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Die Schlüssel zum Königreich 01 - Schwarzer Montag

Die Schlüssel zum Königreich 01 - Schwarzer Montag

Titel: Die Schlüssel zum Königreich 01 - Schwarzer Montag
Autoren: Garth Nix
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    ie hatten versucht, das Vermächtnis zu vernichten, aber es zeigte sich, dass das außerhalb ihrer Macht lag. Also zerschlugen sie es, und zwar auf zwei Arten: Die schwere Pergamenturkunde wurde zerrissen, die Fragmente in Raum und Zeit zerstreut. Und der Geist des Vermächtnisses blieb unwirksam, denn sie ließen nicht eine seiner Bestimmungen in Kraft treten.
    Nach dem Willen der betrügerischen Treuhänder sollten seine Bestimmungen niemals Geltung erlangen. Zu diesem Zweck wurden alle sieben Fragmente mit großer Sorgfalt versteckt.
    Das erste und kleinste Fragment wurde in einen einzelnen klaren Kristall eingeschmolzen, der härter als Diamant war. Dieser Kristall wurde in eine Kassette aus unzerbrechlichem Glas eingebettet. Die Kassette wurde in einem Käfig aus Silber und Malachit eingeschlossen, und der Käfig wurde unverrückbar auf der Oberfläche einer toten Sonne am äußersten Ende der Zeit verankert.
    Zwölf Wächter aus Metall hielten um den Käfig herum Wache; jeder stand auf einer der Zahlen im Zifferblatt einer Uhr, die mit immerwährendem Licht in die schwarze Materie des erloschenen Sterns eingebrannt war.
    Die Wächter waren speziell für die Aufgabe als Hüter des Fragments erschaffen worden. Sie waren von entfernt menschlichem Äußeren, allerdings zweimal so groß, und ihre Haut bestand aus schimmerndem Stahl. Dabei waren sie schnell und geschmeidig wie Katzen, sie hatten keine Hände, sondern jedem ihrer Handgelenke entsprang eine einzelne Klinge. Jeder Wächter war verantwortlich für den Raum zwischen seiner Stunde und der nächsten, und ihr Anführer befehligte sie von der Position zwischen zwölf und eins aus.
    Die metallenen Wächter wurden von einem sorgfältig ausgewählten Korps von Inspektoren überwacht, von niederen Wesen also, die nicht wagen würden, die Gegner des Vermächtnisses in Frage zu stellen. Einmal alle hundert Jahre erschien so ein Inspektor und vergewisserte sich, dass alles in Ordnung und das Fragment sicher weggesperrt war.
    Im Laufe der vergangenen Äonen waren die Inspektoren lax geworden und taten wenig mehr als zu erscheinen, einen kurzen Blick auf Kristall, Kassette und Käfig zu werfen, die Wächter zu begrüßen und wieder zu verschwinden. Die Wächter, die zehntausend Jahre lang pflichtbewusst ihren Dienst zwischen den römischen Ziffern der Uhr versehen hatten, billigten diese schlampige Arbeitsauffassung nicht. Aber es lag weder in ihrer Natur, sich zu beklagen, noch hätten sie die Mittel dazu gehabt. Sie konnten Alarm auslösen, wenn es notwendig sein sollte, aber nicht mehr.
    Die Wächter hatten viele Inspektoren kommen und gehen sehen; sonst war nie jemand erschienen. Niemand hatte versucht, das Fragment des Vermächtnisses zu stehlen oder zu retten. Kurz gesagt, in diesen ganzen zehntausend Jahren war nichts passiert.
    Dann, an einem Tag, der sich in nichts von den mehr als dreieinhalb Millionen davor vergangenen Tagen unterschied, traf ein Inspektor ein, der seine Aufgaben ernster nahm. Er kam gewöhnlich an, indem er einfach außerhalb des Zifferblatts erschien, den Hut vom Transfer schief auf dem Kopf, eine Hand fest um das offizielle Beglaubigungsschreiben geballt, sodass das helle goldene Siegel deutlich zu erkennen war. Die Wächter zuckten bei seiner Ankunft kurz zusammen, und ihre Klingen zitterten erwartungsfroh. Das Schreiben und das Siegel waren nur die Hälfte dessen, was nötig war, um hier sein zu dürfen. Es bestand immer eine Chance, dass die Losung, die der vorige Inspektor überbracht hatte, nicht geäußert wurde und die Klingen der Wächter endlich zischend in Aktion treten durften.
    Natürlich waren die Wächter verpflichtet, dem Inspektor eine einminütige Frist zu gewähren, denn es war eine wohlbekannte Tatsache, dass ein Transfer zwischen Raum und Zeit jedermanns Verstand kurz in Mitleidenschaft ziehen konnte, ob unsterblich oder nicht.
    Dieser Inspektor wirkte ziemlich mitgenommen. Er war von annähernd menschlicher Standardform, das heißt, eines Mannes in mittlerem Alter mit rapide zunehmendem Leibesumfang. Dieser menschliche Körper war in einen blauen Gehrock gekleidet, der an den Ellbogen glänzte und an der rechten Manschette Tintenflecke aufwies. Sein weißes Hemd war nicht wirklich sehr weiß, und die schlecht gebundene grüne Krawatte konnte die Tatsache nicht ausreichend verbergen, dass der Kragen sich von dem übrigen Kleidungsstück zu lösen begann. Sein Zylinder hatte schon viele Dienstjahre
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