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Schwanengesang – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

Schwanengesang – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

Titel: Schwanengesang – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)
Autoren: Edmund Crispin
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verebbte die Musik. Adam vermutete jedoch, dass Shorthouse, dessen Störungstaktiken sehr subtil waren, sich seine Kräfte lediglich für den dritten Akt aufsparte – und die Ereignisse sollten ihm Recht geben.
    Das Ensemble hatte sich auf der Bühne versammelt, um die jeweilige Kritik von Dirigent, Spielleiter und Chorleiter entgegenzunehmen. Es folgte eine viertelstündige Pause, in der alle nach draußen strömten, um einen Tee zu trinken. Adam begab sich zu Joan Davis und Barfield, der gerade einen Apfel aß, ins Parkett hinunter.
    »Manchmal«, sagte er, »finde ich wirklich, dass wir uns zusammentun und Shorthouse die Hölle heiß machen sollten.«
    »Die Ruhe vor dem Sturm«, sagte Barfield undeutlich. »Das ist es, was du hier erlebst. Aber wenn du mich fragst, die Operndirektion wird nicht gerade begeistert sein.«
    »Aus dem einfachen Grund«, warf Joan dazwischen, »weil sie nicht wissen, welche Wunder Peacock mit dem Orchester vollbringt. Unter seiner Leitung klingt dieser zynische Haufen von Schrammern und Trötern geradezu himmlisch.«
    »Das liegt an seiner Jugend«, murmelte Barfield, den Mund voll Apfel. »Emotionale Osmose.«
    »Wo ist er überhaupt?«, fragte Adam. »Ist er nach draußen gegangen?«
    Er blickte sich um. Auf der Bühne schob man einige unmögliche Requisiten, die eben noch eine Nürnberger Straße hatten darstellen sollen, hin und her, damit sich das Bild einer Festwiese ergab. Der Beleuchter stand oben auf seiner Brücke und plauderte mit einigen der Lehrbuben. Ein paar von den Chormitgliedern liefen demotiviert die Gänge im Zuschauerraum auf und ab. Von Peacock war nichts zu sehen.
    »Unterhält sich vielleicht gerade unter vier Augen mit Shorthouse«, schlug Barfield vor. »Der arme Teufel.« Er holte ein Stück Kuchen heraus, das er der Form halber Joan und Adam anbot; er war sichtlich erleichtert, als beide ablehnten.
    Der dunkelhaarige junge Mann, den Adam in Begleitung des Spielleiters gesehen hatte, überquerte gerade den hinteren Teil der Bühne, wobei er sich mit Judith Haynes unterhielt. »Wer ist das?«, fragte Adam in die Runde.
    »Der Mann?« Joan setzte sich auf, um besser sehen zu können. »Ach, das ist Boris Soundso. Einer der Lehrbuben.«
    »Hat die Kleine nicht etwas mit Shorthouse zu tun?«
    »Was das angeht«, sagte Joan entschieden, »kann ich dir nicht weiterhelfen. Wenn ja, tut sie mir leid. Sie ist ein hübsches Kind.«
    »Chor?«
    »Ja. Eine aus der Bootsladung junger Mädchen. Sie tanzt mit David.«
    »Ach ja, stimmt.« Adam überlegte. »Ich war sicher, sie schon einmal mit Shorthouse gesehen zu haben, dabei scheint sie diesem jungen Mann dort sehr zugetan.«
    »Wahrscheinlich promiskuitiv«, sagte Barfield, der sich die Hosenbeine vollkrümelte. »Kommt jetzt die erste Szene des letzten Aktes? Wenn ja, hätte ich noch Zeit, nach draußen zu gehen und mir etwas zu essen zu besorgen.«
    Joan schüttelte den Kopf. »Nein, jetzt kommt die zweite Szene. Soll mir Recht sein. Wir sind alle ziemlich müde.«
    Barfield starrte in Richtung der Tür, die hinter die Bühne führte und die sich in diesem Moment öffnete. »Verdammt«, sagte er. »Wenn man vom Teufel spricht. Macht alle ein freundliches Gesicht.«
    Shorthouse kam zu ihnen herüber, setzte sich und atmete tief durch. Wie immer roch er nach Gin.
    »Gott sei Dank haben wir nächste Woche Premiere«, sagte er. »Ich halte das nicht mehr lange aus. Peacock ist schon in Ordnung« – der Hohn in seiner Stimme ließ Adam zusammenzucken – »aber er weiß einfach nicht, was er will.«
    Joan sagte: »Bist du vorsätzlich darum bemüht, ihn in den Nervenzusammenbruch zu treiben, Edwin?«
    »Du lieber Himmel, Joan« – Shorthouses Entrüstung wirkte echt – »wie kommst du denn auf so etwas? Es tut mir leid, wenn ich die Proben in die Länge ziehe, aber ich muss doch verstehen, was ich tun soll. Und jedes Mal, wenn ich eine Frage stelle, wirft man mir eine vulgäre Beschimpfung an den Kopf … Nicht, dass es mir persönlich etwas ausmachen würde – der Mann hat keinerlei Erfahrung und scheint darüber hinaus sehr verunsichert zu sein. Aber die Inszenierung als Ganzes macht mir Sorgen. Es ist das erste Mal seit dem Krieg, dass die Meistersinger aufgeführt werden, und es scheint mir doch, als müsse man aus diesem Grunde peinlich genau darauf bedacht sein, alles richtig zu machen.« Er hielt inne und musste unfreiwillig lächeln. »Ich habe schon darüber nachgedacht, zur Direktion zu gehen und sie darum
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