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Schwanenlied: Der fünfte Fall für Katrin Sandmann (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Schwanenlied: Der fünfte Fall für Katrin Sandmann (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Schwanenlied: Der fünfte Fall für Katrin Sandmann (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Autoren: Sabine Klewe
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genau, wann sie aufgehoben wurde, doch Ende der vierziger Jahre bestand sie auf jeden Fall noch. Sie hätten gar nicht heiraten dürfen.«
    »Wie bescheuert!« Katrin blickte Manfred an. »Ich glaube, was du da in der Hand hältst, ist der allererste Brief. Liest du ihn mir vor?«
    Gemeinsam studierten sie jedes einzelne Schreiben, insgesamt waren es über dreißig Briefe, die einen Zeitraum von knapp vier Jahren abdeckten. Aus Angelikas letztem Brief ging hervor, dass es sich um eine Art Abschied handelte. David war offenbar im Begriff zu heiraten, und er wollte seine Verlobte nicht damit verletzen, dass er mit einer anderen Frau korrespondierte. Vielleicht wollte er auch einfach nicht mehr ständig an die Vergangenheit erinnert werden.
    Als sie alle Briefe gelesen hatten, blieben sie eine Weile stumm auf dem Wagen sitzen.
    »Der Autounfall«, sagte Katrin schließlich, »den Ernst Klamm mit seinen Kindern hatte, nachdem sie hier in der Eifel gewesen waren. Er geht mir nicht aus dem Kopf.«
    »Daran musste ich auch gerade denken«, sagte Manfred.
    »Ich glaube, dass Marius Grauweiler den dreien an dem Tag die Wahrheit erzählt hat«, fuhr Katrin fort. »Er dachte doch, dass er im Sterben läge. Das hat deine Mutter jedenfalls gesagt. Ich nehme an, er wollte reinen Tisch machen.«
    Manfred nickte nachdenklich. »Vielleicht wollte er sicherstellen, dass niemand nach seinem Tod wegen der Mumie Ärger bekommt.«
    »Aber Ernst Klamm und seine Kinder sind mit der Neuigkeit nicht klargekommen.«
    »Vielleicht haben sie sich auf der Heimfahrt gestritten. Die Kinder wollten ihre große Schwester anständig beerdigen, der Vater wollte nichts davon hören.« Manfred zuckte mit den Schultern. »Oder umgekehrt. Wer weiß. Jedenfalls ging es im Wagen hoch her. Ernst war abgelenkt, ist von der Fahrbahn abgekommen. So etwas in der Art.« Manfred überlegte. »Zumindest muss Onkel Marius angenommen haben, dass es sich so zugetragen hat, denn er fühlte sich schuldig an dem Unfall.«
    »Und er hat nie wieder versucht, mit jemandem über das Mädchen zu reden«, ergänzte Katrin. »Was für eine traurige Geschichte.«
    »Und alles nur, weil jeder vor jedem Geheimnisse hatte. Weil die Menschen einander nicht vertraut haben.« Manfred biss sich auf die Lippe.
    »Manchmal ist die Angst, alles zu verlieren, wenn man die Wahrheit sagt, einfach zu groß«, sagte Katrin.
    Manfred lehnte sich gegen die Bank des Leiterwagens und schloss die Augen. Eine Erinnerung stieg in ihm auf, eine Erinnerung, die ebenfalls mit Vertrauen zu tun hatte. Er spürte plötzlich das übermächtige Bedürfnis, diese Erinnerung mit Katrin zu teilen. »Möchtest du wissen, weshalb ich mir geschworen habe, mein Elternhaus nie wieder zu betreten?«, fragte er mit belegter Stimme.
    Überrascht sah Katrin ihn an. »Ich dachte, das wäre gewesen, weil dein Vater so streng und ungerecht war.«
    »Ja, das stimmt.« Manfred beobachtete eine Spinne, die sich langsam an einem Faden auf sein Knie hinabsenkte. »Aber es gab auch einen konkreten Anlass.«
    »Was ist passiert?«
    »Als ich in der Oberstufe war, habe ich mich ziemlich stark politisch engagiert. Ich tat es aus Überzeugung, aber auch aus Widerstand gegen meinen Vater. Er war streng katholisch und konservativ bis in die Haarspitzen. Alles Linke war ihm suspekt.« Die Spinne hatte Manfreds Knie erreicht, sie krabbelte über sein Hosenbein auf den Wagen und huschte davon. »Also pflasterte ich mein Zimmer mit Anti-Establishment-Postern und kommunistischen Parolen und ging auf jede Demo, die mir das Engagement wert schien. Ich war bereits achtzehn, und mein Vater konnte es mir nicht verbieten: Er sagte nichts dazu, strafte mich mit Missachtung, doch ich wusste, dass er innerlich kochte. Dass er dem Konflikt mit mir aus dem Weg ging, machte mich wütend. Ich wollte mich mit ihm streiten, ihm seine Verlogenheit an den Kopf werfen. Na ja, so habe ich meiner Wut auf andere Weise Luft gemacht, und ich gebe zu, dass ich dabei ein wenig über die Stränge geschlagen habe. Ich habe einige Sachen mitgemacht, für die ich mich heute schäme, habe Polizisten attackiert und Steine geworfen.« Er schaute zu Katrin, die ihn mit großen Augen ansah.
    »Davon hast du mir nie was erzählt.«
    »Ich bin nicht gerade stolz auf das, was ich damals getan habe. Ich wollte einfach nicht mehr daran denken. Es waren auch nur ein paar Monate, in denen ich es so wild getrieben habe. Eines Tages kam ich nach Hause, und vor der Tür standen zwei
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