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0838 - Welt ohne Himmel

0838 - Welt ohne Himmel

Titel: 0838 - Welt ohne Himmel
Autoren: Volker Krämer
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Die linke Hälfte der Visage des Killers war eine einzige Brandwunde. Das rechte Auge fehlte, und eine scheinbar pulsierende Narbe zog sich quer von der leeren Augenhöhle bis hinunter zum Kinn.
    Es waren viele Zeiteinheiten vergangen, seit Gahbur diese Verunstaltungen erlitten hatte. Mehr noch - er war damals nur knapp mit dem Leben davongekommen. Ein Schönling war er nie gewesen, denn seine tief in ihm verwurzelte Brutalität hatte sich schon immer in seinem Gesicht wiedergespiegelt. Seither jedoch war er ein Monster, vor dem Kinder schreiend fortliefen, Frauen angewidert die Augen schlossen.
    Und all das verdankte er diesem Kümmerling, den er nun endlich vor seine Klinge bekommen hatte. Nun durfte er seinem Hass freien Lauf lassen. Warum man ihn so lange daran gehindert hatte, hatte Gahbur nie verstehen können. Der Zwerg schien für bestimmte Personen wichtig zu sein. Und diese Personen besaßen Macht, auch über Gahbur.
    Gahbur machte nie viele Worte. Ein Grund dafür waren die Schmerzen, die jedes Wort, jeden Laut für ihn zu einer Qual machten. Die Narbe zog sich quer über seinen Mund… und sie war nie ganz verheilt, war nach wie vor eine quälende Wunde. Warum hätte er auch reden sollen? Er war ein Mörder - man sagte ihm, wen er zu eliminieren hatte. Da gab es nichts zu besprechen.
    In diesem Fall erst recht nicht.
    Dennoch… Gahburs Hass auf den Mickrigen war so abgrundtief. Er wollte sein Glück hinausschreien, bevor er sein Opfer in Fetzen schnitt. Quälend langsam nur wollte seine Stimme den Gefühlen gehorchen. Viel zu langsam. Denn so gab er seinem Opfer die ungewollte Chance, die es nie bekommen sollte!
    Doch dieses Opfer wollte keines sein.
    Hobbler legte all seine verbliebene Kraft in diese eine Aktion.
    Er wusste, dass er gut und hart treffen musste, denn eine zweite Chance würde der Killer ihm nicht geben. Mit den Ellbogen stieß er sich nach hinten weg, damit sein rechter Fuß in etwa die richtige Position erreichen konnte.
    Er dankte der Vorsehung - an die er im Grunde nie geglaubt hatte. Vielleicht gab es sie ja doch, denn ausgerechnet heute hatte er nicht daran gedacht, die doch reichlich harten Marschschuhe auszuziehen. Er trug sie sonst nur bei seinen langen Erkundungen, die er heimlich durchführte. An diesem Tag war er viel zu spät von einem dieser Ausflüge zurückgekehrt. Und um nicht noch mehr als üblich aufzufallen, hatte er in aller Eile nur seine graue Kutte übergeworfen, ehe er hierher gekommen war. Die Eile zahlte sich nun aus.
    Hobbler kannte Gahbur lange genug… Er wusste, wie der gedungene Killer gestrickt war, wie er sich schützte, wo seine Schwachstellen zu finden waren. Unter der Kutte trug Gahbur an bestimmten Körperstellen eine Art Panzerung, die er sich selbst zusammengebaut hatte. Schultern, Brust, Oberschenkel - die bei einem Angriff dem Gegner offen zugewandten Körperteile waren durch Hartplast-Platten abgesichert. Doch seine Bewegungsfreiheit wollte Gahbur sich dadurch natürlich in keiner Weise einschränken lassen.
    Also waren seine Hüften vollkommen ungesichert… und alles, was es sonst noch so in diesem Bereich gab. Schon einmal hatte Hobbler Gahbur besiegt, doch jetzt konnte es dazu kaum ein zweites Mal reichen. Er konnte im besten aller Fälle sein Leben retten, oder doch zumindest das Ende ein wenig herauszögern.
    Hobblers Tritt kam so knallhart in sein Ziel, traf so exakt und effektiv, wie Hobbler es nicht zu wagen gehofft hatte. Seine Chance - er bekam sie!
    Aus Gahburs Mund kam kein einziger Laut, als er wie eine gefällte Säule nach vorn kippte, direkt auf Hobbler zu. Und der rollte sich flink zur Seite, wurde nur von Gahburs Speichel im Gesicht erwischt, der unkontrolliert zwischen den gespaltenen Lippen des Mörders entwich.
    Für Ekel war jetzt sicher nicht die richtige Zeit.
    Mit Mühe nur rappelte sich Hobbler auf, denn sein linkes Bein schmerzte noch immer höllisch. Der Schlag gegen das Knie hatte die ohnehin immer präsenten Schmerzen vervielfacht. Hinkend und humpelnd hetzte der magere Krüppel los. Niemand hielt ihn auf, die grölende Masse bildete sogar eine Gasse für ihn. Immerhin hatte er für Abwechslung gesorgt - und die war bestimmt noch nicht beendet, denn Gahbur hatte einen Auftrag. Und Aufträge erfüllte der Mörder immer! Bis zum Ende, darauf konnte man seine Nahrung verwetten.
    Niemand hier wusste das besser als Hobbler, die Jagdbeute des Killers…
    ***
    Die Welt bestand aus Gängen, Nischen, Treppen und Leitern -
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