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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten
Autoren: Verena Roßbacher
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steckte in ehrgeizig kurzen Hosen und gestreiften Strümpfen, mit Brille hätte er das genau gesehen, so zogen die Schenkel als wunderbar verträumte Schemen an ihm vorbei, in einer Art Wischtechnik.
    Bringst du frischen Kuchen?
    Den beste der Stadt, sagte Anna Snozzi, sie hatte die vollen Platten hineingeschoben und schloss die Glastür, aber erzähls nicht weiter, sonst rennen sie uns hier die Bude ein.
    Von mir kein Wort zu niemandem, sagte Sydow, er schloss den Mund ab und warf den Schlüssel weg, ich schweige wie ein Grab, ich bin froh, dass ich das Café für mich alleine habe, es wäre schlimm, wenn diese wohltuend gähnende Leere hier sich in ein proppenvolles zu kleines Lokal verwandelte.
    Er widmete sich wieder seiner Brille, zum einen, sagte er, zum andern. Zum einen liegt es daran, dass die Frauen weniger Babys bekommen. Zum andern liegt es daran, dass die Männer ihre Frauen nicht mehr finden, weil sie wegen der reinwolligen Strickpullover ihrer überdominanten Omis so verschmierte und verkratzte Brillen haben und hilflos und blind durch öde, frauenfeindliche Gegenden irren und versehentlich und aus Verwechslung sich an unschuldigen Rehen vergreifen und zu verzweifelten Sodomiten werden, was der Geburtenrate, warnen Experten, vermutlich nicht förderlich sein wird.
    Vielleicht aber auch schon. Er setzte die Brille wieder auf, suchte nach seiner Frau, aber die war auch mit geputzter Brille nicht da. Er hatte auch mit geputzter Brille keine Frau, was er für sowohl bedrohlich als auch bedenklich und zu allem Überdruss der Geburtenrate nicht förderlich erachtete. Er schaute kritisch auf den Artikel, Brille geputzt, Frau nicht da, sagte er zu den Experten, was nun? Euch mangelt es an Babys? Ich wars nicht. Schickt die Frauen zu mir!

11. Die Natur

    Ich wusste doch, sagte Stanjic, er ließ die Zeitung sinken, ich wusste doch, es würde um Frauen gehen.
    Astronauten, es geht um Astronauten.
    Ja, Stanjic wurstelte das Blatt zusammen, knüllte es weg, du fängst bei Astronauten an und landest unweigerlich bei den Frauen. Du könnstest auch mit allem möglichem anderen anfangen und landetest dann immer bei den Frauen, du fängst immer mit allem Möglichem anderen an, völlig wahllos. Ist dir aber ganz egal, ist ein prima Einstieg, denkst du dir, um schön über dein Lieblingsthema zu reden, Frauen.
    Unsinn, das liegt in der Natur der Sache.
    Welche Natur, was für eine Sache.
    In der Frauennatur, die versteckt sich, gut getarnt, in den abgelegensten Sachverhalten, kaum hat man sich darein vertieft, springt sie heraus wie ein Schachtelteufel und sagt, ich war vorher schon da.
    Die Natur.
    Ja.
    Springt heraus.
    Genau.
    Und ist immer vorher schon da.
    Kannst du nicht ernsthaft bestreiten. Kannst du in der Bibel nachlesen.
    Und zudem, sagte Stanjic, er fand das auffällig, wo sind wir eigentlich in diesem Unsinn, wo ist Simon, wo bin ich?
    Nicht da, sagte Sydow.
    Wie nicht da, wir sind doch immer da.
    Eben nicht. Keine Ahnung, wo ihr euch herumtreibt, jedenfalls habt ihr mich an dem Abend vollkommen hängen lassen. Vermutlich bist du durch Moabit geirrt und hast dich gewundert, dass hier alles so fremd und neu aussieht, und Simon ist, seit er sein neues Programm fährt, sowieso nie da, wenn man ihn braucht. Hockt in seiner Wohnung und freut sich über die Nähe zum Wald, bisschen Früchtetee. Aber jetzt hör zu, ich war gerade am Zeitunglesen.
    Ich bin gerade am Zeitunglesen, sagte Stanjic.
    Echt? Sydow betrachtete den Haufen Papier, interessante Technik, österreichisch? Ihr habt einfach den Dreh raus, Wahnsinn. Aber lass dich nicht stören, Bildung ist ja so wichtig. Weiter im Text, ich war gerade am Zeitunglesen, in typisch deutscher, dröger Manier, Seiten umblättern und so.

12. Die Deutsch-Französische Freundschaft

    Er schlug die Seiten um, schon wieder ein Bus mit einer gesamten Schulklasse ausgebrannt, wir können uns das, sagten die Vorsitzenden der Verkehrsbetriebe, auch nicht usw., die Vorsitzenden der Verkehrsbetriebe konnten sich so was einfach auch nicht erklären.
    Und dabei: Kinder sind in unserem Land ein rares Gut, sagte Sydow, die Geburtenrate geht stündlich zurück, wir können uns, sagte er, diese Verkehrsbetriebe im Grunde gar nicht leisten, unsere Männer ziehen, bebrillt und blind, geschlossen durch die Fauna und begatten verdatterte Rehe, die Frauen würden schon Kinder wollen, grübeln aber noch, von wem, und wissen nicht, wo sie mich finden können, weil ich in einem Schal gefangen
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