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Seeteufel

Seeteufel

Titel: Seeteufel
Autoren: Manfred Megerle
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sauberer, schulmäßiger Schrift, die auf keinerlei
     seelische Erregung schließen ließ, hatte der Schreiber drei kurze Worte auf das
     Papier gesetzt: »Verzeih mir, Sonja.«
    Â»Nicht gerade viel«, kommentierte Jo. »Könnte Sonja
     seine Frau sein?«
    Â»Keine Ahnung. Vergesst nicht: Wir sind auch erst seit
     einer halben Stunde hier.«
    Â»Schon gut, wir recherchieren das«, winkte Wolf ab.
     »Ich nehme an, wir können seine Sachen mitnehmen, oder? Vermutlich seid ihr
     froh, wenn die kriminaltechnische Untersuchung bei uns in Überlingen
     durchgeführt wird.« Mit dem Anflug eines Lächelns versuchte er, der Situation
     jeden Anschein von Rivalität zu nehmen. »Aber vielleicht können wir uns das ja
     sogar sparen, je nachdem, was der Doc feststellt.« Damit drehte er sich um und
     ging auf die Ärztin zu.
    Â»Moment noch«, warf Jo hastig ein und fragte den
     Konstanzer Kollegen: »Habt ihr sein Fahrzeug gefunden?«
    Der schüttelte den Kopf. »Sieht so aus, als wäre der
     Mann zu Fuß gekommen. Jedenfalls steht weit und breit kein herrenloser Wagen.«
    Â»Irgendwelche Umstände, die aus deiner Sicht auf etwas
     anderes als Selbstmord hindeuten?«, fragte Wolf.
    Â»Bis jetzt nicht. Alles spricht dafür, dass Ploc
     allein war, dass er auf den Campinghocker stieg, sich die Schlinge um den Hals
     legte und danach den Hocker umstieß. Was wir nicht wissen, ist, warum er es tat. Das rauszukriegen ist jetzt eure Sache.«
    Inzwischen hatte sich die Ärztin erhoben und war zu
     ihnen rübergekommen. Sie bestätigte die Einschätzung des Beamten: »Eindeutig
     Suizid, keinerlei Hinweis auf Fremdeinwirkung, soweit ich das hier feststellen
     kann.« Sie griff nach einem Formular. »Geht die Leiche nach Konstanz oder nach
     Überlingen?«
    Â»Ãœberlingen, Pathologie im Kreiskrankenhaus«,
     antwortete Wolf und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Sie verabschiedeten
     sich und gingen zu dem Wagen zurück, der sie hergebracht hatte.
    Sie waren erst wenige Meter gefahren, als ihnen auf
     dem Waldweg ein marineblauer Sportwagen entgegenkam und sich forsch zwischen
     ihnen und den Bäumen hindurchzwängte.
    Â»Stopp!«, rief Wolf dem Fahrer zu und bat ihn,
     zurückzustoßen. Eine nicht mehr ganz junge, aber immer noch attraktive Brünette
     kletterte eben aus dem Flitzer. Sie trug eine Tasche über der rechten Schulter
     und versuchte, möglichst unauffällig eine kleine digitale Kamera dahinter zu
     verstecken. Für Wolf jedoch nicht unauffällig genug.
    Â»Sieh an, die Presse«, rief er durch das offene
     Fenster. »Ich fürchte, ich muss Sie enttäuschen, Frau Winter. Hier gibt’s
     absolut nichts, was Sie interessieren könnte.«
    Â»Darüber gingen unsere Ansichten schon immer etwas
     auseinander, Hauptkommissar Wolf.«
    Â»Woher wissen Sie eigentlich, dass wir hier sind?«
    Â»Ein Vöglein hat es mir zugezwitschert«, antwortete
     die Journalistin augenzwinkernd.
    Wolf lag eine scharfe Antwort auf der Zunge, doch er
     schluckte sie hinunter. »Hat der ›Seekurier‹ es bereits nötig, sich um
     Familientragödien zu kümmern? Diese Leute haben nicht verdient, dass man ihr
     Unglück an die Öffentlichkeit zerrt.«
    Â»Könnte es nicht sein, dass Sie den Fall falsch
     einschätzen, Herr Wolf?«
    Â»Es gibt keinen Fall. Und jetzt muss ich Sie bitten,
     wieder zurückzufahren.«
    Â»Tut mir leid, aber ich sehe hier keine Absperrung,
     also kann ich auch weitergehen.«
    Wie um ihre Absicht zu unterstreichen, ging sie ein
     paar Schritte auf den mittlerweile zugedeckten Leichnam zu und brachte ihre
     Kamera in Schussposition. Plötzlich stand einer der Uniformierten vor ihr. Mit
     ausgebreiteten Armen drängte er sie zurück.
    Â»Ich hoffe, Sie wissen, was Sie da tun«, fuhr sie den
     Beamten an. Im Zurückweichen warf sie noch einmal einen Blick über die
     Lichtung, als wolle sie sich alle Einzelheiten einprägen.
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