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Sechs Österreicher unter den ersten fünf: Roman einer Entpiefkenisierung (German Edition)

Sechs Österreicher unter den ersten fünf: Roman einer Entpiefkenisierung (German Edition)

Titel: Sechs Österreicher unter den ersten fünf: Roman einer Entpiefkenisierung (German Edition)
Autoren: Dirk Stermann
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gehen, aber nicht arbeiten. Sie käme schon allein klar mit den Hautkranken und Entspannungsuchenden.
    »Oh, du hast Geburtstag? Hab ich ganz vergessen. Herzlichen Glückwunsch«, sagte Spön. »Gut, machen wir irgendwas.«
    Sie fuhren vom Karmelitermarkt über den Schwedenplatz und die Landstraßer Hauptstraße zum Rennweg, Richtung Zentralfriedhof. Neben ihnen fuhr eine Straßenbahn der Linie 71. Robert schaute aus dem Fenster in die Straßenbahn. Nur alte Menschen saßen darin.
    »Ich bin vierzig geworden«, sagte Robert. »Ist das nicht etwas früh?«
    Sie schauten sich an, und Spön lächelte. »Wir könnten dir ja schon mal ein Grab aussuchen. Und wenn wir erst einmal auf dem Zentralfriedhof sind, wirst du merken, dass es sich kaum mehr lohnt, noch einmal nach Hause zu fahren.«
    An der Tankstelle von Erich Obermayer hielten sie.
    »Musst du tanken?«, fragte Robert.
    »Nein, wieso?«, fragte Spön zurück. Er hupte. Durch die Scheibe sahen sie Obermayers blonden Mittelscheitel. Er winkte ihnen zu. Kurz danach kam er heraus. In kurzen Hosen. Und in einem Trikot der österreichischen Fußballnationalmannschaft.
    »Servus«, sagte Erich Obermayer. Robert erstarrte zur Salzsäule. Verwirrt starrte er den ehemaligen Nationalspieler an.
    »Fahren wir nach Hasenleiten!«, sagte Obermayer.
    »Alles klar, Chef«, sagte Spön und kicherte.
    »Was soll das hier?«, fragte Robert.
    »Wir müssen noch jemanden holen«, sagte Erich Obermayer.
    In Hasenleiten stand vor einem heruntergekommenen Wohnhaus Herbert Prohaska in kurzen Hosen. Seine Fußballschuhe machten laute Geräusche auf dem Asphalt. Prohaska stieg ein, grüßte freundlich und sagte: »Packmers, Burschen. Spieln wir mit den Deutschen Fitschigogerl!«
    Robert verfiel nun endgültig in Ehrfurchtstarre.
    »Na, endlich«, rief ich, als die vier restlichen Spieler erschienen. Dr. Grasel-Babinsky, der sich inzwischen auch eingefunden hatte, überreichte Robert das Original-Trikot von Robert Sara aus dem Córdoba-Spiel.
    »Das hab ich im Museum des Österreichischen Fußballbundes für dich ausgeborgt«, sagte der diebische Dentist.
    Sophie, ’s Gütli und Tatjana sangen » Que Sara, Sara, whatever will be, will be « und DJ Merchant of Venice beschallte den alten Fußballplatz mit beiden Hymnen. Robert zeigte mir den Vogel, und als beide Mannschaften zur Begrüßung aneinander vorbeigingen, wisperte er mir zu: »Es ist, wie es ist, und es ist fürchterlich.«
    »Also gut?«, fragte ich.
    Er nickte und sagte: »Ihr seid vollkommen durchgeknallt.«
    »Wenn Südtiroler hier mitspielen dürfen, könnt ihr auch Pinguine aufstellen. Aus Franz-Joseph-Land«, schimpfte Ben, als Guido ihn über die Seitenauslinie bodycheckte. 1873 hatte eine österreichisch-ungarische Nordpolexpedition den Archipel am Nordpol entdeckt und ihn nach dem Kaiser benannt. So gesehen hatte der Gedanke, den dortigen Bewohnern die österreichische Staatsbürgerschaft zu verleihen, einen gewissen Charme.
    »Es gibt keine Pinguine da oben. Nur Walrosse und Eisbären und ein paar Rippenquallen«, sagte Rocco und half Ben auf. Mein Zahnarzt aus Lüderitz war wütend. Als eine meiner gutgemeinten Flanken wieder einmal abgerissen war wie die alte Stadiontribüne, schnappte Guido sich den Ball und lief ungehindert auf unser Tor zu, bis Ben ihn unsanft von hinten umriss. Schnaufend beugte er sich über den am Boden Liegenden und rief: » Xam – i ke ’a Lúrún hòán tì kàó’ao káísep ’a laísa, lóm Ilxáí, xápú kxaó, tsií! Háese ra! Xóés! Aróma! «
    Guido blickte ihn verwirrt an und vergaß, dass sein Kreuzband schmerzte.
    »Der Löwe ist der König aller Tiere, weil er sehr stark ist, mächtig in der Brust, schlank in seiner Taille, und weil er schnell läuft!«, übersetzte Ben flugs.
    Guido erhob sich und drohend seine linke Hand. »Du sablhaxater Mauldoktor, fahlts? Cazzata, goggilore, du Dottloff! Gandaloschtia! Huren in die Wend, du Gschtraun! Mi latzlin? Hosch du an Drahner? Muasi dr oan biagn, du Bolsch?«
    Bens Khoekhoegowab hatte nicht fremder geklungen als die Wutrede des Südtirolers. Trotzdem bekam Ben von unserem israelischen Schiedsrichter, einem in Tel Aviv geborenen Pantomimen und Chef von Jans Strandlokal, eine gelbe Karte. Er trug ein offizielles FIFA-Schiedsrichter-Outfit aus dem ORF-Fundus.
    »Wieso das denn?«, echauffierte sich der Lüderitzer. »Mann, wir Schwarzen müssen zusammenhalten!«
    Ben reichte Guido die Hand, um sich fair zu entschuldigen, und Guido
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