast zu sehen, wie sich seine leicht gebeugten Schultern schütteln. Mickey rollt im Schlaf herum und wirft einen ausgestreckten Arm um meine Taille.
    »Ich muss Schluss machen«, sage ich zu Johnny. »Aber ich wollte dich vorher noch etwas fragen.« Ich atme tief durch und sage dann: »Wusstest du, dass meine Mutter emotional gesehen ein bisschen … na ja, labil war, damals, als du sie kanntest?«
    Ich kann hören, wie mein wiedergefundener Vater ins Telefon seufzt. »Für mich war deine Mutter wie eine Prinzessin«, sagt er schließlich. »Sagen wir mal, wie Prinzessin Diana, die in das Leben eines Berufsschülers trat.« Er macht eine Pause. »In meinen Augen war sie immer perfekt.« Bei dem Wort perfekt wird seine Stimme brüchig.
    Ich ziehe Mickeys Arm enger um meine Taille. »Ich würde das mit dem Essen gern nachholen«, sage ich schließlich zu Johnny.
    »Jederzeit, meine Liebe«, erwidert er. »Wann immer du willst.«
    Auf meinem Weg in die Küche, wo ich Kaffee aufsetzen will, komme ich an Pulkowski vorbei, der im Wohnzimmer auf dem Klappsofa schläft. Eines der malvenfarbenen Kissen bedeckt sein schlafendes Gesicht zur Hälfte. Ich betrachte ihn eine Weile, bis mir bewusst wird, dass ich im Moment nicht mehr als ihn brauche. Vielleicht packt es mich eines Tages und ich nehme einen Flieger, um irgendwo auf einer Brokkolifarm im Bundesstaat Washington nach meiner Mutter zu suchen. Doch heute bin ich glücklich damit, zu wissen, dass ich diese beiden schlafenden Männer in meinem Leben habe. Und ich hatte ja auch Helen, einen Segen, den ein Kind vielleicht erst im Rückblick wirklich schätzen kann.
    Ich beuge mich über Pulkowski und küsse ihn auf die Stirn.
    Er hat eine aufregende Woche hinter sich, auch in medizinischer Hinsicht. Die Untersuchungsergebnisse sind da: Er hat keinen Krebs mehr. Das Ironische daran ist, dass er nicht sicher ist, wofür er noch leben soll. Ja, diese Ironie: Da hat die Frau, die er verehrte, sich rührend um ihn gekümmert, aber auch ein Päckchen Zigaretten pro Tag geraucht. Jetzt ist sie fort, und er hat nur noch mich.
    Natürlich hat er auch Mickey. Und Marcie. Selbst Sean kommt manchmal sonntagnachmittags vorbei, um mit ihm Karten zu spielen. Wir kommen zurecht. Es ist ein bisschen eng in der Wohnung, aber er wollte erst mal nicht allein bleiben. Jetzt kann er aber wieder zurück nach Hause, meint er.
    Nach der Theateraufführung heute wollen Marcie und ich ihn rüberbringen, die Vorratsschränke mit Lebensmitteln füllen, ihm ein neues Fernsehheft kaufen und noch ein paar von Helens Wandschränken und Schubladen leer räumen. Wir werden ihm eine Liste mit Telefon- und Handynummern dalassen und überprüfen, ob auch genug Benzin im Auto ist. Es war seine Idee. Na ja, seine und Marcies. Sie hat seinen Gefrierschrank mit Fertiggerichten gefüllt, die für mehrere Wochen reichen. Und sie hat sich bereits Helens Kleiderschrank vorgenommen.
    Auch für Eleanor ist heute ein aufregender Tag. Mrs Bingle, die Leiterin der Integrativen Theatergruppe, hat ihr eine tragende Rolle in dem Stück Nicht ohne mich gegeben, zweifelsohne wegen ihrer grandiosen Singstimme. Wir alle werden uns die Aufführung ansehen. Mickey kommt vom Save-Way herüber und bringt auch Milton mit. Sogar Marcie und Sean werden dabei sein, da sie beide am Wochenende frei haben und Eleanor ja ein Schützling von EPT ist.
    In Momenten wie diesem vermisse ich Helen am meisten. Sie hätte Pulkowski einfach mitgeteilt, dass wir uns heute ein paar singende Einfaltspinsel anhören und sich ob dieser Aussage nicht im Geringsten geschämt.
    Ich setze Kaffee auf und stelle drei Tassen auf den Tisch. Mickey hat mir ein neues Wägelchen für die Mikrowelle besorgt (genau genommen einen Metzgerblock auf Rollen), und jetzt sieht die Küche wieder viel wohnlicher aus. Wir werden Teddys Arbeitszimmer zu einem Gästezimmer umbauen, damit Pulkowski so oft kommen kann, wie er möchte. Es ist ja nicht so, dass er stört. Schließlich spricht er kaum.
    Da ich die Erste bin, die aufgestanden ist, springe ich unter die Dusche. Während das warme Wasser über meinen angenehm schlanken Körper läuft, höre ich, wie die Glastür aufgeht und Mickey hereinkommt. »Hey«, sagt er und legt die Arme um mich. Er ist feucht,
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