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König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)

König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)

Titel: König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)
Autoren: Peter Conrad
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Preludium
     
    Irgendwo außerhalb unseres sichtbaren Universums gibt es einen Ort, der nur aus Energie besteht. Helle Lichter fliegen dort durch die unermesslichen leuchtenden Weiten, sie tanzen mit der Unendlichkeit und lachen über die Zeit, denn der Tod kann ihnen nichts anhaben. Oft finden sie sich zu großen Schwärmen zusammen, die wie auf ein geheimes Signal hin alle einem einzigen Punkt zustreben. Sie tanzen umeinander herum, wirbeln und strudeln, bilden Muster und versuchen einander zu überholen, um als erste das gemeinsame Ziel zu erreichen. An diesem Ort des ewigen Lichts wohnt Gott.
    Dort gibt es nichts Böses, denn das Böse braucht die Dunkelheit, in der es sich vor sich selbst verstecken kann, einen Ort, an dem es sich selbst nicht sehen muss und an dem es seine eigenen Unzulänglichkeiten ertragen kann.
    Lange bevor Gott das sichtbare Universum schuf, erdachte er die Engel, die an seiner Seite im Himmel wohnen sollten. Er formte sie aus dem ewigen Feuer, auf dass sie ebenso wie er aus reinem Licht bestünden, er gab ihnen Flügel, auf dass sie durch die Himmel ziehen könnten und er schenkte ihnen Seelen, damit sie der Liebe fähig seien. Denn Gott ist Liebe und auf diese Weise sollten die Engel ihren Herrn verstehen können.
    Gott betrachtete sein Werk und er sah nichts daran, was nicht vollkommen gewesen wäre. Doch Gott wusste auch, dass die Engel an seiner Seite zwar ohne Makel waren, aber kaum noch zu übertreffen wären. So sann er darüber nach, wie er ein Wesen erschaffen könnte, das noch beeindruckender, noch großartiger sein könnte – ein Wesen, das ihm noch mehr gliche als die Engel es taten. Und schließlich erdachte er den Menschen, der die vollkommene Krone seiner Schöpfung sein sollte.
    Gott gab diesem Wesen eine Seele, die sich von allem unterschied, was er bislang für die Lebewesen seiner Schöpfung geschaffen hatte. Die Seele des Menschen sollte zwischen Gut und Böse unterscheiden können, aber mehr noch sollte sie sich selbst entscheiden können, welcher Seite sie sich zuwenden wollte. Dies war das Geschenk, das der Allmächtige seinem neuen Geschöpf mit auf den Weg gab – Unabhängigkeit von seinem Schöpfer.
    Damit sich der Mensch aber auch wirklich vollkommen frei entscheiden könne, ließ er ihn nicht bei sich im Himmel wohnen. Er schuf ihm eine sonderbare Welt, die aus Materie bestand, ein Universum mit eigenen Regeln, die gänzlich durch die Physik bestimmt wurden. Wundersame Tiere und Pflanzen lebten dort, einige schön, nützlich und heilbringend, andere giftig, bösartig und voll Verderben. Gut und Böse leben in dieser Welt aufs engste nebeneinander her, in einem fragilen Gleichgewicht, das sich oft zur einen Seite, dann wieder zur anderen zu neigen scheint. Es war wahrhaftig eine überaus schöne und großartige Welt, die Gott für den Menschen ersann. Doch gab es eines, was dieser Schöpfung fehlte – und das war Gott selbst.
    Da das Böse gegen Gottes Macht nie würde bestehen können, aber eine freie Entscheidung zwischen Gut und Böse dem Menschen nur möglich wäre, wenn er nicht von einer der beiden Seiten zu stark beeinflusst würde, beschloss Gott, dieses sichtbare Universum nicht mehr zu betreten…

Der Tischlersohn
     
    Jeshua ging den schmalen Hügelpfad oberhalb seines Dorfes entlang. Er kannte hier jeden Stein, jeden Baum und Strauch. Das Zirpen der Heuschrecken war ihm ebenso vertraut, wie das sanfte Rauschen des Windes in den kleinen knorrigen Olivenbäumen unterhalb seines Weges und der Ruf des Falken hoch über seinem Kopf.
    Er blieb einen Augenblick lang stehen und atmete tief ein. Die warme drückende Luft roch nach trockenem Gras und den dürstenden Pflanzen der umliegenden Felder. Er liebte diesen Ort mehr als alles andere auf dieser Welt. Er liebte die Menschen dieses Landes, die Gerüche, die Farben, die Geräusche. Es würde schwer sein, von hier fortzugehen. Hier fühlte er sich zu Hause, sicher und wohlbehütet. Dort unten lag das Dorf, seine Heimat. Die kleinen weiß gestrichenen Häuser Nazareths schienen durch die flirrende heiße Sommerluft in weiter Ferne zu liegen, obgleich Jeshua in wenigen Minuten dort sein würde.
    Gerade eben trat eine kleine Gestalt aus jenem Haus, welches er als sein Vaterhaus erkannte. Mirjam, seine Mutter, ging hinüber in den Ziegenstall um die Tiere zu füttern. Jeshua lächelte. Er würde sein Heimatdorf vermissen, mehr noch aber seine Familie. Und dennoch durfte er nicht länger warten. Jetzt war
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