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Die Navigatorin (German Edition)

Die Navigatorin (German Edition)

Titel: Die Navigatorin (German Edition)
Autoren: Norma Banzi
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Eins

Als die junge Navigatorin Kyrell die Transporterkapsel verließ und in das von rituellen Brandings verunstaltete Gesicht eines Ch'tarr-Kriegers blickte, wünschte sie ihrem Onkel Rasm ein weiteres Mal die Pest an den Hals. Rasm war der Geschäftsführer einer kleinen, aber lukrativen Firma, die natürliche Navigatoren gegen hohe Provisionen an Raumschiffkapitäne vermittelte, um deren Schiffe durch unwegsame Raumgebiete zu geleiten. Normalerweise war die Firma nur innerhalb der Planetenliga tätig, doch vor etwa sechs Standardmonaten waren die Cht'arr aus der ul'chanischen Konföderation an Rasm herangetreten und hatten ihm für die Dienste seines besten Navigators eine Provision in einer Höhe geboten, die alle Maßstäbe gesprengt und moralische Bedenken, einem zu einer feindlichen Machtgruppe gehörenden Volk zu dienen, hinweggefegt hatte.
Der beste Navigator der Firma war Kyrell. Aber nicht nur dort war sie die Beste. Auf ihrem gesamten Heimatplaneten Hassol gab es niemanden, der sich mit ihrem Talent hätte messen können. Sie war es gewohnt, entsprechend der Bedeutung ihrer Aufgabe mit ausgesuchter Höflichkeit und Respekt behandelt zu werden. Der Krieger starrte sie jedoch mit finsterer Ablehnung an, so, als wolle er sie erdolchen. Seine drohende Präsenz ließ Kyrell erschauern. Es war schlimmer, als sie es sich ausgemalt hatte. Der Ch'tarr war mindestens 30 Zentimeter größer als sie. Seine Muskeln schienen seine Uniform fast zu sprengen. Gegen ihn hätte die schlanke Kyrell nicht den Hauch einer Chance. Obwohl sie am liebsten in die Transporterkapsel zurückgekrochen wäre, reckte sie ihr Kinn und hielt seinem stechenden Blick stand. Nachdem er ihren grazilen, biegsamen Körper von oben bis unten gemustert hatte, bequemte er sich endlich, sie anzusprechen: "Navigator Kyrell?", fragte er misstrauisch.
"Ja!", antwortete sie, bemüht, ihrer Stimme einen festen Klang zu geben, was ihr jedoch nur unzureichend gelang. Der Krieger runzelte die Stirn, so dass seine farbigen Hornschuppen geräuschvoll aneinander rieben. Es schien Kyrell, als wisse er nicht, was er mit ihr anstellen sollte. Nach weiteren Sekunden unangenehmen Schweigens sagte er:
"Ich bin Darmon Mucar. Der Patarin hat mir befohlen, Sie zur Brücke zu geleiten. Folgen Sie mir!"
Kaum hatte er diese Worte gesprochen, setzte er sich auch schon in Bewegung. Kyrell schulterte ihren Gepäcksack und folgte ihm so schnell sie konnte über die Gänge des ul'chanischen Scouters. Jeder Schritt ihres Führers auf dem metallenen Boden brach sich laut an den unverkleideten, von dicken Kabelsträngen bedeckten Wänden, während Kyrell sich fast geräuschlos bewegte. Die junge Navigatorin rümpfte die Nase über den Zustand des Schiffes. Alles schien ihr irgendwie unfertig zu sein. Atemlos passierte sie das Schott zur Brücke. Die dort dienenden Krieger hielten beim ihrem Anblick mit ihrer Arbeit inne und starrten erstaunt in ihre Richtung. Ein knapp gezischter Befehl Darmon Mucars lenkte sie jedoch schnell von Kyrell ab. Mucar und Kyrell stiegen auf den erhöhten Podest, der dem Patarin eines ul'chanischen Scouters als Kommandostation diente. Der Patarin stand mit dem Rücken zu ihnen, seine Hände auf das Geländer der Kommandostation gestützt, den Blick auf das einzige Aussichtsfenster des Schiffes gerichtet.
"Patarin Karst, dies ist Navigator Kyrell", sprach Mucar den Patarin an. Der weißhaarige Mann drehte sich um, musterte Kyrell und fing an zu lachen.
"Sie sind eine Frau?", fragte er amüsiert.
"Natürlich bin ich eine Frau", antwortete Kyrell irritiert.
"Wir haben einen Mann erwartet", klärte Karst sie auf.
"Deshalb starrt mich jeder hier an Bord an, als sei ich ein Fremdkörper."
Karst legte ihr zur Begrüßung seine schwere Hand auf die Schulter:
"Willkommen an Bord der Gorasul. Bitte nehmen Sie Ihren Platz an der Navigation ein. Die Station wurde nach Ihren Bedürfnissen umgebaut."
"Patarin, du willst die Gorasul doch nicht dieser zarten Frau anvertrauen, die von einer leichten Windböe umgeworfen werden könnte", wandte Mucar ein.
"Willst du meine Entscheidungen in Frage stellen, Darmon?", knurrte Karst.
Die Antwort des Darmons verstand Kyrell nicht, weil er in den Dialekt der Ch'tarr fiel, der nicht in ihrem Gehirn implantierten Übersetzungsmodul gespeichert war. Diese Sprache war in den Netzbibliotheken der Planetenliga einfach nicht verfügbar gewesen. Kyrell trug mehrere Implantate, die ihr die Arbeit als Navigatorin erleichterten. Doch
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