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Stop saying Goodbye: Roman (German Edition)

Stop saying Goodbye: Roman (German Edition)

Titel: Stop saying Goodbye: Roman (German Edition)
Autoren: Sarah Dessen
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Eins
     
    Die Tischplatte klebte, mein Wasserglas war verschmiert und weit und breit keine Kellnerin in Sicht, obwohl wir schon seit zehn Minuten an dem uns zugewiesenen Tisch saßen. Aber ich wusste, was mein Vater trotzdem als Nächstes sagen würde. Mittlerweile gehörte sogar das zur Routine.
    »Ich habe das Gefühl, der Laden hat durchaus Potenzial.«
    Beim Sprechen sah er sich um, betrachtete prüfend die Einrichtung. Auf der Speisekarte wurde das
Luna Blu
als »modernes italienisches Restaurant im guten alten Stil« beschrieben; aber soweit ich es nach den paar Minuten, die wir nun hier hockten, beurteilen konnte, war Letzteres dann doch eher zweifelhaft. Erstens waren um diese Zeit   – an einem Wochentag gegen halb eins   – lediglich zwei Tische besetzt: unserer und noch einer. Zweitens fiel mir auf, dass die Plastikpflanze neben unserem Tisch von einer ansehnlichen, einen halben Zentimeter dicken Staubschicht bedeckt wurde. Mein Vater allerdings musste sich ja optimistisch geben. War schließlich sein Beruf.
    Wir saßen einander gegenüber, und während er mit zusammengekniffenen Augen die Speisekarte studierte, betrachtete ich ihn. Er brauchte eine Lesebrille, trug jedoch keine mehr, weil er innerhalb kürzester Zeit drei Stück hintereinander verloren hatte. Deshalb blinzelte er jetzteben beim Lesen lieber heftig. Bei jedem anderen Menschen hätte das extrem bescheuert ausgesehen, meinem Vater hingegen verlieh es eher zusätzlichen Charme.
    »Die haben hier Calamari
und
Guacamole.« Er hob die Hand, um sich das Haar aus der Stirn zu streichen. »Beides auf einmal gab es bisher nirgends, also sollten wir auch beides bestellen, oder?«
    »Mh«, stimmte ich zu. Eine Kellnerin in Minirock und Lammfellstiefeln marschierte an uns vorbei, ohne uns eines Blickes zu würdigen.
    Mein Vater blickte ihr kurz nach, wandte sich dann wieder mir zu. Ich sah ihm an, dass er sich   – wie jedes Mal, wenn wir wieder überstürzt packen mussten und ohne Vorwarnung wo abgehauen waren   – fragte, ob ich sauer auf ihn war. War ich nicht. Klar machte es keinen Spaß, von jetzt auf gleich ein ganzes Leben mit allem Drum und Dran hinter sich zu lassen. Aber auch das war letztlich dann doch nur eine Frage der Perspektive. Empfand man es als unfaire Erschütterung, die einem wieder einmal das Leben ruinierte: aus! Dann konnte man sich und insgesamt gleich aufgeben. Sofern man die ständige Umzieherei jedoch als Chance nahm, sich neu zu erfinden, woanders noch mal von vorn anzufangen   … in dem Fall war alles gut. Wir waren in Lakeview, hatten Anfang Januar. Ich hätte so ungefähr jedes Mädchen sein können, das schon seit ewigen Zeiten hier wohnte.
    Ein dumpfer Aufprall ertönte. Wir blickten gleichzeitig zur Bar, wo eine junge Frau mit langen schwarzen Haaren, deren Arme mit Tätowierungen übersät waren, gerade einen großen Karton hatte fallen lassen. Sichtlich genervt atmete sie durch, ging in die Hocke und begann, die Pappbecher einzusammeln, die um sie her über den Fußbodenrollten. Sie hatte gerade die Hälfte wieder in die Kiste gepackt, da blickte sie auf. Und bemerkte uns.
    »Oh nein!«, stöhnte sie. »Warten Sie schon lange?«
    Dad legte die Speisekarte beiseite. »Nein, nicht wirklich.«
    Was sie ihm offenkundig keine Sekunde lang abkaufte, sondern sich aufrichtete und suchend im Raum umschaute. »Tracey!«, rief sie, deutete in unsere Richtung. »Du hast Gäste. Könntest du bitte zu ihnen gehen, sie begrüßen, wenigstens schon mal die Getränkebestellung aufnehmen?«
    Ich hörte ein Stampfen; im nächsten Moment kam die Lammfellstiefel-Kellnerin um die Ecke gebogen. Während sie ihren Bestellblock hervorzog, machte sie ein Gesicht, als hätte sie katastrophale Nachrichten für uns. »Willkommen im
Luna Blu
«, leierte sie. »Was möchten Sie trinken?«
    »Wie sind die Calamari?«, fragte Dad.
    Sie beäugte ihn, als wäre das eine Fangfrage. Schließlich antwortete sie gedehnt: »Ganz gut.«
    Mein Vater lächelte. »Ausgezeichnet. Wir nehmen einmal Calamari, einmal Guacamole. Ach ja, und einen kleinen grünen Salat nach Art des Hauses.«
    »Heute gibt es als Dressing nur Vinaigrette«, erklärte Tracey.
    »Wunderbar, genau das, was wir möchten«, erwiderte Dad.
    Sie warf ihm über ihren Bestellblock hinweg einen zweifelnden Blick zu. Seufzte schwer, steckte sich den Stift hinters Ohr, trottete von dannen. Ich wollte sie gerade zurückrufen, um mir eine Cola zu bestellen, da meldete sich unvermittelt
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