Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwanengesang – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

Schwanengesang – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

Titel: Schwanengesang – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)
Autoren: Edmund Crispin
Vom Netzwerk:
über Shorthouses plötzlichen Sinneswandel nach. Er dachte auch während der gesamten Rückfahrt nach Turnbridge Wells noch daran. Als er zu Hause angekommen war, berichtete er Elizabeth von den Geschehnissen des Abends.
    »Abschminkcreme?«, fragte Elizabeth entrüstet. »Er wollte doch nicht etwas den neuen Tiegel klauen, den ich für dich gekauft habe?«
    »Nein«, beruhigte Adam sie. »Den alten. Deiner steckte noch in meiner Manteltasche. Wie dem auch sei, in Zukunft werde ich meine Garderobe abschließen.«
    »Nun, dann hat diese lächerliche Angelegenheit jetzt ein Ende.«
    »Das nehme ich an. Aber weißt du, mein Liebling, ich traue diesem Mann trotzdem nicht über den Weg. Falls es ihm in den Kram passt, ist er doch glatt in der Lage, sich in einen regelrechten Tartuffe zu verwandeln. Ich bin mir sicher, dass er sogar über Leichen gehen würde.«
    Adam hatte unüberlegt gesprochen. Doch er sollte bald herausfinden, dass Edwin Shorthouse, was Leichen betraf, keineswegs ein Einzelfall war.

Kapitel 3
    An einem stürmischen, tristen Morgen Ende Januar reisten Adam und Elizabeth nach Oxford. Der Himmel war taubengrau und der Wind blies eiskalt. Aus Furcht davor, heiser zu werden, hatte Adam sich in dicke Schals gehüllt; glücklicherweise waren ihre Züge jedoch anständig geheizt. Vom Oxforder Hauptbahnhof nahmen sie ein Taxi zum »Mace and Sceptre«, wo sie Zimmer reserviert hatten. Adam stand herum und rauchte, während Elizabeth die Koffer auspackte und ihre Sachen in die Schränke einräumte. Später gingen sie hinunter in die Bar, wo sie zu ihrer großen Freude Joan Davis begegneten, die an einem der mit Glasplatten bedeckten Tische saß und an einem Martini nippte.
    Von ihr erfuhr Adam verschiedene Einzelheiten der Meistersinger- Produktion.
    Edwin Shorthouse sollte den Sachs singen; Walther und Eva waren natürlich Adam und Joan; Fritz Adelheim, ein junger Deutscher, hatte die Partie des David bekommen und John Barfield die des Kothner.
    »Und dieser Peacock, der Dirigent«, fragte Adam, »hast du den kennen gelernt?«
    »Ja, mein Lieber. Sehr jung, aber überaus charmant. Das hier ist seine erste große Chance, also musst du alles vergessen, was du unter Bruno und Tommy gemacht hast, und voll und ganz kooperieren.«
    »Ist er denn gut ?«
    »Das wird sich noch herausstellen. Aber ich glaube nicht, dass Levi ihn engagiert hätte, wenn es nicht so wäre. Levi hat ein untrügliches Gespür für Operndirigenten.«
    »Wer ist der Spielleiter?«
    »Daniel Rutherston.«
    »So melancholisch wie immer, da bin ich mir sicher. Und Karl inszeniert?«
    »Ja. Ist vor Freude darüber ganz aus dem Häuschen. Du weißt, was für ein fanatischer Wagnerianer er ist. Wenn ich so darüber nachdenke«, sagte Joan, »soll es mir ganz Recht sein, dass das Wagner-Verbot aufgehoben wurde, jetzt wo der Krieg vorüber ist … Wieso gab es denn überhaupt ein Verbot?
    »Es ist einer der Grundsätze unserer Gelehrten«, erklärte Adam, »dass Wagner für den Aufstieg des Nazismus mitverantwortlich war. Wenn du mitreden willst, musst du vage Anspielungen auf die bösen Einflüsse machen, die der Ring auf die teutonische Mentalität gehabt hat – da jedoch der gesamte Opernzyklus aufzeigen möchte, dass selbst die Götter eine Vereinbarung nicht brechen können, ohne dass ihnen die Welt um die Ohren fliegt, konnte ich nie verstehen, wieso ausgerechnet Hitler sich davon angespornt fühlen sollte … Aber du solltest mich gar nicht erst auf dieses Thema ansprechen. Es ist eines meiner Steckenpferde. Du warst im Ausland, Joan, nicht wahr?«
    »In Amerika. Habe in der Bohème gesungen und bin fünfmal die Woche an Schwindsucht gestorben. Um die Wahrheit zu sagen, ich bin vor lauter Essen fast geplatzt. Du solltest nach Amerika fahren, Adam. Die haben da drüben jede Menge zu Essen.«
    Die drei verbrachten gemeinsam einen angenehmen Abend und gingen früh zu Bett. Um zehn Uhr am nächsten Morgen begannen die Klavierproben. Unter einem hartnäckig aschgrauen Himmel liefen Adam und Joan zum Opernhaus in die Beaumont Street hinüber.
    Während die Engländer es vermeiden, Opernhäuser zu bauen, wenn sie nicht unbedingt müssen (und im Allgemeinen die geistreiche und erhebende Beschäftigung mit Betty Grable und Fußballtoto bevorzugen), hat sich Oxford in letzter Zeit als lobenswerte Ausnahme erwiesen. Die Ausnahme steht an der Ecke Beaumont Street und St. John Street, ganz in der Nähe des Worcester College, erbaut aus Kalkstein aus dem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher