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Seeteufel

Seeteufel

Titel: Seeteufel
Autoren: Manfred Megerle
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zurück. »Hier, genehmigt euch erst mal einen. Und nichts für ungut, Leute. Über den Zaster reden wir nicht mehr. Gott hat es so gewollt, also pfuschen wir ihm nicht ins Handwerk. Tschau dann.« Grüßend hob er die Hand und bewegte sich dabei rückwärts auf den Ausgang zu.
    Havanna starrte noch einige Sekunden auf die Tür, durch die der Besucher gleich darauf verschwunden war. Er fühlte sich, als sei er soeben aus einem Alptraum erwacht.
    Â»Wo er recht hat, hat er recht«, holte ihn Einsteins Stimme in die Wirklichkeit zurück. Mit ein paar geübten Handbewegungen hatte das dürre Männchen die Flasche geöffnet und zwei Gläser gefüllt. Während er das erste Havanna zuschob, kippte er das zweite selbst herunter.
    Â»Was ist, hat es dir die Sprache verschlagen?«, knurrte Einstein und füllte sein Glas ein weiteres Mal. »Die Sache ist doch prima gelaufen. Den Kerl sind wir los. Jetzt gehört der Zaster endgültig uns. Prost!«
    Â»Ich weiß nicht … ich weiß nicht«, grummelte Havanna vor sich hin. Zwischen seinen Augen hatte sich eine steile Falte gebildet. Zögernd griff er zu seinem Glas.
    Â»Was hast du?«, wollte Einstein zwischen dem zweiten und dritten Drink wissen, doch schien ihn die Antwort nicht wirklich zu interessieren.
    Havanna schluckte und wiegte nachdenklich den Kopf, ehe er sich zu einer Antwort entschloss. »Nun, das ging mir alles ein bisschen zu schnell … verdächtig schnell, wenn du verstehst, was ich meine!«
    Doch Einstein verstand rein gar nichts – außer, dass die Not fürs Erste ein Ende hatte.

1
    Â»Verdammt noch mal, da stimmt doch was nicht! Mach mal langsam«, rief der jüngere der beiden Fischer über die Schulter zurück. Mit ausgestrecktem Arm wies er zum Seeufer hinüber, das sich fast vollständig hinter einer Nebelbank verbarg.
    Â»Was soll das bringen?«, brummte der Mann an der Pinne, »man sieht hier ja nicht mal die Hand vor den Augen.« Dennoch befolgte er die Anweisung seines Sohnes.
    Rasch verlor der Kahn an Fahrt. Doch so angestrengt die beiden Männer auch hinüberstarrten – die gespenstisch wabernden Schwaden über dem Wasser erwiesen sich als undurchdringlich.
    Â»Näher ans Ufer«, bestimmte der Jüngere hartnäckig. »Halt direkt auf die Birnau zu.«
    Erneut begann der Außenbordmotor zu tuckern, und das Boot nahm Kurs auf das angegebene Ziel.
    So markant die Barockkirche bei Tageslicht auch ins Auge fiel: Jetzt, im Morgengrauen, war sie nur ein schwaches Abbild ihrer selbst. Sie verschmolz mit der Landschaft zu einem verwaschenen Schattenriss.
    Wenigstens war es dort oben nebelfrei, anders als an der Wasseroberfläche. Nicht dass daran etwas außergewöhnlich gewesen wäre. Schon gar nicht im Spätherbst. Da gehörte Morgennebel zum See wie das Christkind zu Weihnachten, und niemand wusste das besser als die beiden Fischer, die, aus Unteruhldingen kommend, allmorgendlich zur selben Zeit ihre westlich gelegenen Fanggründe anfuhren. Dabei hatten sie mit den Lichtverhältnissen heute noch Glück gehabt: Erst in der vergangenen Nacht waren die Uhren auf Winterzeit umgestellt worden. Streng genommen waren sie also, gemessen am Vortag, eine Stunde später unterwegs, und das diffuse Morgenlicht reichte zumindest aus, die nähere Umgebung zu erkennen – soweit es der Nebel zuließ.
    Â»Wonach suchen wir eigentlich?«, fragte der Ältere, als der Motor wieder im Standgas lief.
    Â»Weiß nicht genau«, zuckte der andere mit den Schultern. »Ich bilde mir ein, durch eines der Nebellöcher ein Boot gesehen zu haben. Dort, genau unterhalb der Birnau.«
    Ein Boot an dieser Stelle wäre allerdings etwas Ungewöhnliches, dem konnte der alte Fischer nicht widersprechen. Hier gab es keine ausgewiesenen Fanggründe, und die wenigen Berufsfischer hielten sich streng an das Reglement, sodass sie einen Kollegen an diesem Ort und zu dieser Zeit mit Fug und Recht ausschließen konnten. Die Vermietung von Tret- und Ruderbooten an Touristen war bereits vor vierzehn Tagen eingestellt worden. Was sollte ein Tourist auch so früh am Morgen und bei dieser Suppe auf dem Wasser?
    Â»Ein Hobbyangler?«
    Â»Nein. Ich hatte eher den Eindruck … also, da war jemand in dem Boot, noch dazu … wie soll ich sagen … in einer merkwürdigen Haltung. Es muss hier
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