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Seitensprung ins Glück

Titel: Seitensprung ins Glück
Autoren: Mary E Mitchell
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eigenes Einkommen.«
    Damit spielt er auf meine Arbeit als Berufsberaterin für Menschen mit geistiger Behinderung und anderen Beeinträchtigungen an. Das überrascht mich. Früher hat er meinen Verdienst nie als ernst zu nehmendes Einkommen betrachtet, ganz zu schweigen von dem, was ich mache. Blödis beraten hat er es mal während eines schrecklichen Streits genannt. Aber das Geld ist regelmäßig auf unserem Konto eingetroffen, und Teddy hat keinen Cent davon verschmäht. Und die Kosten für die Karten haben wir immer aufgeteilt, alle liefen auf seinen Namen, wurden aber zur Hälfte von mir bezahlt.
    »Teddy«, sage ich. »Jetzt sei doch vernünftig.« Mein Herz krampft sich zusammen. »Wir sind verheiratet«, sage ich. »Es gibt Dinge, die gehören uns gemeinsam. Bankkonten. Autos. Bettwäsche.« Ich zähle die Aspekte unserer Ehe auf, als wäre es eine Einkaufsliste. »Gut, ich weiß ja, Inga und du, ihr habt da gerade … etwas … am Laufen, aber deshalb können wir doch nicht einfach von einem Moment auf den anderen unser Leben auseinanderdividieren. Wir müssen miteinander reden …«
    Ich höre, was ich gerade gesagt habe, und es lässt mich erst einmal verstummen. Selbst meinem alkoholvernebelten Hirn fällt auf, wie lächerlich ich klinge. Da rufe ich tatsächlich im Suff den Mann an, der mich wegen meiner besten Freundin verlassen hat. Ich setze mich auf, wild entschlossen, dieses Telefonat sofort zu beenden.
    »Roseanna«, kommt Teddy mir zuvor. »Ich glaube, es gibt da etwas, das du wissen solltest. Inga und ich werden uns ein Haus kaufen.«
    Vor meinen Augen tanzen kleine Blitzlichter. Ein Haus? Ist er völlig verrückt geworden? Er hat bereits ein Haus, ich sitze zufällig gerade darin. Hier ist unser Haus, oder wenigstens unsere Wohnung. Und zwar die, aus der wir ausziehen, wenn wir unser eigenes Haus kaufen, wenn Teddy Teilhaber einer Anwaltskanzlei geworden ist und ich schwanger bin. Das hat er mir versprochen. Er hat’s versprochen .
    »Ein Haus?«, brülle ich. »Du kannst nicht mit Inga ein Haus kaufen! Du lebst nämlich hier, in dieser Wohnung. Du hast eine Frau …«
    »Roseanna«, sagt er mit Nachdruck. »Ich rede erst wieder mit dir, wenn du dich normal benimmst.«
    Klick! macht es und ich brülle: »Verdammt und zugenäht, Stracuzza!« Ich brülle so laut, dass es mir vorkommt, als würde ich jede Faser meines Teppichs erzittern sehen. Er aber hört mich nicht; er hat aufgelegt. Ein echter Potz eben.

2
Ein bisschen schön
    »Mein liebes Kind«, sagt meine Mutter am nächsten Morgen am Telefon. »In meinem Leben war auch nicht immer alles Klavierkonzert und Kalbskotelett.« Entweder meine Mutter stellt sich so die Einleitung zu einem angeregten Plausch vor, oder sie will sich wieder mit mir versöhnen, nachdem sie meine Ehe mit der Jerry Springer Show verglichen hat. Ich habe mich oft gefragt, warum sie nie ein zweites Kind bekommen hat, noch jemanden, in dessen Leben sie rumpfuschen kann.
    Ich sehe sie förmlich vor mir, in ihrem blitzblanken, ordentlichen Wohnzimmer, in dem alles in Beige gehalten ist – Wände, Teppich, Schonbezüge, alles beige – und neben sich auf dem Tablett aus Kiefernholz stehen ihre Kaffeetasse und der Aschenbecher. Beige sei die beste Basis, behauptet meine Mutter oft. Nichts springt daneben zu sehr ins Auge, nichts beißt sich damit. Bis heute kann ich keine Strumpfhosen in einer normalen Farbe anziehen.
    Als Kind pflegte ich in Primärfarben zu träumen, um all das Beige abzuwehren, das mich umgab. Und wenn ich bei jemandem bin, dessen Zuhause mir gefällt, zücke ich sogar jetzt noch einen Block und notiere mir alle Details, die das Haus vor zu viel Beige bewahren. Schwarze Küchengeräte, schreibe ich, stechen mehr ins Auge! Obstkorb: Tomaten rein wegen der Farbe. Buch auf Couchtisch: magenta . Mehr als einmal habe ich beim Nachhausekommen die Zimmer nach diesen Listen umdekoriert. Manchmal fällt es Teddy positiv auf, wie damals, als ich den Duschvorhang durch eine Weltkarte aus Plastik ersetzt habe. Danach konnte ich ihn immer beim Duschen sehen, wie er sich mit Kanada vor der Brust die Achselhöhlen einseifte, während Südamerika taktvoll seinen Intimbereich verdeckte. Ich freute mich, wenn mein Mann sich zu meinen kleinen Eingriffen äußerte. Dann kam ich mir wie eine gute Ehefrau vor. Es gibt ja so vieles, was eine Frau tun muss, um in ihrem Heim erfolgreich zu sein. Meine Mutter hat mir das mein Leben lang eingetrichtert.
    Ich höre den Fernseher
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