Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Seitensprung ins Glück

Titel: Seitensprung ins Glück
Autoren: Mary E Mitchell
Vom Netzwerk:
natürlich recht. Teddy ist ein Potz. Aber er ist der Potz, den ich geheiratet habe, vor viereinhalb Jahren. Und die Ehe ist heilig. Sogar meine Mutter ist dieser Meinung. Ich gehe zum Kühlschrank und entkorke eine halb volle Flasche Pinot Noir. Was soll denn daran verkehrt sein, zu versuchen, sich mit seinem eigenen Mann wieder zusammenzuraufen? Ich schenke mir einen Schlummertrunk ein und klaube dann die Packung mit Schokokeksen aus dem Küchenschrank. Ausgerechnet Helen Pulkowski sollte doch das Ehegelübde zu würdigen wissen.
    Ich kratze gerade die Soßenspritzer vom Regal, als mir auffällt, dass die Weinflasche leer ist. Ich schließe die Tür zweimal ab und richte mich auf dem Sofa ein. Ich schüttele die Kissen auf, bevor ich ohne Schuhe und mit angezogenen Beinen in die Ecke rutsche, wie eine Katze beim Sonnenbad. Ich summe ein bisschen – wie immer, wenn ich angesäuselt bin. Ich greife nach dem Telefonhörer: Er ist weiß, leicht und hat die Form eines Seifenstücks. Ich atme tief ein, dann wieder aus und tippe die Nummer ein. Elf fröhliche Töne. Es klingelt einmal, zweimal, und als ich höre, dass jemand drangeht, bin ich kurz davor, aufzulegen. Ich tue es dann aber doch nicht. Warum sollte ich? Wer sollte mich denn verletzen wollen? Meine beste Freundin? Mein Mann? Sicher nicht. Eine Sekunde später höre ich die Stimme einer Frau.
    »Hallo?«
    Inga. Ich erkenne sie an ihrer leicht weinerlichen Stimme, die sich anhört wie Popeyes Olivia und über die Teddy und ich immer lachen mussten. Oh! Popeye!, flüsterten wir immer hinter Ingas Rücken, um abrupt abzubrechen, sobald sie sich umdrehte. Ich höre mich kichern.
    »Hi. Ich bin’s, Roseanna«, sage ich und versuche, mich zu beherrschen.
    Am anderen Ende herrscht Schweigen.
    »Roseanna Plow«, sage ich.
    Jetzt seufzt Inga leise.
    »Früher Pulkowski«, fahre ich fort. »Verheiratete Mrs Stracuzza«, zische ich. »Ist zufällig noch ein Stracuzza in der Nähe, mit dem ich mal reden könnte?« Ich lache fröhlich, als wäre all das ein guter Witz. Ich tue das für Inga, ein letztes kleines Geschenk an sie.
    »Roseanna«, sagt sie, »es ist zehn Uhr.«
    »Danke«, erwidere ich, »dass du mich auf den neuesten Stand bringst.«
    »Roseanna«, sagt sie, »es ist schon spät.«
    Ich umklammere den Hörer, als wolle ich sie erwürgen.
    » Hol ihn .«
    In der Leitung poltert es, als würde der Hörer weggeworfen. Ich reibe mir den Arm wie man es tut, wenn man einen blauen Fleck hat. Jemand hat den Hörer mit der Hand abgedeckt, damit sie über mich reden können, ohne dass ich es mitkriege. Genau wie bei meinem letzten Anruf. So behandeln sie mich. Warum also rufe ich wieder an? Unter welchem Vorwand, meine ich. Ich weiß, dass ich anrufe, weil meine Mutter mir suggeriert hat, dass Teddy ein Potz ist, und weil ich diese Vorstellung unbedingt loswerden will. Aber wie kann ein Anruf mir dabei helfen? Teddy ist ein Potz. Ich patsche mir mit der freien Hand auf die Wange. Konzentrier dich! Welchen vorgetäuschten Grund habe ich für diesen Anruf? Gerade fällt es mir wieder ein, da nimmt Teddy auch schon den Hörer auf.
    »Ja?«, sagt er und klingt dabei so förmlich, dass ich hastig an mir herunterschiele, ob ich auch vollständig angezogen bin. »Es ist zehn Uhr«, fährt er fort.
    »Darauf hat deine Tussi mich bereits hingewiesen.«
    Aus den kleinen Löchern des Hörers schlägt mir Kälte entgegen. Ich drücke eins von den malvenfarbenen Kissen an mich und unternehme einen neuen Anlauf.
    »Ich wollte nur anrufen, um dir zu sagen, dass unsere Visa-Abrechnung gekommen ist.« (Wie ich es liebe, das Wort »unser« zu benutzen, wenn ich weiß, dass sie neben ihm steht und vielleicht ein Ohr an den Hörer presst, um zu lauschen, sodass ihre Wange seine berührt.) Ich fahre fort: »Erinnerst du dich an die Bettwäsche, die wir letzten Monat bei Macys für unser Bett gekauft haben?«
    »Die du gekauft hast«, korrigiert er mich.
    »Für unser Bett«, beharre ich.
    »Roseanna«, seufzt er, »es wäre besser, wenn du deine Kreditkartenabrechnungen von jetzt an selber zahlst. Weil ich dir nämlich sagen muss, dass ich all diese Konten kündigen werde. Visa, American Express, Discover … Eine fehlt noch, oder?« Er schweigt kurz. »Genau. Die First Bank Master-Card.«
    »Du willst sie kündigen? «, sage ich. »Was soll das denn heißen? Das kannst du doch nicht machen …«
    »Das sind meine Konten, Roseanna. Leg dir selbst eine Kreditkarte zu. Du hast doch ein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher