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Schwanenlied: Der fünfte Fall für Katrin Sandmann (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Schwanenlied: Der fünfte Fall für Katrin Sandmann (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Schwanenlied: Der fünfte Fall für Katrin Sandmann (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Autoren: Sabine Klewe
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Herrmanns, ein netter Junge. Er sah zu ihnen herüber, Anna meinte sogar zu erkennen, dass er die Hand zum Gruß hob.
    Der Traktor rumpelte über eine Unebenheit, und Anna musste sich an der Stützstange festkrallen, um nicht hinunterzufallen. Wieder sah sie Roswitha aus dem Wald kommen, die Arme vor der Brust verschränkt. Eine andere Erinnerung schob sich über das Bild: Roswitha beim Dorffest in einem viel zu kurzen Rock, wie sie Karl schöne Augen machte. Richtig an den Hals geworfen hatte sie sich ihm und immer wieder mit ihm getanzt. Die Bilder verschwammen vor Annas Augen. Roswitha mit dem kurzen Rock auf dem Dorffest. Die Blicke, die Karl ihr zuwarf. Roswitha, die mit abgehackten Schritten aus dem Wald gerannt kam. Karl mit der Schramme über der Augenbraue. Karl, der ins Bad ging und sich umzog, bevor er nach Blankenheim fuhr. Roswitha und Karl.
    Anna schnappte nach Luft. »Du hast dich mit dem Flittchen im Wald getroffen!«, schrie sie.
    Karl zuckte zusammen. »Du spinnst! Ich habe keine Ahnung, wovon du redest.« Sie las ihm die Worte von den Lippen ab, er sprach leise, und das Dreschwerk dröhnte.
    Unbändige, alles verschlingende Wut übermannte Anna. Wie konnte er ihr das antun, gerade jetzt, wo sie sein Kind unter dem Herzen trug. Sie drosch mit den Fäusten auf ihn ein. »Gib es zu! Du hast Roswitha im Wald getroffen. Ich habe sie gesehen.«
    Karl antwortete nicht. Er starrte auf das Feld vor ihm, als hinge sein Leben davon ab.
    »Gib es zu!«, schrie sie wieder.
    »Verdammt ja!«, brüllte er. »Wenn du es unbedingt wissen musst, ja, ich habe Roswitha im Wald getroffen. Ich wollte das nicht, aber sie hat sich mir an den Hals geschmissen. Du hast doch selbst gesehen, was sie für eine ist.«
    Anna war fassungslos, sein Geständnis machte es noch schrecklicher, noch unerträglicher. Sie holte aus, versetzte ihm einen wütenden Stoß. Im gleichen Augenblick richtete er sich im Sitz auf und drehte den Oberkörper nach hinten, weil im Dreschwerk etwas knirschte. Ihr Stoß war gar nicht besonders fest, aber er erwischte Karl im falschen Moment. Er verlor den Halt. Alles geschah ganz langsam. Anna schaute wie gelähmt zu, sah, wie sein Oberkörper in der Schwebe hing und dann hinabsank. Dann war er weg. Sie hörte nur noch seinen Schrei, sonst nichts mehr.

18
    »Halt!«, schrie einer der Arbeiter und gab mit der Hand ein Zeichen. Männer in Schutzanzügen rannten zu ihm und halfen, die letzten Trümmerteile aus dem Loch zu bergen, das der Hydraulikhammer geschlagen hatte.
    Katrin näherte sich der Absperrung und lugte in das Chaos aus Betonstücken, Erde und Schutt. Selbst auf die Entfernung konnte sie die bleichen Knochen ausmachen, die sterblichen Überreste von David Freeman, die seine Mörder 1974 in der Sickergrube hinter dem Mäderschen Anwesen versenkt hatten. Die Grube wurde seit Jahrzehnten nicht mehr benutzt, das Dorf war kurz nach dem Mord an die Kanalisation angeschlossen worden, und so hatte Freeman all die Jahre unbemerkt unter der Betonplatte geruht.
    Katrin wandte sich ab und trat zurück zu Manfred. »Wie schrecklich«, sagte sie leise.
    »Ein Mann musste sterben, weil diese Roswitha zu feige war zuzugeben, mit wem sie sich tatsächlich im Wald getroffen hatte.« Manfred warf der blonden Frau, die verloren an der Hauswand stand und eine Zigarette nach der anderen rauchte, einen verächtlichen Blick zu. »Eigentlich hätte sie ebenfalls verhaftet werden müssen.«
    Die Kripobeamten aus Bonn hatten Dieter Mäder und Thomas Pütz festgenommen. Es war jedoch fraglich, ob sie für das feige Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden würden, da sie zum Zeitpunkt der Tat noch unter das Jugendstrafrecht fielen. Nachdem Michael Breitner den beiden eröffnet hatte, dass Roswitha alles erzählt hatte, waren sie zusammengebrochen und hatten ein Geständnis abgelegt. Demnach hatten sie David Freeman vor dem Grauweilerhof aufgelauert und ihn unter einem Vorwand in den Wald gelockt. Dort hatten sie den Mann, der vehement abstritt, Roswitha auch nur angefasst zu haben, mit Schlägen traktiert. Als er wimmernd am Boden lag, hatten sie nicht aufgehört, sondern so lang auf ihn eingetreten, bis er sich nicht mehr rührte. Sie hatten beratschlagt und schließlich beschlossen, die Leiche in der Sickergrube verschwinden zu lassen. Alles ging einfacher, als sie gedacht hatten. Anfangs hatten sie schreckliche Angst gehabt, jemand könne ihnen auf die Schliche kommen, doch im Lauf der Jahre hatten sie die Tat
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