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Schwarzes Fieber

Schwarzes Fieber

Titel: Schwarzes Fieber
Autoren: Wolfgang Burger
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nun wunderten, weshalb das Licht nicht funktionierte. Giulio rief etwas Unverständliches, um anzukündigen, dass sich außerhalb des Hauses Freunde befanden, erhielt jedoch keine Antwort.
    Geduckt und so lautlos, wie auf dem Kiesweg möglich, umrundeten wir die Villa. Giulio hielt seine Waffe mit beiden Händen, den Lauf nach oben gerichtet. Immerhin wusste er damit offenbar umzugehen.
    Vor der nicht ganz geschlossenen Terrassentür blieben wir stehen. Ich legte ihm von hinten die Hand auf die Schulter, um ihn zu bremsen. Er deutete mein Signal jedoch falsch, denn er ging noch ein wenig weiter in die Knie und schlich in Richtung Türspalt.
    In einer Nische lehnte etwas Dunkles, Schlankes. Irgendein Grillzubehör vielleicht, jedenfalls aus Metall und schwer genug, um es im Notfall zur Selbstverteidigung zu benutzen. Ich nahm es in die Hand und fühlte mich ein klein wenig besser. Merkwürdigerweise empfand ich keine Angst, als ich Giulio ins dunkle Haus folgte und mich im selben Augenblick einen Idioten schimpfte. Ich war nicht einmal nervös, obwohl sich irgendwo im Haus vermutlich ein Mörder aufhielt. Daneben allerdings auch drei Unschuldige, die gerade Kopf und Kragen riskierten. Von den Hausangestellten war im Moment nichts mehr zu hören. Hoffentlich hatten sie begriffen und sich gut versteckt.
    Lautlos fluchend tastete ich mich durch den großen, dunklen Raum, rief mir ins Gedächtnis, wo die Möbel gestanden hatten, stieß gegen einen Tisch, der hier nicht hingehörte, hörte ganz in der Nähe jemanden rascheln, Giulio, wie wir zur beiderseitigen Erleichterung feststellten. Dann fiel der nächste Schuss, viel lauter als zuvor, keine Handfeuerwaffe diesmal, das hatte eher nach Schrotflinte geklungen. Ich hatte das Mündungsfeuer gesehen, irgendwo dort hinten, wo ich den Durchgang zur Halle vermutete und es stockfinster war. Neben mir polterte etwas zu Boden. Giulio, verflucht, getroffen! Wir Narren hatten die Glasfront und das Mondlicht im Rücken, während der Schütze in absoluter Dunkelheit stand.
    Ich ließ mich einfach zur Seite fallen, und so ging der nächste Schuss über mich hinweg. Mit lautem Klirren zerplatzte die Terrassentür hinter mir in tausend Scherben. Ich rollte mich unter den Tisch, meine idiotische Grillwaffe an mich gepresst.
    Wenn ich doch nur irgendwie an Giulios Revolver gelangen könnte …
    Falls das, was eben so gekracht hatte, wirklich eine Flinte war, dann musste der Schütze jetzt nachladen. Ich hörte auch wirklich das Klicken des Verschlusses. Ein paar Sekunden blieben mir, ich robbte los, vernahm das Klappern leerer Papphülsen am Boden, also wirklich Schrot, Gott sei Dank. Wenn es nur nicht so verdammt dunkel gewesen wäre. Da lag Giulio und rührte sich nicht mehr. Mich um ihn zu kümmern, hatte ich jetzt nicht die Zeit. Und nicht weit weg lag etwas Kleines. Nur noch drei Schritte entfernt. Dann noch ein Meter, noch ein halber. Nur kein Geräusch machen jetzt. Nicht einmal atmen.
    Dann wieder ein Schuss, diesmal kurz und scharf, nicht diese Detonation der schweren Flinte. Ein Stöhnen, und ein zweiter Körper polterte zu Boden. Ich hörte das Scheppern der Flinte auf dem Fliesenboden, drüben, wo ich den Schützen vermutete, der Giulio getroffen hatte. Ich regte mich nicht mehr, hielt nun wirklich den Atem an.
    Schritte kamen in meine Richtung. Leise Schritte auf weichen Sohlen. Dann ein großer Schatten über mir. Würde er vorbeigehen? Nein, er blieb stehen. Der Atem des Mannes, Raimondo vermutlich, ging ganz ruhig. Für den war das hier offenbar kein Grund zu großer Aufregung. Gelassen fingerte er an seiner Waffe herum. Das Sirren einer Revolvertrommel, die jemand mit der flachen Hand dreht. Noch hatte er mich nicht entdeckt, obwohl er nur einen Meter neben mir stand.
    Das Brausen in meinen Ohren wurde stärker und stärker. Ich konnte die Luft nicht ewig anhalten. Wie lange würde ich es schaffen? Früher, in meiner Jugend, eine Minute und dreiundvierzig Sekunden, das wusste ich noch.
    Was man so denkt, wenn man sich eigentlich aufs Überleben konzentrieren sollte.
    In der Ferne, noch erschreckend weit weg, jaulte eine Sirene. Auch Raimondo Ribeiro hatte es gehört. Er schnaufte, Stoff raschelte, er steckte die Waffe ein und ging zwei Schritte in Richtung Terrassentür, und jetzt, endlich, konnte ich ihn wirklich sehen. Und dieses Mal war ich es, der die Dunkelheit auf meiner Seite hatte. Sollte ich versuchen, Giulios Revolver in die Hand zu bekommen? Was, wenn das alte
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