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Schwanenlied: Der fünfte Fall für Katrin Sandmann (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Schwanenlied: Der fünfte Fall für Katrin Sandmann (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Schwanenlied: Der fünfte Fall für Katrin Sandmann (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Autoren: Sabine Klewe
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von Thomas Pütz. Mein Name ist Roswitha Pütz. Ich bin hier in Kestenbach aufgewachsen, in dem Haus da drüben am Hang.« Sie machte eine vage Bewegung mit dem Arm. »Damals hieß ich natürlich noch nicht Pütz, sondern Krüger, Roswitha Krüger. Aber das wissen Sie sicher alles längst.« Ihre Stimme klang monoton, als wäre sie keine Frau aus Fleisch und Blut, sondern eine Gestalt aus einem Science-Fiction Kinofilm, ein Cyborg vielleicht.
    Katrin ließ sich nicht anmerken, dass diese Information neu für sie war. Sie nickte auffordernd. »Bitte helfen Sie uns zu verhindern, dass weitere Menschen zu Schaden kommen!«
    »Sie appellieren an mein Mitgefühl?« Die Frau lachte bitter auf. »Ich fürchte, dafür ist es zu spät. Vierzig Jahre zu spät, um genau zu sein. Aber ich werde mein Schweigen brechen. Ich bin gekommen, um endlich reinen Tisch zu machen. Ich weiß zwar nicht so genau, was Sie mit der ganzen Sache zu tun haben, aber was ich zu sagen habe, kann ich genauso gut Ihnen erzählen wie irgendjemand anderem.« Sie strich eine Haarsträhne hinter das Ohr. »Aber seien Sie gewarnt. Es ist eine ziemlich hässliche Geschichte.«

    *

    Ein einziger Blick hatte genügt, und Manfred hatte sich diskret verzogen. Katrin war ihm dankbar dafür. Auch wenn Roswitha Pütz nicht ausdrücklich um ein Gespräch unter vier Augen gebeten hatte, war Katrin überzeugt, dass sie mehr erfahren würde, wenn sie allein mit der Frau sprach. Sie hatten sich auf die Eingangsstufe vor dem Haus gesetzt, und Katrin hoffte, dass niemand vorzeitig auftauchen und sie unterbrechen würde. Immerhin hatte Manfred angedeutet, dass er sich um Micha kümmern würde, sobald dieser eintraf.
    Katrin räusperte sich. »1974 müssen Sie noch sehr jung gewesen sein«, begann sie vorsichtig.
    Die Frau warf ihr einen raschen Blick zu. »Alt genug«, erwiderte sie. »Alt genug, um zu wissen, was ich tat.« Sie fummelte ein Päckchen Zigaretten aus der Handtasche und zündete sich eine an. Stumm hielt sie Katrin das Päckchen hin, und als diese abwinkte, steckte sie es zurück in die Tasche.
    Katrin wartete, während die Frau schweigend ein paar Züge nahm.
    »Ich war siebzehn«, sagte Roswitha schließlich. »Siebzehn Jahre alt und total verknallt in einen verheirateten Mann. Wir trafen uns heimlich im Wald, so oft es ging. Erst war alles ganz harmlos, wir hielten Händchen, küssten uns, und ich dachte – ich bildete mir ein, er würde seine Frau verlassen, sobald ich ihm meine Liebe bewiesen hatte.« Roswitha drückte die Zigarette aus. »An jenem Tag sollte es passieren. Ich war fest entschlossen, mich ihm hinzugeben. Und er nahm das Angebot an.« Sie verstummte.
    »Was geschah?«, fragte Katrin leise.
    »Es war anders, als ich gedacht hatte. Schmerzhafter. Härter. Es war nicht schön.«
    »Hat er Sie vergewaltigt?«
    Sie hob die Schultern, zündete sich eine neue Zigarette an. »Wenn heute ein Mädchen zu mir in die Praxis käme und mir die Geschichte erzählen würde, würde ich ihr sagen, dass es eine Vergewaltigung war. Aber damals …« Sie nahm ein paar gierige Züge. »Ich habe es ja schließlich gewollt, ihn regelrecht dazu genötigt.«
    »Sie sind Ärztin?«, fragte Katrin. Es fiel ihr schwer, ihre Überraschung zu verbergen.
    »Gynäkologin.« Roswitha Pütz lächelte ironisch. »Das ist die Strafe, die ich mir selbst auferlegt habe.«
    »Strafe? Sie haben doch nichts Schlimmes getan.«
    »Meine Geschichte ist noch nicht zu Ende.« Die Ärztin nahm einen letzten Zug und drückte die halb gerauchte Zigarette auf der Stufe aus. »Als ich aus dem Wald kam, damals, nachdem es passiert war, war ich völlig durcheinander. Ich fühlte mich verletzt, beschmutzt. Ich blutete. Meine Bluse war zerrissen. Irgendwo traf ich auf die drei Jungen. Tom, mein jetziger Mann, Dieter und Klaus. Sie sahen sofort, was los war. Und sie wollten wissen, wer mir das angetan hatte. Natürlich wollte ich nicht, dass sie die Wahrheit erfuhren. Schließlich war ich offiziell mit Tom zusammen. Außerdem schämte ich mich. Irgendwer fragte, ob es der schwarze Mann gewesen sei, der im Dorf herumlungere, und ich sagte nicht nein. Ich dachte, einen Fremden zu beschuldigen, wäre die beste Lösung, denn ich nahm an, der Mann sei längst über alle Berge.« Sie schloss kurz die Augen. »War er aber nicht.« Sie senkte den Blick, fummelte erneut eine Zigarette aus der Packung, zündete sie aber nicht an. »Sie erwischten ihn am Waldrand, in der Nähe des Grauweilerhofs. Ich
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