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Seeteufel

Seeteufel

Titel: Seeteufel
Autoren: Manfred Megerle
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Kommen Sie nicht auf die Idee, mich aufzuhalten. Vergessen Sie nicht: Ich bin in der stärkeren Position.« Noch während er sprach, bewegte sich Loske langsam rückwärts zur Tür, Jo an den Handschellen mit sich ziehend.
    Reflexartig sah Wolf auf die Uhr. Es war achtzehn Uhr sechs.
    Nur noch wenige Sekunden, und der Kopf der Erpresserbande wäre entschwunden. Wer hätte ihn jetzt noch aufhalten sollen? Loske hatte ja so recht: Mit dem Finger am Auslöser und Jo als Geisel war er unangreifbar.
    Während Wolf noch fieberhaft nach einem Ausweg suchte, löste sich plötzlich ein unartikulierter Schrei aus Neidlings Kehle. Mit einer Geschmeidigkeit, die man ihm bei seiner Leibesfülle gar nicht zugetraut hätte, entwand er sich Vögeleins Griff – doch anstatt sich auf den Komplizen zu stürzen, fuhr seine Hand unter Vögeleins Jacke und zog dem völlig Überraschten die Dienstwaffe aus dem Holster. Noch ehe auch nur einer der Polizisten reagieren konnte, hatte er auf Loske angelegt und abgedrückt – zu spät hatte ihm Hindemith die Waffe nach unten geschlagen.
    Im letzten Augenblick noch hatte Loske versucht, Jo wegzuschieben, um an seine eigene Waffe zu kommen. Jo hatte das Unheil kommen sehen, es hatte sich in Loskes Gesicht widergespiegelt. Heftig stieß Jo ihn vor die Brust und warf sich selbst zur Seite. Damit rettete sie vermutlich nicht nur sich, sondern auch ihm das Leben. Als Neidling abdrückte, drang das Projektil in Loskes rechte Brusthälfte und holte ihn endgültig von den Beinen.
    Widerstandslos ließ sich Neidling anschließend entwaffnen, klickend schnappten die Handschellen zu. Während Wolf telefonisch den Notarzt rief, sah er aus den Augenwinkeln, wie sich Jo und zwei weitere Leute um Loske bemühten. Loskes Handy lag neben ihm auf dem Boden. Nur dem traumatischen Schock war es zu verdanken, dass er die Zündung des Sprengsatzes nicht mehr hatte auslösen können – der Treffer hatte Loskes Körperfunktionen schlagartig lahmgelegt.
    Endlich fiel eine zentnerschwere Last von Wolf, befreit atmete er auf.
    Es war achtzehn Uhr sieben – und alles war vorüber.
    * * *
    Eigentlich hatte Wolf niemanden mehr sehen oder sprechen wollen, schließlich hatte die Verhaftung das Ende einer tagelangen, kräftezehrenden Jagd markiert. Nun zeigte ihm sein Körper seine Grenzen auf. War es ein Wunder? Er war dreiundsechzig, er hatte verdammt noch mal das Recht, müde zu sein. Noch so ein Showdown, und er würde endgültig den Dienst quittieren. Zumindest würde er seine Pensionierung ernstlich in Betracht ziehen.
    Während er noch in sich hineinhorchte, öffneten sich plötzlich die Saaltüren und die Teilnehmer der Soiree ergossen sich über die Stufen ins Freie. Geschwätziges Plaudern löste die friedliche Abendstille ab. Wolf stand im Innenhof des festlich erleuchteten Deutschordenschlosses, einem der Wahrzeichen der Insel Mainau, und sah sich die Augen aus dem Kopf.
    Und da tauchte sie auch schon auf, kam mit schnellen Schritten auf ihn zu, fast hätte Wolf sie nicht wiedererkannt.
    Anders als sonst hatte Karin Winter diesmal auf Jeans und ein freches T-Shirt verzichtet. Zudem ließ sie die obligatorische Wildlederjacke mit dem lilafarbenen Seidenschal vermissen. Stattdessen präsentierte sie sich ihm im kleinen Schwarzen. Wolf wusste, warum: Bei der jährlichen Tagung der Nobelpreisträger wurde streng auf die Kleiderordnung geachtet, da kannten die Veranstalter keinen Pardon – auch nicht bei einer Vertreterin der Presse.
    Â»Steht Ihnen gut«, rief er ihr bereits von Weitem entgegen und nickte anerkennend. Er half ihr in den Mantel, und sie setzten sich in Bewegung.
    Â»Bemühen Sie sich nicht, Herr Wolf. Ich komme mir in diesem schwarzen Dingsda immer wie verkleidet vor. Doch nun genug der Höflichkeiten, lassen Sie uns lieber über das reden, was Sie hierher geführt hat. Muss ja etwas äußerst Brisantes sein, was Sie an so einem Abend auf die Mainau führt. Obwohl …«, sie kicherte belustigt in sich hinein, »Sie sind nicht der Einzige, der in diesen Zeiten Opfer bringt, Herr Wolf: Ich lasse Ihretwegen sogar das Festbankett sausen. Ich hoffe, Sie wissen das Opfer zu schätzen.«
    Â»Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Ich möchte Sie um einen Gefallen bitten.«
    Â»Aha, ich soll mal wieder einen Artikel für Sie
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