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Schwarzes Fieber

Schwarzes Fieber

Titel: Schwarzes Fieber
Autoren: Wolfgang Burger
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selbstverständlich träfe sie auch in diesem Fall keine Schuld an Manuels Tod. Sie hatte ja nicht gewusst, nicht wissen können, dass sie das Virus in sich trug.
    Aber das sagte sich natürlich leicht, wenn man nicht Rosana Ribeiro hieß.
     
    Am Tag darauf, einem Donnerstag, regnete es in Strömen. Ich hatte in einem miserablen Hotelzimmer miserabel geschlafen. Die ganze Nacht über war Krach gewesen. Im Nachbarzimmer hatte jemand geschnarcht, vor dem klapprigen Fenster waren tausend knatternde Motorräder unentwegt im Kreis gefahren, alle fünf Minuten hatte irgendwo im Haus eine Klospülung gerauscht. Irgendwann knallte sogar ein Schuss. Oder hatte ich das nur geträumt? Jedenfalls kam gegen Morgen, als ich endlich eingeschlafen war, die Müllabfuhr.
    Silvestro informierte mich telefonisch über Raimondos Tod und wollte wissen, ob es irgendwelche Angehörigen gab, die man benachrichtigen müsse. Ich sagte Ja und versprach, diese unangenehme Aufgabe zu übernehmen.
    Irgendwo auf der Autobahn quer durchs Innere der Insel rief Machatscheck an. Er hatte den Brandanschlag überlebt, war in der Nacht gar nicht zu Hause gewesen und klang nicht einmal übermäßig beeindruckt von dem, was ihm zugestoßen war.
    »Denen ging es ja nicht um mich«, meinte er fast heiter. »Denen ging es um mein Archiv.«
    »Aber das Ganze muss doch eine unvorstellbare Katastrophe für Sie sein.«
    »Ach was.« Er lachte gutmütig. »Die Bruchbude war zum Glück nur gemietet. Ich war sowieso dabei, mir etwas anderes zu suchen. Und wenn man so viel in der Welt herumgekommen ist und aus dem Koffer gelebt hat wie ich, dann hat man nicht viel, an dem das Herz hängt. Das Archiv, okay. Aber im Zeitalter des Internets schafft man Informationen nicht mehr dadurch aus der Welt, dass man ein Haus niederbrennt, mein Gott. Das ist alles eingescannt irgendwo auf der Welt auf irgendwelchen Servern abgelegt. Selbst wenn es den Dreckspatzen gelungen wäre, mich um die Ecke zu bringen, gäbe es Leute, die Zugang zu meinen Daten haben und sie zu nutzen wüssten.«
    »Sie klingen ja fast, als hätte man Ihnen einen Gefallen getan.«
    »Natürlich hat man das. Jetzt habe ich die Öffentlichkeit auf meiner Seite und alle Aufmerksamkeit und Glaubwürdigkeit, die ich mir wünschen kann. Morgen Abend sollten Sie unbedingt die Tagesschau einschalten.«
    »Ich nehme an, das ist nicht der einzige Grund für Ihren Anruf?«
    »Sie sind ja ein Fuchs, Herr Gerlach!«
    »Ein bisschen Psychologie gehört nun mal auch zu meinem Handwerk.«
    »Es geht um Ihren sauberen Doktor Fahlenberg. Ich habe da noch etwas in Erfahrung gebracht und dachte, es würde Sie vielleicht interessieren.«
    »Ich bin mir bis heute nicht sicher, ob er nun ein Verbrecher war oder nicht.«
    »Ich schon«, entgegnete Machatscheck trocken. »Diese Entsorgungsfirma, von der Fahlenberg die verseuchten Blutkonserven übernommen hat, hat ihm nämlich später eine saftige Rechnung gestellt.«
    »Eine Rechnung? Für Sondermüll?«
    »So ist es.«
    »Ich verstehe nicht, wozu eine Rechnung«, sagte ich. »Wozu sollte die gut sein?«
    »Es hat mich ungefähr fünfhundert Euro Telefongebühren gekostet, die Zahlungsströme zu rekonstruieren. Das ziemlich triviale Ende vom Lied ist: Fahlenberg, beziehungsweise seine Firma, hat seine großzügige Blutspende von der Steuer abgesetzt. Summa summarum dürfte er einen Schnitt von dreihunderttausend D-Mark gemacht haben.«
    »Seine Frau war für die Finanzen zuständig«, sagte ich lahm.
    »Sie glauben doch nicht im Ernst, er hat nichts davon gewusst?«
    Ich wollte es gerne glauben.
    Es piepste, das Gespräch brach ab, und fast im selben Augenblick gingen Licht, Motor und Scheibenwischer des Alfa aus. Zum Glück war die Straße gerade ein wenig abschüssig, sodass ich bis zur nächsten Parkbucht rollen konnte.
    Es dauerte eine Ewigkeit, bis der Wagen in der nächsten Werkstatt stand, wo man nach langem Hin und Her feststellte, dass es irgendwie an der Elektronik lag, vielleicht wegen des vielen Regens, und dass man leider Gottes im Moment nichts machen konnte. Es dauerte weitere sechs Stunden, inzwischen war tiefe Nacht und wieder einmal eine Fähre ohne mich unterwegs, bis ein Ersatzfahrzeug aus Olbia kam. Ein winziger Fiat diesmal, dessen Elektronik sich hoffentlich aufs Wesentliche beschränkte. Ich übernachtete später irgendwo am Rand der Autobahn im Wagen, während der Regen unentwegt auf das Dach trommelte und eine endlose Kette von Lkws an mir vorbeirauschte,
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