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Shannara VIII

Titel: Shannara VIII
Autoren: Terry Brooks
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Kapitel 1
    Am letzten Tag ihrer Kindheit zählte Grianne Ohmsford sechs Jahre. Für ihr Alter war sie klein, daher mangelte es ihr an übermäßiger Körperkraft oder außergewöhnlicher Lebenserfahrung, und so war sie auch nicht sehr gut darauf vorbereitet, aus heiterem Himmel ins Erwachsenenleben einzutreten. Ihr ganzes bisheriges Leben hatte sie am östlichen Rand der Ebene von Rabb verbracht, als ein behütetes Kind von zweien in einem liebevollen Heim. Araden und Biornlief Ohmsford hießen ihre Eltern, der Vater ein Schriftgelehrter und Lehrer, die Mutter eine Hausfrau. In ihrem Haus gingen die Leute wie in einer Schenke ein und aus, Schüler ihres Vaters, Klienten, die sich seiner Fähigkeiten bedienten, Reisende aus allen Vier Ländern. Sie selbst hatte noch keine fernen Länder besucht, als ihr die kleine Welt, die ihr bis dahin gehört hatte, unvermittelt geraubt wurde.
    Obwohl ihre Erscheinung unauffällig war und nichts an ihr erwarten ließ, dass sie eine derartige traumatische Veränderung ihres Lebens überwinden könnte, besaß sie in Wirklichkeit überraschende Fähigkeiten und außergewöhnliche Stärke. Zum Teil konnte man es allerdings an den enorm blauen Augen erkennen, deren Blicke das Gegenüber durchbohrten und bis in die Seele drangen. Fremde, die den Fehler begingen, in diese Augen zu schauen, ertappten sich recht bald dabei, wie sie den Blick wieder abwandten. Mit diesen Männern und Frauen sprach sie weder, noch nahm sie von diesen Begegnungen etwas mit, und trotzdem überkam die Fremden das Gefühl, sie hätten einen Teil von sich aufgegeben. Manchmal lief sie in Haus und Garten herum, das lange dunkle Haar fiel ihr locker über die Schultern, und sie wirkte wie ein Streuner, der nicht weiß, was er tun oder wohin er gehen soll. Dann wieder saß sie allein in einer Ecke, derweil die Erwachsenen sich unterhielten, beanspruchte eigenen Raum für sich selbst und sorgte für dessen Ungestörtheit.
    Zudem war sie hart, ein stures und widerspenstiges Kind, das, hatte es sich etwas in den Kopf gesetzt, sich nicht mehr davon abbringen ließ. Eine Zeit lang konnten ihre Eltern mit Hilfe der üblichen Strafen und Belohnungen darauf einwirken, schließlich jedoch stellten sie fest, dass sie keinen Einfluss auf das Mädchen hatten. Grianne schien ihre eigene Identität zu finden, indem sie zu verschiedenen Sachverhalten Stellung bezog, sich auf Herausforderungen einließ und die Folgen akzeptierte, wie auch immer sie aussahen. Häufig bestanden sie aus einer strengen Zurechtweisung und der Verbannung in ihr Zimmer, oder es handelte sich einfach nur um eine Versagung dessen, von dem andere glaubten, es würde ihr gefallen. Nichtsdestotrotz schien sie solche Konsequenzen nicht zu scheuen und war zu begabt, um sich von der Verweigerung ihrer Wünsche erschüttern zu lassen.
    Im Mittelpunkt all dessen stand jedoch ein Erbe, wie es in dieser Art schon seit Generationen nicht mehr in Erscheinung getreten war. Sie wusste bereits früh, dass sie sich von ihren Eltern, ihren Freunden und sonstigen Bekannten unterschied. Alles deutete auf die berühmtesten Vorfahren ihrer Familie hin - auf Brin und Jair und Par und Coll Ohmsford, auf die sie ihre Abstammung direkt zurückführen konnte. Frühzeitig erklärten die Eltern ihr dies, nahezu sofort, nachdem sich die Begabung offenbart hatte. Sie war mit der Magie des Wunschliedes geboren worden, einer Kraft, die in der Familie Ohmsford nur alle vier oder fünf Generationen zu Tage trat. Wünsch es dir, singe dafür, und es wird geschehen. Nichts war unmöglich. Solange ihre Eltern zurückdenken konnten, hatte sich das Wunschlied in keinem Ohmsford gezeigt, und dementsprechend besaß keiner der beiden persönliche Erfahrungen im Umgang damit. Immerhin kannten sie die Überlieferungen, die ihnen wieder und wieder von ihren eigenen Eltern erzählt worden waren, die Geschichten über jene Magie, die seit den Zeiten der großen Königin Wren existierte, einer ihrer Vorfahren. Aus diesem Grund wussten sie recht gut, was es zu bedeuten hatte, wenn ihr Kind allein durch Gesang Blumenstiele beugen oder einen knurrenden Hund aus dem Weg schieben konnte.
    Zunächst benutzte sie das Wunschlied auf einfache Weise und ohne jede Disziplin, und dass es sich um eine sehr besondere Gabe handelte, begriff sie lange Zeit nicht. In ihrem kindlichen Denken schien es ihr, jeder müsse sie besitzen. Ihre Eltern halfen ihr, den Wert zu erkennen, die Kraft nutzbar zu machen und das Geheimnis
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