Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwanenlied: Der fünfte Fall für Katrin Sandmann (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Schwanenlied: Der fünfte Fall für Katrin Sandmann (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Schwanenlied: Der fünfte Fall für Katrin Sandmann (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Autoren: Sabine Klewe
Vom Netzwerk:
auf dem Abzug, der Lauf des Gewehrs steckte in Herrmanns’ Mund.
    »Noch einen Schritt, und ich drücke ab.« Trotz des Laufs in seinem Mund waren die Worte klar und deutlich zu verstehen.
    Katrin hob die Hände. »Alles in Ordnung, Herr Herrmanns. Wir bleiben hier stehen und kommen nicht näher.«
    »Ich bringe mich um. Sobald das Licht verlöscht, drücke ich ab.«
    Katrin blickte zu der Taschenlampe, deren Licht von Minute zu Minute schwächer zu werden schien. »Bitte tun Sie nichts Unüberlegtes, Herr Herrmanns. Legen Sie das Gewehr weg, bitte, dann können wir uns besser unterhalten.«
    »Nein! Bleiben Sie weg!«
    »Ich möchte doch nur mit Ihnen reden, Herr Herrmanns. Darf ich mich zu Ihnen setzen?«
    Er wirkte unentschlossen, sah erst zu Anna Henk und dann wieder zu Katrin.
    »Ich komme jetzt rein«, sagte Katrin. »Okay?« Sie trat näher und ging in die Hocke.
    Herrmanns beäugte sie argwöhnisch, doch er ließ sie gewähren.
    »Rosemary Alcott geht es gut«, sagte Katrin. »Sie ist aus dem Koma erwacht.«
    Herrmanns sagte nichts, doch seine Augen verrieten, dass er aufmerksam zuhörte.
    »Bitte legen Sie die Waffe weg, Herr Herrmanns«, wiederholte Katrin. »Dann können wir besser miteinander sprechen.«
    Unvermittelt riss Herrmanns das Gewehr aus dem Mund und richtete den Lauf auf Katrin. Sie hörte, wie Manfred sich hinter ihr bewegte, und hob die Hand ein Stück, um ihn aufzuhalten. Sie sah Herrmanns in die Augen, ihr Herz hämmerte wild, der Schweiß brach ihr aus, doch sie versuchte, äußerlich ruhig zu bleiben. »Nein«, sagte sie leise, »Sie wollen es doch nicht noch schlimmer machen. Bisher ist alles glimpflich verlaufen. Rosemary wird wieder gesund. Anna Henk ist wohlauf.« Sie warf der alten Frau einen Blick zu, die mit weit aufgerissenen Augen das Geschehen verfolgte. »Und auch ansonsten ist niemand ernsthaft zu Schaden gekommen. Jetzt liegt es an Ihnen. Bitte.« Sie streckte die Hand aus, ganz langsam, um ihn nicht zu erschrecken.
    Klaus Herrmanns starrte sie an, dann ließ er unvermittelt den Kopf sinken und warf das Gewehr weg. Er schlug die Hände vor das Gesicht und begann hemmungslos zu schluchzen.
    Mit einem Hechtsprung stürzte Manfred sich auf die Waffe. Katrin lief zu Anna und löste erst den Knebel und dann die Fesseln. Auch die alte Frau weinte nun.
    Katrin drehte sich zu Manfred um. »Ich gehe mit Anna nach draußen. Ich denke, es ist besser, wenn wir im Wald auf die Polizei warten, sonst kommen nachher noch ein paar übereifrige Kerle vom SEK hier reingestürzt und spielen Rambo.«
    »Wir kommen mit.« Manfred packte Klaus Herrmanns am Arm. »Auf geht’s. Wir werden erwartet.« Der Mann ließ sich widerstandslos hinausführen.
    Katrin und Anna gingen voran. Katrin half der alten Frau durch den Spalt und führte sie dann behutsam zurück zum Waldrand. Hinter sich hörte Katrin die beiden Männer. Klaus hatte aufgehört zu schluchzen, er wimmerte nur noch leise vor sich hin. Katrin schwankte zwischen Verachtung und Mitleid. Sie hatte das ungute Gefühl, dass es dem Mann nur um sein eigenes verpfuschtes Leben leidtat, aber nicht um seine Opfer. Was für ein Feigling.

20
    Montag, 21. Mai

    Es regnete noch immer in Strömen. Die frühsommerliche Wärme hatte sich bis auf weiteres verzogen, und ein kalter Wind blies dicke Tropfen gegen die Scheiben. Katrin, Manfred, May, Rosemary und Petra Klamm, die extra aus Münster angereist war, hatten es sich in der Cafeteria des Krankenhauses an einem Tisch am Fenster bequem gemacht.
    Rose saß im Rollstuhl, sie sah blass und müde aus, doch ihre Augen glänzten. »Ich bin so froh, dass wir endlich Gewissheit haben, und dass unser Vater und unsere Schwester nun anständig beerdigt werden können.«
    »Ja, das bin ich auch«, stimmte May ihr zu und nahm einen Schluck aus ihrer Kaffeetasse.
    »Ich finde es schade, dass die Gewissheit so traurig ist«, sagte Katrin. »Ich hätte mich gefreut, wenn wenigstens einer von beiden noch leben würde.«
    May hob die Schultern. »Ich hatte nicht damit gerechnet. Nicht nach all den Jahren.«
    »Immerhin haben wir auch etwas ganz Wunderbares hinzugewonnen«, sagte Rose. »Eine Familie!« Sie blickte in die Runde. »Ich weiß, dass wir alle, die wir hier um den Tisch sitzen, zwar nicht blutsverwandt sind – bis auf May und mich natürlich. Aber irgendwie gehören wir doch alle zu einer Familie, oder? Ich zumindest empfinde es so.«
    Petra nickte so heftig, dass ihre roten Locken um ihren Kopf flogen.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher