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Seeteufel

Seeteufel

Titel: Seeteufel
Autoren: Manfred Megerle
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Habt ihr auch nur die leiseste Vorstellung davon, wie man mit solchen Summen umgeht? Seht euch doch bloß mal an! Spätestens beim ersten Bankgespräch wird man euch einen Treuhänder vor die Nase setzen. Und dann?«
    Â»Das wird sich finden«, entgegnete Havanna gelassen.
    Â»Ihr habt doch wahrlich schon genug eingesackt«, fügte er hinzu. Ironie troff aus seiner Stimme. »Predigt ihr nicht, Geben sei seliger als Nehmen?«
    Die Augen des Rothaarigen verengten sich zu Schlitzen. »Wir haben große Pläne, und die erfordern einen hohen Einsatz, das versteht ihr doch, oder? Von nichts kommt nichts. Und deshalb, meine lieben Freunde, sind wir auf jeden verdammten Euro angewiesen. Ihr wisst ja: Umsonst ist heute nicht mal mehr der Tod.«
    Â»Eben. Und deshalb bleibt die Kohle, wo sie ist. Basta!«
    Das Gesicht des Rothaarigen verfinsterte sich. »Wenn ihr euch da mal nicht übernehmt. Es gibt schließlich Mittel und Wege, den entstandenen Irrtum zu korrigieren – so oder so.«
    Â»Soll das eine Drohung sein?«, fuhr Havanna hoch.
    Gelassen winkte der Rothaarige ab. »Täte mir leid, wenn ihr es so auffasst. Nein, ich will euch nicht drohen – ich will euch überzeugen.«
    Â»Ãœberzeugen? Wovon?«
    Â»Zum Beispiel davon, dass es gesünder für euch wäre, etwas Entgegenkommen zu zeigen.« Er lächelte maliziös. »Wir lassen ja durchaus mit uns reden …«
    Â»Wir aber nicht«, fiel ihm Havanna ins Wort. »Die Kohle gehört uns und damit Ende der Debatte.«
    Nach kurzem Nachdenken fügte er hinzu: »Und außerdem … für Sie wäre es besser, uns nicht unter Druck zu setzen. Das gefällt uns nämlich nicht, das gefällt uns ganz und gar nicht! Stimmt’s, Einstein?« Von unten erklang ein zustimmendes Grunzen. »Wir könnten uns sonst genötigt sehen, Ihren Boss über gewisse Praktiken zu informieren, wenn Sie verstehen, was ich meine …«
    Havanna hatte den Satz noch nicht zu Ende gesprochen, da fühlte er sich unsanft am Kragen gepackt und vom Stuhl hochgezogen. Er spürte, wie die kräftige Hand des Rothaarigen sich drehte und ihm langsam, aber sicher den Hals zuschnürte, sodass er kaum noch Luft bekam und bereits nach wenigen Sekunden zu röcheln begann. Vor sich, ganz nah, sah er das wutverzerrte Gesicht des Rothaarigen. Er blickte direkt in dessen stechende Augen und spürte den Atem des Mannes auf seiner Haut. Stoß zu, durchfuhr es ihn, stoß ihm deine Stirn in die Fresse, brich ihm das Nasenbein, du wirst es verschmerzen, Hauptsache, das Schwein lässt dich los.
    Plötzlich lockerte sich der Griff, noch ehe er seinen Gedanken in die Tat umsetzen konnte. Auf wundersame Weise fühlte sich Havanna wieder frei. Er holte tief Luft und sah ungläubig auf die Hand, die, zu einer Kralle geformt, regungslos in der Luft verharrte, während die andere noch immer den Hals der Wodkaflasche umspannte. Einen kurzen Moment lang erwartete er, die Flasche würde auf seinen Schädel niedersausen – doch nichts dergleichen geschah.
    Was hatte den Rothaarigen umgestimmt? War ihm klar geworden, dass er mit seiner rüden Attacke den Bogen überspannte? Hatte er, wenn auch zähneknirschend, klein beigegeben?
    Noch während Havanna befreit aufatmete und sein Hemd und das Sakko zurechtrückte, erkannte er die wahre Ursache des Sinneswandels. Von dem Rothaarigen unbemerkt, hatte Einstein nach einem herumliegenden Brotmesser gegriffen, war von hinten an den Gegner herangetreten und hatte es ihm an die Seite gesetzt, in Höhe der Nieren, bereit, bei der geringsten Gegenwehr zuzustoßen.
    Einsteins Augen flackerten, Speichel troff ihm aus den Mundwinkeln, doch er stand wie ein Fels, auch wenn er dem Gegner nur bis zu den Schultern reichte. »Verschwinde, oder ich mach dich alle«, kreischte er in schrillem Diskant und stellte sich vor Anspannung auf die Zehenspitzen.
    Langsam, ganz langsam hob der Rothaarige beide Arme. Seine Gesichtsmuskeln spannten sich, dann drehte er sich seitlich weg, den Blick dabei nicht von dem Messer lassend. Mit einem verkrampften Lächeln versuchte er, die beiden Penner zu beruhigen.
    Â»Okay, okay«, sagte er beschwichtigend. »Ihr habt ja recht. War blöd von mir, entschuldigt bitte.«
    Als wollte er die Wirkung seiner Worte unterstreichen, stellte er die mitgebrachte Flasche vorsichtig auf den Tisch
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