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Schwanengesang – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

Schwanengesang – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

Titel: Schwanengesang – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)
Autoren: Edmund Crispin
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dabei war, seine Knöpfe und Träger zu richten; Joan sah, dass die Kleine schlank, hübsch und sehr jung war. »Alles in Ordnung mit Ihnen, mein Kind?«
    »J-ja, danke sehr«, stotterte Judith. »Ich … ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn Sie nicht vorbeigekommen wären. Ich … Er ist doch nicht …?«
    »Nein, nein«, beruhigte Joan sie. »Röchelt hörbar vor sich hin und ist quicklebendig. Sie gehen jetzt besser nach Hause.«
    »Ja. Ich … ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll.« Judith zögerte, dann fügte sie plötzlich hinzu: »Bitte … bitte erzählen Sie niemandem davon, ja? Ich möchte nicht, dass irgendjemand davon erfährt …«
    Joan runzelte leicht die Stirn. »Wenn es nicht zu spät dafür wäre, Ersatz zu finden, würde ich dafür sorgen, dass Edwin aus dem Ensemble fliegt.«
    »Nein, das dürfen Sie nicht.« Judith sprach mit überraschender Vehemenz. »Es würde mich zutiefst beschämen, wenn irgendwer wüsste …«
    Da sie in erster Linie eine praktisch denkende Frau war, verstand Joan zunächst nicht. »Beschämen? Aber Sie trifft doch keine Schuld, mein Kind. Wieso in aller Welt …?«
    »Es ist nur … ach, ich weiß auch nicht. Aber bitte … bitte , versprechen Sie es mir!« Joan zuckte mit den Schultern und lächelte. »Natürlich, wenn Sie es wünschen. Wo wohnen Sie? Wenn es nicht zu weit ist, begleite ich Sie nach Hause.«
    »Das ist furchtbar nett, aber machen Sie sich bitte keine Umstände …«
    »Unsinn«, sagte Joan. »Das mache ich doch gern. Ich habe noch eine halbe Stunde Zeit bis zum Abendessen.«
    Nur langsam gewann Judith ihre Selbstbeherrschung wieder. »Und was ist« – sie machte eine Kopfbewegung in Shorthouses Richtung – »mit ihm?«
    »Den lassen wir hier liegen«, antwortete Joan fröhlich. »Leider ist Edwin einer von den Menschen, die immer wieder auf die Füße fallen … Haben Sie Ihren Mantel? Dann aber los jetzt.«
    Auf dem Weg zu Judiths Zimmer in der Clarendon Street erfuhr Joan mehr über den Vorfall. Es schien, als habe Shorthouse seit Beginn der Proben immer wieder Annäherungsversuche gestartet; obwohl Judith ihn abstoßend fand, war sie von seinem Ruf als Sänger viel zu eingeschüchtert, um sich aktiv zu widersetzen. Darüber hinaus gab es da einen jungen Mann – ebenfalls ein Mitglied des Chores –, der sich Hoffnungen auf eine Karriere als Opernkomponist machte, und Judith hatte gedacht, dass Shorthouse ihm helfen oder mit gutem Rat zur Seite stehen könne.
    »Ich werde ihm einen guten Rat geben, meine Liebe«, sagte Joan. »Und Adam ebenfalls, ansonsten drohe ich ihm mit Exkommunikation. Aber was Hilfe angeht … nun ja, es gibt praktisch nur einen Weg, eine neue Oper auf die Bühne zu bringen, nämlich den, ein Multimillionär zu sein.«
    Auf dem Weg zurück zum »Mace and Sceptre« war sie ganz in Gedanken versunken. Ganz offensichtlich steuerte Edwin Shorthouse auf einen Schiffbruch zu, vor dem ihn nicht einmal seine Stimme oder sein künstlerischer Ruf bewahren konnten. Joan fand, es sei jammerschade, dass sie nicht kräftig nachhelfen konnte, indem sie die Ereignisse des Abends publik machte. Aber ein Versprechen war ein Versprechen. Dass sie am Ende gezwungen war, es dennoch zu brechen, war Tatsachen geschuldet, die nur sehr wenige Menschen voraussehen konnten.

Kapitel 4
    Dann begannen die Orchesterproben, und mit ihnen der Ärger.
    Adam seufzte hörbar auf, zog eine Packung Pfefferminzkaugummis aus der Tasche und steckte sich ein Stück davon langsam in den Mund. Sein Blick schweifte durch den Zuschauerraum und blieb schließlich bei John Barfield hängen, der sich in eine der vorderen Sitzreihen gelümmelt hatte und an einem Schinkensandwich kaute, von dem ihm Krümel auf die Anzugjacke fielen. Die schnellen, rhythmischen Bewegungen seines Kiefers übten eine unerklärliche Faszination aus. Adam starrte hinüber, bis Barfield plötzlich aufsah und seinen Blick erwiderte; dann wandte er sich betont würdevoll wieder dem Geschehen oben auf der Bühne zu.
    Oder vielmehr dem, was dort nicht geschah. »Es ist wirklich bemerkenswert«, dachte Adam, »dass Shorthouse selbst dann einen Grund für eine Beschwerde findet, wenn er nur still dasitzen und einen Monolog singen soll.« Der Grund für die momentane Unterbrechung war Adam zunächst entgangen, doch aus dem Wortgefecht, das sich nun entspann, war zu entnehmen, dass es etwas mit Tempo zu tun hatte. »Selbstverständlich unterwerfe ich mich Ihrer Ansicht vollkommen, Mr.
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