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Schwarzes Fieber

Schwarzes Fieber

Titel: Schwarzes Fieber
Autoren: Wolfgang Burger
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Ding gar nicht funktionierte oder Raimondo schneller war als ich?
    Also einatmen, aufspringen, meine Waffe über den Kopf heben, voranstürmen und zuschlagen. Und dann, endlich, atmen.
    Luft, was für ein Segen!
    Der Mann, dem ich mein Grillzubehör über den Kopf gezogen hatte, ging lautlos zu Boden und regte sich nicht mehr. Ich kickte den Revolver weg, der ihm aus der Hand gefallen war.
    »Madonna mia!«, kreischte irgendwo eine Frauenstimme. »Che disastro!«
    Wenigstens Sabina schien das Massaker überlebt zu haben.
    Die Sirenen, es waren zwei, kamen rasch näher. Ich ertastete eine Couch und sank darauf, immer noch in völliger Atemnot. Heute hatte ich meinen persönlichen Rekord im Luftanhalten bestimmt um mindestens eine Minute übertroffen.
    Die Sirenen verstummten ganz in der Nähe, Lichter kamen, aufgeregte Männerstimmen, dazwischen Sabinas Geschrei und Gezeter, die bunten Sternchen vor meinen Augen verblassten allmählich. Plötzlich wurde es hell.
    Eine schwere Hand legte sich auf meine Schulter.

29
    Rosanas Bruder lebte noch zwei Tage lang. Ich hatte ihm die Schädeldecke zertrümmert mit dem Schürhaken, der eigentlich neben den offenen Kamin gehörte und tatsächlich vor Tagen zum Grillen benutzt worden war.
    Giulio hingegen war tot, erschossen von Fahlenbergs italienischem Hausangestellten, und zwar mit einer Schrotflinte, wie ich vermutet hatte. Den wiederum hatte Raimondo Ribeiro zum Glück nicht richtig getroffen. Er überlebte mit knapper Not einen Kopfschuss.
    Doktor Fahlenberg schließlich fanden die Carabinieri in seinem Bett. Wie aufgebahrt und mit zwei kleinen Löchern sauber nebeneinander in der Stirn und einem dritten in der Brust, genau über dem Herzen. Ich sah seine Leiche, bevor sie abtransportiert wurde. Mit gefalteten Händen lag er auf dem Rücken. Als hätte er den Tod, seinen Mörder, erwartet. Mehr als das: willkommen geheißen.
    Natürlich gab es eine Menge Scherereien mit den Italienern. Ich wurde sogar vorübergehend festgenommen und erlebte am eigenen Leib, wie es sich anfühlt, Handschellen zu tragen. Die Deutsche Botschaft in Rom hatte viel zu telefonieren meinetwegen, aber am Ende wurde ich auf freien Fuß gesetzt und erhielt zudem die Erlaubnis, mit Raimondo Ribeiro zu sprechen.
    Vorher hatte ich jedoch noch eine schwere Pflicht zu erfüllen. Ich besuchte Julia Vinciguerra, die noch in der Nacht erfahren hatte, dass sie zur Witwe geworden war. Sie machte wortlos Kaffee, tischte Kuchen auf, setzte sich mir gegenüber an den Küchentisch und weigerte sich lange, irgendetwas zu sagen. Ihre Augen waren nicht verweint. Sie zählte zu den Menschen, die lautlos trauern. Am Ende kam dann doch so etwas wie ein Gespräch zustande.
    »Er ist ja selber schuld«, murmelte sie und legte plötzlich ihre kalte, kräftige Hand auf meine. »Er ist ja immer so gewesen. Keine Wand, wo er nicht mit seinem verdammten sardischen Dickschädel durchmusste.«
    Die Töchter waren auf dem Weg, um ihrer Mutter beizustehen. Alle. Ich blieb bis in den späten Abend bei Julia und machte mir Vorwürfe. Sie hingegen machte mir keine. Nicht ein Wort.
    Später schlief ich unruhig und mit wilden Träumen in demselben Zimmer, in dem ich die Nacht zuvor nicht verbracht hatte.
    Am nächsten Morgen machte ich mich auf den Weg nach Süden, nach Cagliari. Man hatte Raimondo Ribeiro am Morgen nach dem Überfall per Hubschrauber in eine der dortigen Kliniken gebracht.
    Unterwegs telefonierte ich die meiste Zeit. Sebastian Schlindwein hatte jetzt auch den versuchten Totschlag an Rosana gestanden. Klara Vangelis und Sven Balke hatten ihn mit neuen Erkenntnissen konfrontiert. Erstens hatte Schlindwein vor Jahren acht Monate seine Zelle in der JVA Bruchsal mit Jurij Woronin geteilt, dem ukrainischen Auftragsmörder. Außerdem war endlich klar, warum meine Leute in seinem Mercedes keinerlei Spuren von seinen Opfern gefunden hatten. Die Erklärung war so unvorstellbar einfach, dass keiner von uns darauf gekommen war. Ausgerechnet Runkel hatte schließlich die entscheidende Idee gehabt: Der Mercedes hatte zwar das richtige Kennzeichen und die richtige Farbe, aber es war nicht der richtige Wagen. Schlindwein hatte den alten fünf Tage nachdem er Rosana niedergeschlagen hatte, verkauft und sich einfach den identischen Typ wieder angeschafft und sich seine alte Nummer geben lassen.
    Als meine Leute Schlindwein mit diesen Tatsachen konfrontierten, gab er sein Leugnen auf, und wir erfuhren einen weiteren Teil der Geschichte.
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